Schönborn zu Asyl: Mauern allein lösen keine Probleme

15. August 2015 in Österreich


Kardinal appelliert in "Heute"-Kolumne zu menschlicher Behandlung der Flüchtlinge: "Jeder kann sich eines Tages in ihrer Lage befinden" - Europa stehe angesichts der vielen Flüchtenden vor einem Dilemma


Wien (kath.net/KAP) Kritisch hat sich Kardinal Christoph Schönborn zu einer Abschottung Europas vor Flüchtlingen durch den Bau neuer Mauern geäußert. Die Geschichte lehre, "dass Mauern und Zäune allein nie die Probleme gelöst haben", schreibt der Wiener Erzbischof in seiner am Freitag in der Tageszeitung "Heute" erschienenen Kolumne "Antworten". Menschen in verzweifelter Lage würden immer Wege in die Freiheit suchen und auch finden, was man ihnen nicht verübeln könne, so Schönborn. "Sie sind Menschen! Menschen wie du und ich. Und: Jeder von uns kann sich eines Tages in ihrer Lage befinden. Was würde ich mir dann wünschen?", appellierte der Kardinal zur menschlichen Behandlung der Flüchtlinge.

Europa stehe angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen heute vor einem Dilemma. Italien und Griechenland seien "längst offene Einfallstoren auf dem Weg nach Europa"; oft scheine die Situation bereits außer Kontrolle und die Behörden überfordert. Ein genaues Hinschauen auf die Gründe für die Flucht der Menschen sei "berechtigt und notwendig", so der Kardinal weiter, aber: "Geht es nur mit neuen Mauern und Zäunen in einer Welt voller Flüchtlinge?", fragt Schönborn.

Aktueller Anlass der Äußerung ist der 174-Kilometer-Zaun, den Ungarn an seiner Grenze zu Serbien errichtet, um Flüchtlingen den Grenzübertritt zu erschweren. In demselben Land sei noch vor wenigen Jahrzehnten der kommunistische "Eiserne Vorhang" gestanden, "der die Menschen hindern sollte, das 'Arbeiterparadies' zu verlassen", erinnerte Kardinal Schönborn. Vor 26 Jahren habe dieser Zaun seinen "ersten Riss" bekommen, als am 19. August 1989 an der ungarischen Grenze nahe Sopron ein von Otto von Habsburg organisiertes "Paneuropäisches Picknick" stattfand. Hunderte DDR-Bürger nutzten die Gelegenheit für die Einreise nach Österreich - und wurden jubelnd empfangen. Monate später fiel der Eiserne Vorhang mitsamt der Berliner Mauer.

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