Krautwaschl: Zölibat nicht einfach über Bord werfen

14. Juni 2015 in Österreich


Künftiger Bischof von Graz in "Tagespost": Ehe und Ehelosigkeit als Ergänzung - Eine zerbrechende Ehe wirft "auf der zeichenhaften Ebene die Frage auf: Ist Gott nicht mehr treu? Die Ehelosigkeit zeigt, dass Gott allein genügt".


Graz (kath.net/KAP) Die Kirche sollte am Zölibat wie auch an der Ehe festhalten, wenngleich beide in der öffentlichen Debatte immer schwieriger zu argumentieren seien, "weil das Ausleben von Sexualität so plausibel scheint": Das hat Wilhelm Krautwaschl (Foto), der am Sonntag zum neuen Grazer Diözesanbischof geweiht wird, im Interview mit der in Würzburg erscheinenden katholischen Zeitung "Tagespost" (Donnerstag) erklärt. "Nur weil etwas nicht leicht ist, muss ich es noch nicht über Bord werfen", so der designierte Bischof, der auch zur Rolle des Papstes, zu Herausforderungen der Pastoral und zum Kirchenbeitrag Stellung bezog.

Den Zölibat werde es als Lebensform immer geben, wenngleich die weltkirchlich zu entscheidende Frage, ob Priester dazu verpflichtet sind oder ihn nur freiwillig leben, "auf dem Tisch bleiben" wird, so Krautwaschls Einschätzung. Die bloße Abschaffung dieser Lebensweise würde "das Kind mit dem Bad ausschütten" und übersehen, dass Ehe und Ehelosigkeit beide notwendig seien und einander ergänzten. "Die Ehe macht sichtbar, dass die Liebe Gottes zu uns Menschen unverbrüchlich ist, und deshalb wirft eine Ehe, die in Brüche geht, ja auf der zeichenhaften Ebene die Frage auf: Ist Gott nicht mehr treu? Die Ehelosigkeit zeigt, dass Gott allein genügt."

Sei der Blick für die Mystik und Zeichenhaftigkeit von Ehe und Zölibat heute auch weitgehend verloren gegangen, würden dennoch auch viele Nicht-Priester freiwillig ehelos leben, führte der designierte Bischof am Beispiel der Mitglieder der Fokolar-Bewegung aus, der er selbst angehört. Bevor man den Zölibat für den Priestermangel verantwortlich mache, sollte zuerst die Vorstellung von "Mangel" unter den heute geänderten soziologischen Bedingungen hinterfragt werden. Auch müsse man über das Dienstamt der Priester nachdenken und darüber, "was uns Gott heute durch diese Situation sagen möchte".

Die neuen geistlichen Bewegungen bezeichnete Krautwaschl als "Laboratorien für eine zukünftige Gestalt von Kirche". Es gelinge den "Movimenti" durchaus, manches aufzulockern und auf die "dringend notwendigen Dinge" aufmerksam zu machen, zudem seien sie ähnlich wie die Ordensgemeinschaften "Stachel im Fleisch des Alltäglichen". Manche der Bewegungen müssten zwar die "Kinderkrankheit" jenes Glaubens überwinden, ihr jeweiliger Weg sei der einzig seligmachende, doch trage erst die Vielfalt kirchlicher Lebensformen dazu bei, "dass möglichst viele die Möglichkeit erhalten, anzudocken und mit auf den Weg zu kommen".

Mehr Vor- und Nachbereitung für Sakramente

Sakramente seien Geschenke Gottes an die Menschen, bei denen die Kirche beim "Aufmachen" helfen und Vor- oder Nachbereitung leisten müsse, erklärte Krautwaschl. "Es kommt doch darauf an, was man mit dem Geschenk macht. Man kann es auch einfach zur Seite legen. Ich bin 52 Jahre und täglich noch beim Aufmachen." Er selbst erinnere sich noch an ein Brautpaar, das schon zur Hochzeit eingeladen hatte, beim Trauungsgesprächs dann aber feststellte, "dass da zwischen ihnen noch etwas aufzuarbeiten ist". Seither habe er selbst in den Ehevorbereitungen das priesterliche Trauungsgespräch stets an den Anfang gestellt, "damit auch noch ein Weg gegangen werden kann".

Als einfachste Form, um der Forderung von Papst Franziskus nach einem "Gang an die Peripherie" in der Seelsorge nachzukommen, nannte Krautwaschl das Hereinholen von Neuzugezogenen in Pfarren, zumal diese am Sonntag manchmal ganz allein auf dem Kirchplatz dastehen würden. Wichtig seien weiters "lebendige Pfarrgruppen, wo ich jemand hinschicken kann". Als Bischof wolle er besonders die Religionslehrer stützen, die sich "tagaus, tagein allen aussetzen", und "ganz schwer" tue sich die Kirche momentan in der Arbeitswelt.

Ohne Papst geht es nicht

Für die Frage nach Strukturreformen in den Diözesen und Pfarren befand Krautwaschl, dass heute zu viel über das Amt des Pfarrers diskutiert werde. "Entkrampfen" könnte man die Debatte durch ein Betrachten der Kirche "von der Taufberufung her" und durch die Frage, "was brauchen die Menschen, die in einer Gegend wohnen, an Diensten, die amtlich von der Kirche her geschenkt werden?" Dass die Form der jeweiligen Amtsführung zuviel mit inhaltlichen Fragen vermischt werde, beobachtete Krautwaschl bei der Debatte über das Papstamt. Hinter dieses stellte sich der künftige Bischof klar, denn "es geht gar nicht ohne", obgleich es auch ein "ökumenischer Stolperstein" sei.

Der angehende Bischof forderte zudem einen "sehr verantwortungsvollen Umgang" mit dem Kirchenbeitrag, der in Österreich über Jahrzehnte geholfen habe und deshalb nicht unbedacht abgeschafft werden sollte: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Welt habe die Kirche in Österreich ein "materiell einigermaßen gut ausgestattetes Niveau", was "eine schöne Sache" sei. Nachsatz: "Die Frage ist, wie wir das uns anvertraute Geld einsetzen."

Pressekonferenz mit Wilhelm Krautwaschl, designierter Bischof für die Diözese Graz-Seckau


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