Die Sonderregelung für die Absolution von der Sünde der Abtreibung

2. September 2015 in Aktuelles


Eine Verfahrensänderung, die die Schwere der Sünde der Abtreibung und das mit ihr verbundene Drama für den Menschen betont. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am 1. September wurde das Schreiben von Papst Franziskus zum bevorstehenden Heiligen Jahr der Barmherzigkeit veröffentlicht, mit dem der Papst sich zu einigen konkreten Verfahren für das Jubeljahr zur Praxis der Buße und für das Erlangen des vollständigen Ablasses (auch für Verstorbene) äußert. Eines dieser Verfahren betrifft die Beichte der schweren Sünde der Abtreibung.

Irreführende Medienberichte führten dazu, dass das Wort des Papstes sogar als „Aufweichung“ der Haltung der katholischen Kirche zum Drama der Abtreibung verstanden wurde. Dass dem nicht der Fall ist, hätte klar sein sollen. Eine gewisse Ignoranz, die vor allem im katholischen Bereich unverstehbar ist und bezeugt, dass elementares Katechismuswissen anscheinend nicht mehr vorausgesetzt werden kann, führt zu diesen seltsamen Blumen.

Worin besteht also der wahre Inhalt des Erlasses von Papst Franziskus?

Zunächst muss die Bestimmung des Papstes aufmerksam gelesen werden. Franziskus stellt als gravierendes Problem unserer Zeit die veränderte Beziehung zum Leben heraus und beklagt den Verlust der persönlich und gesellschaftlich geschuldeten Sensibilität gegenüber der Annahme eines neuen Leben: „Das Drama der Abtreibung wird von manchen mit einem oberflächlichen Bewusstsein erlebt, so dass sie sich über das schwerwiegende Übel, das ein solcher Akt mit sich bringt, fast nicht im Klaren sind“.

Dann wendet der Papst seinen pastoralen Blick auf die Frauen, die eine Abtreibung durchführen lassen haben: „Ich weiß um den Druck, der sie zu dieser Entscheidung geführt hat. Ich weiß, dass dies eine existentielle und moralische Tragödie ist. Ich bin sehr vielen Frauen begegnet, die in ihrem Herzen die Narben dieser leidvollen und schmerzhaften Entscheidung trugen. Was geschehen ist, ist zutiefst ungerecht. Und doch: Nur wenn man es in seiner Wahrheit versteht, ist es möglich, die Hoffnung nicht zu verlieren“.

Franziskus unterstreicht: keinem Menschen, der etwas aufrichtig bereut, kann das Sakrament der Versöhnung versagt werden, „um Versöhnung mit dem Vater zu erlangen.“ Aus diesem Grund ändert der Papst ein kirchenrechtliches Verfahren, das heißt: er weitet etwas bereits Bestehendes aus, nichts anderes.

Laut can. 1398 CIC zieht sich jemand, der eine Abtreibung vornimmt, mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Diese Strafe trifft als Tatstrafe außer der Mutter, die die Abtreibung veranlasst, auch alle Mittäter, „wenn ohne ihr Handeln die Straftat nicht begangen worden wäre“ (can. 1329 § 2 CIC). Wer mit der Tatstrafe der Exkommunikation belegt ist, steht somit nicht mehr in der Gemeinschaft der Kirche und kann daher auch keine Sakramente empfangen.

Bevor dies wieder möglich ist, muss die Exkommunikation aufgehoben werden. Aus diesem Grund kann im „Normalfall“ die Absolution nach can. 1355 § 2 CIC der Ortsordinarius und von diesem beauftragte Priester, in der sakramentalen Beichte jeder Bischof, nach can. 1357 § 1 CIC jeder andere Beichtvater im Dringlichkeitsfall nachlassen.

Papst Franziskus hat nun diesen „Dringlichkeitsfall“ grundsätzlich festgestellt und auf alle ausgeweitet, die die schwere Sünde der Abtreibung beichten wollen. So verfügt der Papst, dass jeder Priester, nicht nur die vom Bischof beauftragten, die Absolution für das schwere Vergehen der Abtreibung erteilen kann, dies unter der Voraussetzung, dass der Pönitent wirklich wieder in der Gemeinschaft der Kirche leben will. In Deutschland existiert diese Praxis bereits, so dass sich für Deutschland verfahrensmäßig nichts ändern wird.

Fazit: der Papst vereinfacht ein Verfahren für Menschen in tragischen Situationen, die nicht behindert werden sollen, ihre Reue voll zum Ausdruck zu bringen, um wieder in der Gemeinschaft der Kirche und versöhnt mit Gott zu leben. Es bleibt abzuwarten, ob diese „Sonderregelung für das Heilige Jahr“ dann bestehen bleiben wird. Da die Abtreibung für Franziskus eine Katastrophe für die Menschheit ist, ist anzunehmen, dass die besondere pastorale Fürsorge inhaltlich ausgeweitet werden wird, wie bereits in der jetzigen Verfügung angedeutet wird:

„Die Priester mögen sich auf diese große Aufgabe vorbereiten und Worte der echten Annahme mit einer Reflexion zu verbinden wissen, die hilft, die begangene Sünde zu begreifen. Ebenso sollen sie auf einen Weg echter Umkehr verweisen, um die wahrhaftige und großherzige Vergebung des Vaters verstehen zu können, der durch seine Gegenwart alles erneuert“.


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