Ein Heiliger und ein Sünder

19. Jänner 2016 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Es gibt keinen Heiligen ohne Vergangenheit, und ebenso wenig einen Sünder ohne Zukunft. Gott geht über den Anschein hinaus und sieht das Herz. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die Lesung aus dem ersten Buch Samuel (1 Sam 16,1-13) stand im Mittelpunkt der Predigt von Papst Franziskus bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Dienstag der zweiten Woche im Jahreskreis. Gott verwerfe Saul, „er soll nicht mehr als König über Israel herrschen“ (V. 1). Der Herr tue dies, weil Saul ein verschlossenes Herz gehabt und ihm nicht gehorcht habe. So denke Gott daran, einen anderen König zu wählen: David.

Diese Wahl sei jenseits aller menschlichen Kriterien, da David der jüngste der Söhne von Isai sei, ein Junge. Doch der Herr lasse den Propheten Samuel verstehen, dass für ihn der Anschein nicht zähle, da er er das Herz sehe:

„Viele Male sind wir Sklaven des Scheins, Sklaven der Dinge, die erscheinen, und wir lassen uns von diesen Dingen voranbringen: ‚Ja, das scheint so...’. Der Herr aber kennt die Wahrheit. Und so ist es in dieser Geschichte... Isais sieben Söhne gehen vorüber, und der Herr wählt keinen, er lässt sie vorübergehen. Samuel befindet sich ein wenig in Schwierigkeiten und sagt zu Vater: ‚Auch ihn hat der Herr nicht erwählt.’ (V. 9). ‚Sind das alle deine Söhne?’ (V. 11). ‚Der jüngste fehlt noch, aber er zählt nicht, er hütet gerade die Schafe’ (vgl. V. 11). In den Augen der Menschen zählte dieser kleine Junge nichts...“.

Nichts habe er für die Menschen gezählt, doch der Herr wähle ihn und befehle Samuel, ihn zu salben, „und der Geist des Herrn war über David von diesem Tag an“ (V. 13). Von diesem Tag an „ist das ganze Leben des David das Leben eines vom Herrn gesalbten, vom Herrn erwählten Mannes gewesen“.

„Hat ihn der Herr also zu einem Heiligen gemacht?“, fragte sich Franziskus. Nein: „König David ist der heilige König David, das ist richtig, aber er ist der Heilige nach einem langen Leben“, das auch ein Leben mit Sünden gewesen sei:

„Ein Heiliger und ein Sünder. Ein Mann, der es verstanden hat, das Reich zu einen, der es verstanden hat, das Volk Israel voranzubringen. Doch er hatte seine Versuchungen... er hatte seine Sünden: er ist auch ein Mörder gewesen. Um seine Wollüstigkeit zu verbergen, die Sünde des Ehebruchs... hat er befohlen, zu töten. Er! ‚Der heilige König David – er hat getötet?’ Doch als Gott den Propheten Natan sandte, um ihn diese Wirklichkeit sehen zu lassen, denn er hatte die Barbarei, die er angeordnet hatte, nicht bemerkt, hat er zugegeben: ‚Ich habe gesündigt’ und um Vergebung gebeten“.

So sei sein Leben vorangegangen: „er hat im Fleisch den Verrat seines Sohnes erlitten, doch nie hat er Gott genutzt, um seine Anliegen zum Sieg zu führen“. Der Papst rief in Erinnerung, dass David, als er aus Jerusalem fliehen müsse, die Bundeslade zurückschicke und erkläre, dass er den Herrn nicht zu seiner Verteidigung nutzen werde. Und wenn man ihn beleidigt habe, habe David in seinem Herzen gedacht: „Ich habe es mir verdient“.

Dann stelle sich auch die Großherzigkeit ein. Er hätte Saul töten können, habe es aber nicht getan. So werde der heilige König David sichtbar, ein großer Sünder, aber voller Reue. „Mich berührt das Leben dieses Mannes“, so Franziskus, „das uns an unser Leben denken lässt:

„Wir alle sind vom Herrn durch die Taufe erwählt worden, um sein Volk zu sein, um Heilige zu sein. Auf diesem Weg der Heiligkeit sind wir vom Herrn gesalbt worden. Das Lesen der Lebensgeschichte Davids, angefangen als er Kind war – nein kein Kind, er war ein Junge – vom Jungen hin zu einem alten Mann, der viel Gutes und anderes Schlechtes getan hat, lässt mich denken, dass auf dem christlichen Weg – auf dem Weg, den zu beschreiten der Herr uns gesandt hat – das lässt mich denken, dass es keinen Heiligen ohne Vergangenheit gibt, und ebenso wenig einen Sünder ohne Zukunft“.

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