'Ich sehe die katholische Kirche nicht für ihre Positionen kämpfen!'

15. Juni 2015 in Interview


Klaus Kelle und Roland Tichy, zwei Medienprofis, üben jeweils im Interview mit „Faire Medien“ Kritik an der Medienarbeit der katholischen Kirche in Deutschland.


Östringen (kath.net/pl) „Die beiden christlichen Volkskirchen sind nach wie vor Riesen in der Gesellschaft“, aber „sie sind medial zu Zwergen verkommen“. Obwohl sie viele Möglichkeiten hätten, „viele Ressourcen, viele Mitarbeiter, viele finanzielle Mittel, passiert zu wenig.“ Darauf wies der Journalist und Medienunternehmer Klaus Kelle im Videointerview über die aktuelle Situation der Medien mit „Faire Medien“ hin. Manches gute Projekt werde „gestoppt, weil die Bischöfe sich nicht einigen können, anderer Projekte werden nur gemacht, weil man sie haben ‚muss‘, ohne dass man eine Erfolgskontrolle macht, wie viele Menschen man erreicht und welche Wirkung das tatsächlich hat“. Die Beiträge, die von den großen christlichen Kirchen qua Gesetz in öffentlich-rechtlichen Medien gebracht werden sollen, seien „an Belanglosigkeit nicht mehr zu überbieten“, stellte Kelle weiter fest und äußerte die Einschätzung: „Die Kirche muss sich auf ihren Kernauftrag konzentrieren und sie muss – und sie wird, wenn sie will – Wege finden, viele Leute zu erreichen.“

„Ich sehe die katholische Kirche nicht für ihre Positionen kämpfen, sondern ich sehe sie manchmal eigentlich etwas liebedienerisch dem Zeitgeist nachhetzen und vielfach ohne innere Überzeugung argumentierend kampflos Themen aufzugeben“, stellte ähnlich auch Roland Tichy, Journalist und Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, ebenfalls in einem Videointerview mit „Faire Medien“, fest. „Ich glaube, weil viele Katholiken sich den Schneid haben abkaufen lassen, für ihre Sache, für ihren Glauben einzutreten“. Er kenne „sehr viele, erstaunlich viele katholische Journalisten, die sich aber nur noch privat dazu bekennen, also sie heulen mit dem Mainstream, sie heulen mit den Wölfen, weil sie das Gefühl haben, einer altmodischen, einer randständigen, einer nicht so wichtigen, einer gestrigen Gemeinschaft anzugehören“. Dies könnte man möglicherweise als „‚mangelnde Glaubensstärke‘ oder ‚mangelnde Überzeugungskraft‘ oder ‚mangelnde Bereitschaft, dafür einzutreten‘“ bezeichnen. Doch stark sei in den Medien immer der, der stark auftrete, der kämpferisch auftreten, der „für seine Positionen kämpft“. Derzeit werde aber „die katholische Kirche von vielen Menschen“ „als eine verknöcherte, staatlich finanzierte Zwangsgemeinschaft älterer Männer“ wahrgenommen, „das Lebendige, das Aktive am Glauben“ stehe nicht im Vordergrund.

Doch in der Öffentlichkeit sei „die innere Haltung“ das Entscheidende, so Tichy. „Man kann mediale Öffentlichkeit nicht allein kaufen - wobei Geld immer eine Rolle spielt -, man kann öffentliche Meinung nicht künstlich erzeugen, wenn sie nicht getragen wird von einer bestimmten Gruppe von Menschen“. Als Beispiel nannte Tichy: „Der fast religiöse Krieg der Grünen gegen Kernenergie“. Unabhängig von der Frage, ob man selbst für oder gegen Kernenergie sei, lasse sich beobachten: „Diese feste Überzeugung, dass die Kernenergie schädlich ist, hat dazu geführt, dass eine Partei entstanden ist, die heute medial weit sehr viel stärker ist als ihre acht Prozent, die sie bei Wahlen kassiert.“ Tichy stellte fest: „Der missionarische Eifer einer Gruppe entscheidet letztlich über den Erfolg auch in den Medien.“

Faire Medien - Interview mit Klaus Kelle


Faire Medien - Interview mit Roland Tichy (Journalist und Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung)



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