Unsolidarisches Verhalten von Bischof Büchel

10. August 2015 in Kommentar


Man darf es als Gläubiger nicht gutheißen, wenn sich ein Bischof (Büchel) so öffentlich unsolidarisch seinem Mitbruder (Huonder) gegenüber verhält - Ein kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Chur (kath.net)
Nach seinem Vortrag auf dem Kongress „Freude am Glauben“ in Fulda erhielt der Bischof von Chur, Dr. Vitus Huonder, eine Menge Aufmerksamkeit. Das Thema des Vortrags war "Die Ehe - Geschenk, Sakrament und Auftrag". Inhaltlich war es ein Vortrag über Ehe und Familie aus bibeltheologischer Sicht. Bischof Huonder erhielt nicht nur vor Ort in Fulda sondern auch in den Sozialen Netzwerken viel Zustimmung für seinen Vortrag.
Doch auch Widerspruch regte sich. Sehr selektiv wurde in vielen Medien der Vortrag auf einen recht kurzen Exkurs über Homosexualität innerhalb des Vortrages berichtet.

Dabei wurde nicht selten der gesamte Vortrag auf diese knapp drei Minuten reduziert. Aus Kreisen homosexueller Lobbyisten wurde diese Empörung geradezu noch forciert. Bis hin zu einer Strafanzeige gegen Bischof Huonder. Zwar dürfte diese keine Aussicht auf Erfolg haben, doch allein die Tatsache für sich fordert die Solidarität mit dem Bischof.

In einer nachfolgenden Presseerklärung hatte der Bischof betont, seine Haltung decke sich mit den einschlägigen Formulierungen im Katechismus der Katholischen Kirche. Der professionell orchestrierten Empörung interessierter Kreise tat dies natürlich keinen Abbruch.

Umso verwunderlicher ist die Erklärung des Vorsitzenden der Schweizerischen Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel. Der Bischof von St. Gallen, der der SBK als Sprecher vorsteht, wandte sich am vergangenen Freitag mit einem Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge. Darin nahm er, so ist dem Briefkopf zu entnehmen, in seiner Funktion als Bischof von St.
Gallen Stellung.

In seinem Schreiben betont der Bischof von St. Gallen, die vielen Dimensionen menschlicher Beziehungen, von denen eine die Sexualität sei. Für die Förderung des Wohl der Person sei nun weniger deren hetero- oder homosexuelle Neigung entscheidend, als vielmehr der verantwortungsvolle Umgang mit Sexualität und allen anderen Dimensionen der Beziehung. Der Bischof nannte hier Achtsamkeit, Sorgfalt, Respekt und Treue.

Was hier auf den ersten Blick wie ein pastoraler Allgemeinplatz wirkt, birgt durchaus eine gewisse moralische Spannung. Niemals käme die Kirche auf die Idee, Freundschaft, Verbindlichkeit und besonders Treue in Bezug auf mitmenschliches Handeln als schlecht oder minderwertig anzusehen. Darin findet sich nichts neues.

Befremdlich ist allerdings an dieser Stelle, wie zwei Bereiche in unzulässiger Weise miteinander vermischt werden. Die menschliche Sexualität, so lehrt die Kirche hat ihren geordneten Platz nur in der Ehe. Jeglicher sexuelle Akt außerhalb der Ehe ist in sich ungeordnet. Während demgegenüber alle anderen genannten Bereiche ganz allgemein für jegliche Form des mitmenschlichen Miteinanders zu gelten haben.

Problematisch wird es dann im weiteren Verlauf der Erklärung, dass insbesondere Katholiken hier auf das Gewissen jedes Einzelnen vertrauen dürften. Ein solcher Gewissensabsolutismus steht im eklatanten Widerspruch zur Lehre der Kirche. Zwar ist dem irrenden Gewissen durchaus zu folgen. Das jedoch ist kein Freibrief, sein Gewissen beliebig zu justieren, damit ja nicht einer sündigen oder in sich ungeordneten Handlung widerspricht. Vielmehr hat sich das Gewissen an Heiliger Schrift und dem Lehramt der Kirche im geistlichen Leben zu bilden. Erst dann wird das Gewissen zu einer Stimme, der der Mensch vertrauen kann und dann aber auch vertrauen muss. Denn auf diesem Weg spricht Gott im Leben des Menschen.

