Die Wunden im familiären Leben

24. Juni 2015 in Aktuelles


Franziskus: Kinder dürfen nicht zu Geiseln ihrer Eltern werden. Auf die tiefen Wunden in der Seele der Kinder muss geachtet werden. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist im Himmelreich der Größte? Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: Amen, das sage ich euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf. Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde“ (Mt 18, 1-6).

Im Rahmen seiner Katechesenreihe zur Familie dachte Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz - der voraussichtlich letzten vor der Sommerpause - vor rund 25.000 Pilgern und Besuchern über die Wunden nach, zu denen es im familiären Leben kommen kann.

Böse Worte und Taten, aber auch die Unterlassung des Guten verletzten die Familien. Dies könne mitunter dazu führen, dass sich Ehepartner woanders Verständnis und Trost suchten, was dem Wohl der Familie häufig schade. In diesem Zusammenhang werde oft zu wenig an die Kinder gedacht. Ehemann und Ehefrau aber „sind nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch und ihre Kinder sind lebendiges Fleisch von ihrem Fleisch“.

Wenn sich Eltern auseinanderlebten, „leiden die Kinder mit“. Immer wieder komme es zu tiefen Verwundungen der Seele, die nicht einfach mit Geschenken und Süßigkeiten wieder gutgemacht werden könnten. Je mehr man versuche, auf diese Weise zu kompensieren, desto mehr verliere man den Sinn für die schmerzhaftesten und tiefsten Wunden der Seele.

Der Papst betonte, dass es auch Fälle gebe, „wo eine Trennung der Ehepartner zum Schutz des schwächeren Teils oder der Kinder unvermeidbar und sogar moralisch notwendig ist, da Gewalt, Demütigung, Ausbeutung und Gleichgültigkeit zu groß geworden sind“. Nie aber dürften die Kinder zu Geiseln im Konflikt ihrer Eltern werden. Der Zerfall der ehelichen Liebe und der Familie breche über den Kindern aus. Trotz aller dem Anschein nach hoch entwickelten Sensibilität, trotz aller ausgefeilten psychologischen Analysen, so Franziskus, „frage ich mich, ob wir nicht hinsichtlich der Wunden der Seele der Kinder betäubt sind“. Oft dächten alle Maßnahmen zur Unterstützung nicht an die Familie.

Gott sei Dank gebe es viele Ehepaare, die auch ausweglose Situationen im Vertrauen auf Gott und in der Liebe zu ihren Kindern meisterten. Es gebe aber auch Eheleute, die aus verschiedenen Gründen in sogenannten irregulären Situationen lebten.

Bei den verschiedenen Formen von Verwundungen stelle sich die Frage: „Wie helfen wir diesen Menschen und wie können wir sie begleiten? Wie können wir sie begleiten, damit die Kinder nicht zu Geiseln des Vaters oder der Mutter werden? Wir wollen den Herrn um einen großen Glauben bitten, um auf die Realität mit dem Blick Gottes zu schauen; und um eine große Liebe, um den Menschen mit einem barmherzigen Herz nahe zu sein“.


Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Einen herzlichen Gruß richte ich an alle Pilger deutscher Sprache. Bitten wir den Herrn, dass er allen Familien helfe, in seiner Liebe zu leben. Jesus, unser Heiland, heile alle Wunden der Seele. Gott segne euch alle.





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