1. Juli 2015 in Deutschland
Kardinal Brandmüller kritisiert deutsche Bischöfe: Haben die Bischöfe bei Weihe nicht versprochen, das Evangelium Christi treu zu verkünden und das Glaubensgut der in Kirche immer festgehaltenen Überlieferung rein und vollständig zu bewahren?
Rom (kath.net)
Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller hat in einem Interview mit der Rheinischen Post scharfe Kritik am Schweigen der deutschen Bischöfe zu manchen gesellschaftlichen Entwicklungen geübt. Auf die Frage, ob die Wohlstandskirche erst wieder lernen müsse, sich notfalls öffentlich verprügeln zu lassen, meinte Brandmüller, dass es den Kräften, die die sogenannte öffentliche Meinung beherrschen, gelungen sei, Gesetze einer political correctness zu formulieren. Wer gegen diese verstoße, riskiere eine mediale Hinrichtung.
Gleichzeitig habe man das Phänomen der Schweigespirale. In diese reihe sich die Mehrheit ein, die einer solchen Hinrichtung schweigend zusehe. Dass ein solches Verhalten dem Christen angemessen sei, wenn es sich um fundamentale Fragen der Glaubens- bzw. Sittenlehre des Evangeliums Christi handelt, wird niemand behaupten wollen. Wozu haben wir schließlich das Sakrament der Firmung empfangen? Und: Haben die Bischöfe bei ihrer Weihe nicht versprochen, das Evangelium Christi treu zu verkünden und das Glaubensgut gemäß der in der Kirche immer und überall festgehaltenen Überlieferung rein und vollständig zu bewahren?, meinte Brandmüller. Der Kardinal erinnerte daran, dass die guten Hirte sich nicht vor den Wölfe fürchte dürften. Christlichem Spirit sehe er bei den meist jugendlichen Bewegungen und den Gemeinschaften, nicht aber beim kirchlichen Establishment.
Kritisch äußert sich Brandmüller dann auch zum institutionellen Panzer der katholischen Kirche in Deutschland. Was hilft mir ein katholischer Kindergarten, wenn dort vom Weihnachtsmann, vom Osterhasen etc. die Rede ist statt von Jesus Christus? Was hilft ein katholisches Krankenhaus, wenn dort kein Priester hinkommt, keine Schwester mit den Kranken betet und Operationen durchgeführt werden, die im Widerspruch zum christlichen Sittengesetz stehen? Es wäre in der Tat besser, ja eigentlich notwendig, dass sich die Kirche von solchem Ballast trennte, wenn es nicht möglich ist, die leeren Gefäße mit christlichem Geist zu füllen, betont der Kurienkardinal.
Zur Entwicklung, dass die Gläubigen immer weniger werden und das Geld immer mehr, meint Brandmüller, dass dies absurd sei. Die Kirchen leeren sich, und die Kassen füllen sich. Erhalten wird ein sich selbst genügender teurer Apparat, der mit seinem Klappern die Stimme des Evangeliums übertönt. Hier ist in der Tat Entweltlichung angesagt, das heißt: ein Denken, das nicht irdisch-ökonomischen Prinzipien folgt, sondern der Wahrheit des Glaubens. Wir sollten endlich, statt ein Christentum light zu predigen, den Mut aufbringen, ein Kontrastprogramm zum gesellschaftlichen Mainstream von heute zu fordern und vorzuleben, was die Zehn Gebote und die Ethik des Neuen Testaments zum Inhalt haben. Dieses Kontrastprogramm zur morbiden Welt der Antike war damals ein Erfolgsprogramm. Es würde auch heute wieder seine Anziehungskraft erweisen.
Gesamtes Interview unter: Walter Kardinal Brandmüller: "Der gute Hirte darf Wölfe nicht fürchten"
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