Politologe sieht durch Flüchtlinge inneren Frieden gefährdet

22. Jänner 2016 in Deutschland


«Wenn in den nächsten Jahren noch fünf Millionen Flüchtlinge kommen, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie das sozialverträglich bei Wahrung des inneren Friedens laufen soll».


Münster (kath.net/KNA) Der Bremer Migrationsforscher Stefan Luft sieht den Zustrom von Schutzsuchenden nach Deutschland mit Sorge. «Wenn in den nächsten Jahren noch fünf Millionen Flüchtlinge kommen, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie das sozialverträglich bei Wahrung des inneren Friedens laufen soll», sagte er am Donnerstag in Münster. «Wenn jetzt nicht angepackt wird, dann ist die Gefahr groß, dass es schief geht», so der Politologe.

Auch durch das «besondere Handeln» von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe der Flüchtlingszustrom unerwartete Eigendynamik erreicht, sagte Luft. Die kolportierte Nachricht, man könne nach Deutschland problemlos einreisen, habe sich über Twitter und andere Internetkanäle in Sekunden weltweit verbreitet. «Nun kommen auch viele, die nicht aus Syrien oder Afghanistan stammen, es hat sich ein Sog entwickelt», so der Wissenschaftler. Dennoch sei es kaum möglich, Obergrenzen festzulegen.

Mit Blick auf die Integration sagte Luft, es gebe schon jetzt in einigen Großstädten «ethnische Kolonien mit einer sozialen Unterschicht». Wenn sich dies durch den Zuzug verstärke, werde es zu größeren Konflikten kommen, sobald die Integrationsfähigkeit erschöpft sei. «Zu befürchten ist dann ein höheres Gewaltniveau in der Gesellschaft», warnte der Experte.

Die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins kritisierte die derzeitigen Grenzschließungen. Das europäische Modell der offenen Grenzen werde rückgängig gemacht zugunsten nationaler Egoismen. Europa müsse sich auf ethische Grundkriterien der Politik besinnen. Jeder Mensch habe Schutzansprüche, die nicht ignoriert werden dürften. «Es gibt einen Vorrang für Schutz gegenüber Abschottung.» Dazu seien bessere Strukturen in der Zusammenarbeit und eine gerechtere Lastenverteilung notwendig.

Zudem sprach sich Heimbach-Steins für ein «vernünftiges Einwanderungsrecht» mit transparenten Regeln aus. Auch müsse sich Europa verstärkt in den Herkunftsregionen engagieren, sowohl durch humanitäre Hilfe als auch durch bessere wirtschaftliche Perspektiven in den ärmeren Regionen der Welt.

Beide Wissenschaftler äußerten sich im Vorfeld einer Diskussion des Bistums Münster zum Thema«Grenzen der Gerechtigkeit? Flucht, Migration und Integration».

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