Wie eine Henne mit ihren Küken...

29. Oktober 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Gott kann nicht nicht lieben. Die Ohnmacht Gottes, der nur lieben kann. Der Sieg des Christen im Geschenk der Liebe des Herrn. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“ – Papst Franziskus ging in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Donnerstag der 30. Woche im Jahreskreis von der ersten Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer aus (Röm 8,31b-39).

Der Christ sei Sieger, da Gott für ihn sei. „Wenn Gott rettet – wer also sollte uns verurteilen?“, fragte sich Franziskus. Es habe den Anschein, dass der Christ die Kraft dieser Siegesgewissheit gleichsam als ein Eigentum in seinen Händen habe – als könnten die Christen „triumphalistisch“ sagen: „Wir sind jetzt die Champions!“. Demgegenüber hob der Papst hervor, dass der Sinn dieser Gewissheit ein anderer sei. Der Christ sei nicht Sieger, „weil wir dieses Geschenk in der Hand haben, sondern aus einem anderen Grund“. Es sei etwas anderes, das uns siegen lasse. Selbst wenn wir den Sieg ablehnen sollten, sei es dennoch immer möglich, doch noch zu siegen. So bestehe dieses „Andere“ in der Tatsache, dass „uns nichts von der Liebe Gottes trennen kann, die in Jesus Christus, unserem Herrn, ist“:

„Es ist nicht so, dass wir Sieger über unsere Feinde, über die Sünde sind. Nein! Wir sind so sehr an die Liebe Gottes gebunden, dass kein Mensch, keine Macht, dass nichts uns von dieser Liebe trennen kann. Paulus hat in dem Geschenk mehr gesehen, er hat das gesehen, was das Geschenk gibt: es ist das Geschenk der neuen Schöpfung, das Geschenk der Wiedererzeugung in Christus. Er hat die Liebe Gottes gesehen, eine Liebe, die man nicht erklären kann“.

„Jeder Mann, jede Frau“, so Franziskus, „kann das Geschenk ablehnen“. Jeder könne seiner Eitelkeit, seinem Stolz, seiner Sünde den Vorzug geben. Doch das Geschenk sei da und bleibe:

„Das Geschenk ist die Liebe Gottes, eines Gottes, der sich nicht von uns trennen kann. Das ist eine Ohnmacht Gottes. Wir sagen: ‚Gott ist mächtig, er kann alles tun!’. Ja, nur eines nicht: er kann sich nicht von uns trennen! Im Evangelium lässt uns jenes Bild Jesu, der über Jerusalem weint, etwas von dieser Liebe begreifen. Jesus hat geweint! Er weinte über Jerusalem und in jenem Weinen ist die ganze Ohnmacht Gottes: seine Unfähigkeit, nicht zu lieben, sich nicht von uns loslösen zu können“.

Jesus weine über Jerusalem, das seine Propheten töte (vgl. Tagesevangelium Lk 13,31-35: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind“; V. 34), jene, die sein Heil ankündigten. Und Gott sage zu Jerusalem und zu uns allen: „Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt“ (ebd.). Es sei dies ein „Bild der Zärtlichkeit“: „Wie oft habe ich doch diese Zärtlichkeit, diese Liebe empfinden lassen wollen, wie die Henne mit ihren Küken, und ihr habt sie abgelehnt!“. Daher verstehe Paulus und könne so seine Gewissheit zum Ausdruck bringen: „Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,38-39):

„Gott kann nicht nicht lieben! Und das ist unsere Gewissheit. Ich kann diese Liebe ablehnen, ich kann ihn ablehnen wie dies der ‚gute Schächer’, der mit Jesus gekreuzigt wurde, bis zum Ende seines Lebens getan hat. Doch dort erwartete ihn jene Liebe. Der Schlechteste, der größte Gotteslästerer – er wird von Gott mit der Zärtlichkeit eines Vaters, eines Papa geliebt. Und wie der heilige Paulus sagt, wie das Evangelium sagt, wie Jesus sagt: ‚wie eine Henne mit ihren Küken’. Und Gott ist mächtig, der Schöpfer vermag, alles zu tun: Gott weint! In diesem Weinen Jesu über Jerusalem, in jenen Tränen – ist die ganze Liebe Gottes. Gott weint über mich, wenn ich mich entferne. Gott weint über einen jeden von uns. Gott weint über jene Bösen, die viel Schlechtes tun, die der Menschheit so viel Böses antun... Er wartet, er verurteilt nicht, er weint. Warum? Weil er liebt!“.

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