Nähe – Berühren – Heilen

26. Juni 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Jesus nähert sich den Menschen. Er nimmt ihren Schmutz auf sich und macht sich zur Sünde, damit der Mensch rein wird. Der Christ schließt ein und geht zu den Ausgegrenzten. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Jesus nährte sich den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen seiner Zeit. Er war der erste, der sich die Hände schmutzig gemacht hat. Er hat sich zum Beispiel die Hände schmutzig gemacht, indem er Aussätzige berührte, um sie zu heilen. So lehrt Jesus die Kirche, dass es keine Gemeinde, keine Gemeinschaft ohne Nähe gibt.

Papst Franziskus konzentrierte sich in seiner Predigt am Freitag der zwölften Woche im Jahreskreis bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ auf das Evangelium vom Tag (Mt 8,1-4). Ein Aussätziger fasst Mut, wirft sich vor Jesus nieder und sagt: „Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde“ (V. 3). Der Herr berührt ihn und spricht: „Ich will es – werde rein! Im gleichen Augenblick wurde der Aussätzige rein“ (V. 3).

Dieses Wunder, so der Papst, geschehe unter den Augen der Gesetzeslehrer, für die der Aussätzige ein „Unreiner“ gewesen sei. Der Aussatz „war eine lebenslange Haftstrafe“. Einen Aussätzigen zu heilen sei so schwer gewesen wie einen Toten wieder zum Leben zu erwecken. Aus diesem Grund seien sie ausgeschlossen worden. Jesus dagegen strecke seine Hand dem Ausgeschlossenen aus und zeige so den entscheidenden Wert eines Wortes, des Wortes „Nähe“:

„Man kann keine Gemeinde, keine Gemeinschaft ohne Nähe bilden. Man kann nicht Frieden schließen ohne Nähe. Man kann nicht das Gute tun, ohne sich zu nähern. Jesus hätte ihm einfach sagen können: ‚Werde rein!’. Nein, er näherte sich und berührte ihn. Noch mehr! In dem Augenblick, da Jesus ihn berührte, wurde der Unreine rein. Und das ist das Geheimnis Jesu: er nimmt unseren Schmutz auf sich, unsere unreinen Dinge. Paulus sagt es gut: ‚Jesus Christus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich’ (vgl. Phil 2,6-7). Und dann geht Paulus noch einen Schritt weiter: ‚Er hat sich für uns zur Sünde gemacht’ (vgl. 2 Kor 5,21). Jesus hat sich zur Sünde gemacht. Jesus hat sich ausgeschlossen, er hat die Unreinheit auf sich genommen, um sich uns zu nähern“.

Im Abschnitt aus dem Evangelium sei auch die Aufforderung verzeichnet, die Jesus an den geheilten Aussätzigen richtet: „Nimm dich in acht! Erzähl niemand davon, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring das Opfer dar, das Mose angeordnet hat. Das soll für sie ein Beweis deiner Heilung sein“ (V. 4). Jesus spreche so, weil für ihn neben der Nähe auch die „Inklusion“, das „Einschließen“ grundlegend sei:

„Oft denke ich, dass es – ich sage nicht unmöglich, doch sehr schwer ist, Gutes zu tun, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Und Jesus machte sich schmutzig. Er sagte: ‚Geh zu den Priestern und tu, was man tun muss, wenn ein Aussätziger geheilt wird’. Jesus schließt den ein, der vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wurde: er schließt in die Kirche ein, in die Gesellschaft.... ‚Geh, damit alles so ist, wie es sein muss’. Nie grenzt Jesus jemanden aus, nie. Er grenzt sich selbst aus, um die Ausgegrenzten einzuschließen, um uns mit seinem Leben einzuschließen, uns Sünder, uns Ausgegrenzte“.

Franziskus hob dann das Staunen hervor, das Jesus mit seinen Worten und Gesten erwecke. Viele Menschen folgten Jesus in jenem Moment. Die Menschen folgten Jesus in der Geschichte, weil sie über seine Art zu sprechen erstaunt seien:

„Wie viele Menschen schauen doch aus der Ferne zu und begreifen nichts, es interessiert sie nicht... Wie viele Menschen schauen aus der Ferne zu – doch bösen Herzens, um Jesus auf die Probe zu stellen, um ihn zu kritisieren, um ihn zu verurteilen... Und wie viele Menschen schauen aus der Ferne zu, weil sie zwar nicht den Mut haben, den er gehabt hat, doch sich danach sehnen, näher zu kommen! Und in diesem Fall hat Jesus als erster die Hand ausgestreckt. Nicht wie in jenem Fall, sondern in seinem Sein hat er die Hand allen ausgestreckt, indem er einer von uns geworden ist: Sünder wie wir, doch ohne Sünde, beschmutzt von unseren Sünden. Und das ist die christliche Nähe“.

Nähe – dies sei ein schönes Wort, so der Papst abschließend: „Es lädt uns zu einer Gewissenerforschung ein: ‚Verstehe ich es, mich anzunähern? Habe ich das Herz, die Kraft, den Mut, den Ausgegrenzten zu berühren?“. Dies sei eine Frage, die auch „die Kirche, die Pfarreien, die Gemeinschaften, die geweihten Personen, die Bischöfe, die Priester betrifft. Sie betrifft alle“.

Dem Autor auf Twitter folgen!



© 2015 www.kath.net