Karneval - «Freizügige Kleidung ist keine Aufforderung zu Intimitäten»

29. Jänner 2016 in Deutschland


Vorbeugende Aufklärung: Flyer erklären Flüchtlingen den Karneval und die Grenzen des Brauchtums. Von Andreas Otto (KNA)


Köln/Mainz/Düsseldorf (kath.net/KNA) Nicht noch einmal. Sexuelle Übergriffe durch Flüchtlinge wie in der Kölner Silvesternacht sollen sich keinesfalls wiederholen - vor allem nicht im bevorstehenden Straßenkarneval. Dabei setzen die Verantwortlichen nicht nur auf mehr Polizei, Beleuchtung von dunklen Ecken oder Absperrungen von Gefahrenpunkten. Verschiedene Initiativen wollen vorbeugen, indem sie das bunte Brauchtum den Zuwanderern erklären - und vor einem falschen Verständnis des mitunter freizügigen Verhaltens warnen.

So schließt das Festkomitee Kölner Karneval in einer Broschüre den Zuwanderern den Sinn der tollen Tage auf: Dass viele Menschen in eine andere Rolle schlüpfen, sich der Bankdirektor in einen Clown oder die Krankenschwester in einen König der Löwen verwandelt. Und dass «die da oben» aus Politik, Verwaltung oder Militär auf den Arm genommen werden, die Kölner in historischen Soldatenuniformen nur Gewehre aus Holz mit Blumen im Lauf tragen. Verkleiden sei aber wie der Genuss von Alkohol keine Pflicht, heißt es in einem der - natürlich – 11 Unterpunkte des Ratgebers.

Ein Kapitel widmet sich eigens dem Thema «Schunkeln», dem eine Armlänge unterschreitenden Abstand unter Karnevalisten. Der Kontakt hier sei «sehr locker», und eine solche Bekanntschaft halte oft «nur ein Lied lang», ist in dem auch auf Englisch und Arabisch verfassten Karnevals-Einmaleins zu lesen, um dann gleich zu betonen: «Freundlichkeit und Respekt sind oberstes Gebot.» Was das konkret bedeutet, lassen die Kölner Karnevalisten indes offen.

Viel deutlicher soll da in Mainz und ganz Rheinland-Pfalz das Thema angegangen werden. Nach dem Konzept des Landes-Innenministeriums soll die Polizei mit Dolmetschern vom 1. bis 3. Februar in Flüchtlingsunterkünften vor allem junge Männern über Karneval als Teil der deutschen Kultur aufklären. Dabei soll auch ein mehrsprachiger Flyer verteilt werden, wie Ministeriumssprecher Marco Pecht auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläuterte. «Frauen und Männer verkleiden sich, singen, tanzen und feiern auf der Straße», heißt es darin. Und: «Freizügige Kleidung und fröhliches Feiern gehören dazu und sind keine Aufforderung zu Intimitäten.» Niemand dürfe gegen seinen Willen angefasst werden.

Die Broschüre aus dem Haus der Landesregierung spart nicht mit unmissverständlichen Warnhinweisen. «Die Begehung von Straftaten kann direkte Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland haben», lautet die Botschaft. Und «Täter riskieren das Gastrecht». Klare Kante im Karneval.

In die gleiche Richtung geht ein Ratgeber der niederrheinischen Stadt Mönchengladbach. Umarmen, Schunkeln und Bützchen in den Tagen vor der siebenwöchigen christlichen Fastenzeit beschreibt die Stadt als Zeichen von Freude und Freundschaft. «Es ist in der Regel nicht sexuell gemeint und muss kein Flirten bedeuten», schärft ein Merkblatt unter der Überschrift «Gemeinsam und sicher feiern» die Grenzen des närrischen Gewusels ein.

Das vom Sozialdezernat verfasste Blatt weist deutlich darauf hin, dass Frauen und Männer in Deutschland gleichberechtigt sind, sich jeder seinen Partner oder seine Partnerin selbst auswählt und ein «Nein» zu akzeptieren ist. «Übergriffe wie Raub, Diebstahl und sexuelle Belästigung, wie sie zu Silvester in Köln stattgefunden haben, werden nicht toleriert, sondern bestraft», lassen die Mönchengladbacher die Flüchtlinge wissen. Und schließlich fehlt auch nicht der Hinweis, dass in Deutschland Homosexualität normal sei und offen gezeigt werde.

In der benachbarten Jecken-Hochburg Düsseldorf sieht man indes keine Notwendigkeit für einen Karnevals-Knigge. Eine solche Publikation sei hier nicht geplant, sagte der Sprecher des Comitee Düsseldorfer Carneval, Hans-Peter Suchand, auf Anfrage. «Wir haben in Düsseldorf bisher keine Probleme. Und ich hoffe, das bleibt auch so.»

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