Italien: Schülerkreis und Parlamentarier tagen mit Schönborn

16. August 2015 in Chronik


Thema des Ratzinger-Schülertreffens 2015 ist "Wie von Gott reden? - Die Glaubenskrise Europa" - Wiener Erzbischof nimmt auch an Jahrestagung des Netzwerks katholischer Parlamentarier/International Catholic Legislators Network teil


Rom (kath.net/KAP) Im internationalen Tagungszentrum "Centro Mariapoli" von Castel Gandolfo trifft sich vom 27. bis 30. August der Joseph-Ratzinger-Schülerkreis. Allerdings findet das Treffen wie bereits in den vergangenen Jahren ohne dem Lehrer Benedikt XVI. statt, der in seiner vatikanischen Klausur bleiben wird. Zum Abschluss werden die Ratzinger-Schüler jedoch den emeritierten Papst in seinem Kloster besuchen und mit ihm den Gottesdienst feiern. Die Leitung des Schülerkreises liegt beim bayerischen Salvatorianerpater Stephan Otto Horn, der von 1972 bis 1977 Ratzingers Assistent an der Universität Regensburg war. Der seit 1999 emeritierte Universitätsprofessor unterrichtete zunächst Dogmatik in Augsburg und ab 1986 Fundamentaltheologie an der Universität Passau.

Thema des Treffens 2015 ist "Wie von Gott reden? - Die Glaubenskrise Europa". Prominenteste Teilnehmer sind der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, der in der Promotionsphase 1972/73 bei Ratzinger in Regensburg studiert hatte, und der Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie, Tomas Halik.

Der Schülerkreis war 1978 gegründet worden, als Joseph Ratzinger von Papst Johannes Paul II. (9178-2005) zum Erzbischof von München ernannt wurde und die Universitätslaufbahn beendete. Seither trafen sich die Teilnehmer des Schülerkreises jeden Sommer mit ihrem Lehrmeister zu einer Studienwoche mit gemeinsamem Gebet. Im Mittelpunkt stand jeweils ein von Joseph Ratzinger benanntes Thema. Die Treffen wurden auf Wunsch Benedikts XVI. auch nach seiner Wahl zum Papst fortgesetzt und fanden seither in Castel Gandolfo statt.

Thema des Treffens von 2005 war das Gottesverständnis im Islam, 2006 die Evolutionstheorie, 2010 ging es um die Hermeneutik des Zweiten Vatikanischen Konzils, 2011 um die Neuevangelisierung und im vergangenen Jahr um den Stand des ökumenischen Dialogs mit Anglikanern und Lutheranern. Nach dem Treffen 2012 wurden von verschiedenen Teilnehmern mit Blick auf das "Reformationsjahr" 2017 Vorschläge gemacht, die Widerhall fanden. Einerseits war die Rede von einem gemeinsamen "mea culpa" von Katholiken und Lutheranern, andererseits gab es Pläne, die positiven Erfahrungen mit den anglikanischen Personalordinariaten auch jenen Lutheraner anzubieten, die in die volle Einheit mit Rom zurückkehren möchten.

Mitglieder des Schülerkreises sind vorwiegend amtierende oder emeritierte Universitätsprofessoren, allerdings auch zwei Kardinäle: Christoph Schönborn und der ehemalige Bischof von Basel und nunmehrige Vorsitzende des Päpstlichen Rats für die Förderung der Einheit der Christen, Kurt Koch.

Der Schülerkreis wurde vor einiger Zeit in eine "Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung" umgewandelt (www.ratzinger-papst-benedikt-stiftung.de). Er besteht heute aus zwei Kreisen: aus dem eigentlichen Schülerkreis mit knapp über 30 Mitgliedern und aus einem Kreis junger Doktoranden der Theologie, von denen mehr als die Hälfte aus dem deutschsprachigen Raum stammen, der Rest verteilt sich auf verschiedenste Länder der Erde von Chile und den USA über Frankreich, Rumänien und Griechenland bis nach Afrika. Sprecherin dieses zweiten Kreises ist die Pastoraltheologin Michaela Hastatter von der Universität Freiburg im Breisgau.

Parallel zum Schülerkreis-Treffen tagen unweit von Castel Gandolfo, in der benachbarten Stadt Frascati, die katholischen Parlamentarier. Das Netzwerk katholischer Parlamentarier (International Catholic Legislators Network/ICLN), wurde 2010 gemeinsam von Kardinal Schönborn und dem britischen Oberhausmitglied Lord David Alton im Jahr 2010 gegründet. Der Wiener Erzbischof wird an einer Session des ICLN teilnehmen und einen der ICLN-Gottesdienste in Frascati leiten. Zu den Themen der diesjährigen Beratungen gehört auch die Flüchtlingsfrage.

Eine viel beachtete Konferenz der libanesischen Kirche mit dem "International Catholic Legislators Network" und Kardinal Schönborn hatte zuletzt im November 2014 in Bkerke bei Beirut stattgefunden. Bei der vorherigen ICLN-Jahresversammlung in Frascati hatte Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin zu der Solidaritätsreise ermutigt. Die Einladung an Kardinal Schönborn und die Parlamentarier erging vom Patriarchen der maronitischen Kirche, Kardinal Bechara Boutros Rai.

Wichtiger Programmpunkt war die Begegnung mit Flüchtlingen. Seit Jahren sind maronitische Geistliche und Ordensangehörige auch stark in der Caritas- und Flüchtlingsarbeit engagiert. Kardinal Schönborn besuchte ein Caritaszentrum für Flüchtlinge und Menschenhandelsopfer. Die Flüchtlinge erzählten von ihren Schicksalen. Vielfach wurde ihnen alles geraubt, und sie kamen mit nichts als dem nackten Leben aus der vom IS beherrschten Zone hinaus.

Der Wiener Erzbischof informierte sich über den Ablauf der Massenvertreibungen, die IS-Jihadisten im nahen Syrien und Irak durchführten. Er forderte stärkere internationale Solidarität mit dem Libanon, wo man sich einem für europäische Verhältnisse unvorstellbaren Flüchtlingsansturm gegenübersehe.

Bei der ICLN-Konferenz erörtert wurde vor diesem Hintergrund auch das Problem einer fehlenden Trennung von Politik und Religion in den Ländern, die sich als islamisch verstehen. Der Beiruter Erzbischof Paul Matar sagte, es müsse neue Verfassungen geben, in denen allen Bürgern - gleich welcher Religion - die gleichen Rechte zugesprochen werden.

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