R. I. P. André Glucksmann

10. November 2015 in Chronik


Der französische Philosoph André Glucksmann starb im Alter von 78 Jahren in der Nacht auf Dienstag. Glucksmann war einer der wichtigsten Gegenwartsphilosophen und hatte in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Wandel vollzogen


Paris (kath.net/rn)
Der französische Philosoph André Glucksmann ist tot. Glucksmann starb im Alter von 78 Jahren in der Nacht auf Dienstag in Paris, wie französche Medien berichteten. Glucksmann war einer der bekanntesten Philosophen Frankreichs und hatte in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Umkehr vollzogen. Ursprünglich war Glucksmann überzeugter Marxist und militanter Maoist, später war er einer der schärfsten Kritiker des Totalitarismus.
Der Philosoph stammte aus einer jüdischen Familie mit Wurzeln in Prag und Rumänien. Während des 2. Weltkriegs rettete seine Mutter ihn und seine Schwestern vor der Deportation durch die Nazis. Nach den Erfahrungen in in der Studentenbewegung und die Konfrontation mit der kommunistischen Wirklichkeit gründete er mit anderen Philosophen die Bewegung der „Nouveaux philosophes“ , zu der auch Bernard-Henri Lévy und Alain Finkielkraut gehörten. 1968 veröffentlichte er sein erstes Buch. In einem weiteren Buch "Köchin und Menschenfresser - Über die Beziehung zwischen Staat, Marxismus und Konzentrationslager" kritisierte der den Totalitarismus grundsätzlich.

Als Glucksmanns Hauptwerk gilt seine erschienene philosophische Abhandlung "Die Meisterdenker" (Les maîtres penseurs). Zu dem Werk wurde er durch das Meisterwerk von Alexander Solschenizyns Archipel Gulag angeregt. In dem Buch kritisierte Glucksmann die deutschen Philosophen Fichte, Hegel, Nietzsche und Marx und machte diese für den nicht oder nicht ausreichend vorhandenen Widerstand gegenüber Totalitarismen verantwortlich. Als eines seiner besten Bücher gilt das Buch "Die Macht der Dummheit". Seine These war, dass die Dummheit eine Weltmacht geworden ist. Eine der berühmtesten Zitate aus dem Buch laut: "Den Vollidioten erkennt man eben daran, daß er durch nichts aus der Fassung zu bringen ist. Er ist stets bereit, sich über das eine Meinung zu bilden, was er nicht versteht, und unfehlbar über das zu urteilen, was er nicht weiߓ.

Die Gesellschaft bedrohter Völker hat am Dienstag den Philosophen gewürdigt. „Mit André Glucksmann haben die Opfer von Völkermord in Bosnien und Tschetschenien einen scharfsinnigen Fürsprecher verloren“, erklärte der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, am Dienstag in Göttingen. „Wir trauern um den französischen Philosophen, der auch uns Menschenrechtlern den Rücken gestärkt hat.“
Zülch erinnerte daran, dass Glucksmann während des Bosnienkrieges schon früh unverblümt kritisierte, dass Europa durch Stillschweigen zu den Verbrechen serbischer Truppen Mitschuld trägt am Genozid an den Bosniaken. Auch die Drohung des russischen Präsidenten Wladimir Putin an die tschetschenische Zivilbevölkerung 1999, ihre Hauptstadt Grosny zu verlassen oder sterben zu müssen, geißelte Glucksmann unmissverständlich: Er verglich Putins Ultimatum an Grosny mit Hitlers Ultimatum an Warschau und Pol Pots Ultimatum an Phnom Pen.

Foto: (c) Wikipedia. „Andre Glucksmann2“ von Daniiltaimyr - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons


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