Im weiteren Verlauf der Erklärung hebt der Bischof von St. Gallen noch auf eine Diskrepanz zwischen biblischen Aussagen und neuen Erkenntnissen zur Homosexualität ab. Dabei bleibt er sehr allgemein, relativiert aber durchaus in unzulässiger Weise die Heilige Schrift als Maßgabe auch für moraltheologische Fragen innerhalb der Kirche.

Damit stellt sich der Bischof von St. Gallen in unverkennbare Opposition zu seinem Mitbruder im Bischofsamt Vitus Huonder. Eine solche erkennbare Spannung innerhalb des Episkopats eines Landes ist zwar keine Neuigkeit und beileibe keine Sensation. Weder in unserer noch in früheren Zeiten, da gebe man sich keinerlei Illusionen hin, gab oder gibt es eine ungebrochene Solidarität unter den Hirten der Kirche.

Dennoch kann und darf man das als Gläubiger nicht gutheißen, wenn sich ein Bischof so öffentlich unsolidarisch seinem Mitbruder gegenüber verhält. Dies gilt umso mehr, wenn ein Bischof wegen einer Frage der Lehre in den Fokus kirchenfeindlich gesonnener Kreise gerät. Dann wäre es doch eher sinnvoll, die lehrmäßigen Fragen im Disput hinter verschlossenen Türen zu klären, öffentlich aber den Mitbruder beizustehen.

Es verbleibt ein schaler Nachgeschmack bei dem Vorgang solcher Unsolidarität, der keinen Katholiken, ganz gleich welcher Meinung er eher zuneigt, so ganz kalt lassen kann. Niemand mache sich Illusionen, mag der Angriff heute Bischof Huonder treffen, morgen kann genauso leicht Bischof Büchel erwischen. Gerade dem Vorsitzenden und Sprecher einer regionalen oder nationalen Bischofskonferenz kann man erwarten, dass er auch in dieser Hinsicht besonders umsichtig agiert und keinen Mitbruder im Shitstorm stehen lässt.

Ein letzter Punkt fällt noch auf, der immer häufiger eine Rolle in innerkirchlichen Auseinandersetzungen spielt. Während Bischof Huonder in Fulda in seinem bibeltheologischen Vortrag lehramtlich gesprochen hat, rekurriert die Replik des Bischofs von St. Gallen allein auf die Pastoral. Dem Grunde nach wird hier die Pastoral gegen die Lehre Stellung gebracht, indem lehrmäßige Fragen pastoral aufgeweicht und zuweilen sogar negiert werden. Dies ist eine durch und durch problematische Weise der Auseinandersetzung.

Weder der Pastoral, also der Hirtensorge der Kirche, noch der Lehre, im konkreten Fall der lehrmäßigen Unterweisung der Gläubigen ist damit gedient. Wer, wie im vorliegenden Fall Bischof Büchel, versucht die Pastoral gegen die Lehre in Stellung zu bringen, unternimmt fast immer den Versuch, die Lehre in pastoralem Reden und Handeln zu relativieren oder gleich ganz zu verändern. Das löst Verwirrung über lehrmäßige Fragen in gleichem Maße wie Verärgerung über Aufweichungsversuche der Lehre aus. Schädlich für die Kirche ist so etwas in jedem Falle. Der Beifall von interessierter Seite war Bischof Büchel sicher. Doch wie lange hält er an und welcher Preis ist dafür zu entrichten?

Als Laie in der katholischen Kirche schuldet man den Hirten der Kirche auf der einen Seite einen kindlichen Gehorsam, doch das II. Vatikanische Konzil hat die Laien dazu aufgerufen, „Entsprechend dem Wissen, der Zuständigkeit und hervorragenden Stellung, die sie [die Laien] einnehmen, haben sie die Möglichkeit, bisweilen auch die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, zu erklären.“(LG Nr. 37) In diesem Sinne sei an dieser Stelle von einem Laien erklärt, dass unsolidarisches Handeln der Hirten gegeneinander, ebenso wie Verwirrung in Fragen der Lehre, der Kirche öffentlich Schaden zufügt. Das ist das traurige Fazit, welches aus dem sicher gut gemeinten Schreiben von Bischof Büchel zu ziehen ist.

Video Vortrag von Bischof Huonder in Fulda



Vortrag von Bischof Huonder als PDF




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