Polen will vor allem christliche Flüchtlinge aufnehmen

30. Juni 2015 in Aktuelles


Evangelikale in Deutschland zeigen Verständnis: Christen sind am stärksten verfolgt


Hannover/Nürnberg/Warschau (kath.net/idea) Dass sich Polen bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf Christen konzentrieren will, wird in Deutschland unterschiedlich bewertet. Während die EKD Bedenken äußert, zeigen Evangelikale in Deutschland Verständnis. Ministerpräsidentin Ewa Kopacz hatte angekündigt, dass ihr Land 60 christliche Familien aus Syrien Asyl gewähren wird. Längerfristig sollen bis zu 150 Familien, die als Christen von der Verfolgung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) betroffen sind, in Polen Zuflucht erhalten. Die Ministerpräsidentin begründet diesen Schritt so: „Christen, die (in Syrien) auf barbarische Weise verfolgt werden, verdienen es, dass ein christliches Land wie Polen ihnen hilft.“ 33 polnische Organisationen Regierung haben diese Haltung in einem Offenen Brief kritisiert. Darin heißt es: „Wir sind dagegen, dass der polnische Staat das Kriterium der Religion heranzieht, wenn es um die Auswahl der Personen geht, die Hilfe erhalten.“ Zugleich sei es widersprüchlich, dass Polen zwar christliche Flüchtlinge aufnehmen wolle, aber keine Andersgläubigen, die ebenso verfolgt würden.

EKD: Einseitiges Engagement für christliche Flüchtlinge wäre problematisch

Auch die EKD-Auslandsbischöfin, Petra Bosse-Huber (Hannover), sieht das Vorhaben der polnischen Regierung kritisch. Wie sie gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte, setzt sich die EKD dafür ein, die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen auch weiterhin an den Status der internationalen Schutzbedürftigkeit und der besonderen Verletzlichkeit zu knüpfen: „Ein einseitiges Engagement für christliche Flüchtlinge mag zunächst naheliegend scheinen, wäre aber höchst problematisch: Zum einen würde es den vielfach beschworenen Exodus christlicher Minderheiten befördern und damit letztlich deren Existenz in der Region aufs Spiel setzen. Zum anderen würde ein solches Vorgehen die Vorbehalte gegenüber christlichen Minderheiten vor Ort noch wachsen lassen.“ Die EKD trete deshalb für eine verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen nach international anerkannten Kriterien ein: „Viele von ihnen sind Christen, die durch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen vor Ort als besonders Schutzbedürftige identifiziert und für deutsche Aufnahmeprogramme vorbereitet werden.“

Allianz-Arbeitskreis: Aufnahme verfolgter Christen ist ein guter Anfang

Der Arbeitskreis Migration und Integration (AMIN) der Deutschen Evangelischen Allianz hält das Vorgehen der polnischen Regierung dagegen für gerechtfertigt. „Grundsätzlich sind es vor allem Christen, die um ihres Glaubens willen in vielen Ländern verfolgt werden, und daher als Asylbewerber aufgenommen werden sollten“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises, Günther Korn (Nürnberg), auf Anfrage von idea. Christen in Europa hätten eine besondere Verantwortung, sich um diese Glaubensgeschwister zu kümmern: „Da in Polen bis jetzt wenige Asylbewerber aufgenommen wurden, wäre die Aufnahme von christlichen Asylbewerbern ein guter Anfang.“ Wenn das Land damit positive Erfahrungen mache, wäre es in Zukunft sicher auch möglich, auch andersgläubigen Flüchtlingen Asyl zu gewähren, so Korn. Er wies in diesem Zusammenhang auf das von dem Arbeitskreis (www.amin-deutschland.de) herausgegebene Praxisheft „Flüchtlinge willkommen heißen“ hin. Es gibt Tipps zur Begegnung mit Asylbewerbern.


© 2015 www.kath.net