Die Armut – Mittelpunkt des Evangeliums, keine Ideologie

16. Juni 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Die Botschaft Jesu ist nur aus der Armut heraus zu verstehen. Christen, die von Armut reden, sind keine ‚Kommunisten’, sondern bewegen sich im Mittelpunkt des Evangeliums. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die erste Lesung aus dem zweiten Brief an die Korinther (2 Kor 8,1-9)
bot Papst Franziskus die Möglichkeit, in seiner Predigt am Dienstag der elften Woche im Jahreskreis bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ seine „Theologie der Armut“ zu entfalten.

Paulus organisiere eine Kollekte in der Kirche von Korinth für die Kirche von Jerusalem, die in einem schwierigen Moment der Armut lebe. Der Papst stellte fest, dass damals wie heute „Armut“ ein Wort sei, das in Verlegenheit bringe. Oftmals sei zu hören: „Dieser Priester da redet zu viel von Armut, dieser Bischof redet von Armut, dieser Christ, diese Schwester reden von Armut... Die sind anscheinend ein wenig Kommunisten, nicht?“ Doch dem sei nicht so, da die Armut „im Mittelpunkt des Evangeliums steht. Würden wir die Armut aus dem Evangelium streichen, dann verstünden wir nichts von der Botschaft Jesu“.

Paulus spreche zur Kirche von Korinth und mache dabei deutlich, worin ihr wirklicher Reichtum bestehe: „Ihr seid an allem reich, an Glauben, Rede und Erkenntnis, an jedem Eifer und an der Liebe, die wir in euch begründet haben“. Daher die Mahnung des Völkerapostels: „Ihr sollt so euch auch an diesem Liebeswerk mit reichlichen Spenden beteiligen“ (vgl. V. 7):

„Wenn ihr großen Reichtum im Herzen habt, diesen so großen Reichtum – den Eifer, die Liebe, das Wort Gottes, die Erkenntnis Gottes –, dann handelt so, dass dieser Reichtum auch zum Geldbeutel greifen lässt. Und das ist eine goldene Regel. Wenn der Glaube nicht zum Geldbeutel greifen lässt, dann ist das kein echter Glaube. Was Paulus hier sagt, ist eine goldene Regel: ‚Ihr seid jetzt reich in vielerlei Hinsicht, so sollt ihr euch an diesem Werk großzügig und reichlich beteiligen’. Es ist da diese Entgegensetzung von Reichtum und Armut. Die Kirche von Jerusalem ist arm, sie befindet sich in finanziellen Schwierigkeiten, doch sie ist reich, weil sie den Schatz der Verkündigung des Evangeliums hat. Und diese Kirche von Jerusalem, die arm ist, hat die Kirche von Korinth mit der Verkündigung des Evangeliums bereichert. Sie hat ihr den Reichtum des Evangeliums gegeben“.

Ihr, so der heilige Paulus, „die ihr finanziell reich seid, reich an vielen Dingen, – ohne die Verkündigung des Evangeliums ward ihr arm, doch ihr habt die Kirche von Jerusalem reicher werden lassen, indem ihr das Volk Gottes größer werden lassen habt“. So entstehe aus Armut Reichtum, „es ist dies ein gegenseitiger Austausch“. Auf diese Weise sei das Fundament der „Theologie der Armut“ zu erkennen: „Jesus Christus, der reich war – reich an Gottes Reichtum –, ist arm geworden, er hat sich für uns erniedrigt“. Darin bestehe die Bedeutung der ersten Seligpreisung: „Selig, die arm sind vor Gott“. Also: „arm sein heißt, sich von der Armut Christi bereichern zu lassen und nicht reich an anderen Reichtümern sein zu wollen, die nicht die Reichtümer Christi sind“:

„Wenn wir den Armen helfen, dann sind wir nicht einfach als Christen ‚wohltätig’. Das ist gut, das ist menschlich – die Werke der Wohltätigkeit sind gut und menschlich –, das aber ist nicht die christliche Armut, die Paulus will, die Paulus predigt. Die christliche Armut besteht in dem, was ich von dem Meinen, nicht vom Überflüssigen, auch vom Notwendigen dem Armen gebe, weil ich weiß, dass er mich bereichert. Und warum bereichert mich der Arme? Weil Jesus gesagt hat, dass er selbst im Armen ist“.

Wenn ich also auf etwas verzichte, „doch nicht nur auf das Überflüssige“, um es einem Armen, einer armen Gemeinde zu geben, „dann bereichert mich das“. Jesus wirke in mir, wenn ich dies tue, „und Jesus wirkt in ihm, um mich zu bereichern, wenn ich so handle:

„Das ist die Theologie der Armut. Aus diesem Grund steht die Armut im Mittelpunkt des Evangeliums. Sie ist keine Ideologie. Gerade dies ist das Geheimnis, das Geheimnis Christi, der sich erniedrigt hat, der sich gedemütigt hat, der arm geworden ist, um uns zu bereichern. So ist zu verstehen, warum die erste Seligpreisung ‚Selig, die arm sind vor Gott’ lautet. Arm sein vor Gott heißt, auf diesem Weg des Herrn zu gehen: auf dem Weg der Armut des Herrn, der sich – jetzt – auch so sehr erniedrigt, dass er in diesem Opfer zum ‚Brot’ für uns wird. Er erniedrigt sich weiter in der Geschichte der Kirche, im Gedenken seines Leidens, im Gedenken seiner Demütigung, im Gedenken seiner Erniedrigung, im Gedenken seiner Armut, und mit diesem ‚Brot’ bereichert er uns“.

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