Das Heimweh nach Gott soll nie verlöschen!

1. Oktober 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Allein in Gott finden wir unsere Identität. Haben wir uns niedergelassen oder verspüren wir jenes Heimweh nach Gott, das uns weinen lässt und Freude schenkt? Die Freude Gottes ist unsere Kraft. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Fest der heiligen Theresia vom Kinde Jesus (von Lisieux). Papst Franziskus ging in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ von der ersten Lesung des Donnerstags der 26. Woche im Jahreskreis aus dem Buch Nehemia aus (Neh 8,1-4a.5-6.7b-12). Nach langen Jahren des Exils kehrt das Volk Israel nach Jerusalem zurück. Der Papst nutzte den Text, um über die Substanz der Identität des Christen nachzudenken.

Franziskus rief in Erinnerung, dass das Volk auch in den langen Jahren des babylonischen Exils immer seines Vaterlandes eingedenk gewesen sei. Nach all diesen Jahren sei nun der Tag der Rückkehr gekommen, des Wiederaufbaus Jerusalems. Wie in der ersten Lesung berichtet werde, fordere Nehemia den Schriftgelehrten Esra auf, das „Buch des Gesetzes“ vorzulesen. Das Volk sei glücklich gewesen: „Alle Leute weinten, als sie die Worte des Gesetzes hörten“ (V. 9), voller Freude, weil sie das Wort Gottes vernommen hätten: „Sie freuten sich und weinten gleichzeitig, alles zusammen“.

„Wie ist das zu erklären?“, fragte sich der Papst: „Ganz einfach, dieses Volk hatte nicht nur seine Stadt wiedergefunden, die Stadt seiner Herkunft, die Stadt Gottes. Beim Hören des Wortes Gottes fand dieses Volk seine Identität, und deshalb freute es sich und weinte“:

„Doch es weinte aus Freude, es weinte, weil es seiner Identität begegnet war, es hatte jene Identität wiedergefunden, die in den Jahren der Deportation etwas verlorengegangen war. Ein langer Weg ist das. ‚Macht euch keine Sorgen’, sagt Nehemia, ‚denn die Freude am Herrn ist eure Stärke’ (V. 10). Es ist dies die Freude, die der Herr schenkt, wenn wir unsere Identität finden. Und unsere Identität geht unterwegs verloren, sie geht bei so vielen Deportationen oder unseren Selbst-Deportationen verloren, wenn wir hier ein Nest, dort ein Nest bauen und dann wieder ein anderes.... und nicht im Haus des Herrn. Die eigene Identität finden“.

Franziskus fragte sich weiter, wie die eigene Identität gefunden werden könne. „Wenn du das verloren hast, was dir gehörte, dein Haus, das, was gerade dir gehörte“, so der Papst, „dann stellt sich jenes Heimweh ein und dieses Heimweh führt dich erneut zu deinem Haus zurück“. Das Volk habe mit diesem Heimweh verspürt, „dass es glücklich war, und deshalb weinte es vor Glück, denn das Heimweh nach der eigenen Identität hatte es dazu geführt, sie zu finden. Eine Gnade Gottes“:

„Wenn wir – zum Beispiel – den Bauch voll haben, dann haben wir keinen Hunger. Wenn wir bequem sind, in Ruhe, wo wir uns befinden, dann haben wir es nicht nötig, woanders hinzugehen. Und ich frage mich, und es wäre gut, wenn wir alle uns das heute fragen würden: ‚Bin ich ruhig, zufrieden, brauche ich nichts – ich meine im spirituellen Sinn – in meinem Herzen? Ist mein Heimweh erloschen?’. Blicken wir auf dieses glückliche Volk, das weinte und sich freute. Ein Herz, in dem kein Heimweh ist, kennt keine Freude. Und gerade die Freude ist unsere Kraft: die Freude Gottes. Ein Herz, das nicht weiß, was Heimweh ist, kann kein Fest feiern. Und dieser ganze Weg, der vor Jahren begonnen hat, endet in einem Fest“.

Das Volk, so Franziskus abschließend, juble in großer Freude, da es die Worte verstanden habe, „die ihnen verkündigt worden waren. Sie hatten das wiedergefunden, was sie das Heimweh verspüren und vorangehen lieߓ:

„Fragen wir uns also, wie es um unser Heimweh nach Gott steht: sind wir zufrieden, sind wir glücklich, oder haben wir da alle Tage dieses Verlangen, voranzugehen? Der Herr schenke uns diese Gnade: nie, niemals soll in unserem Herzen das Heimweh nach Gott erlöschen!“.

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