Kinderschutzbund befürchtet Missbrauch von Flüchtlingskindern

4. Februar 2016 in Deutschland


Dramatische Versäumnisse beim Schutz minderjähriger Flüchtlinge sieht der Deutsche Kinderschutzbund.


Baden-Baden (kath.net/KNA) Dramatische Versäumnisse beim Schutz minderjähriger Flüchtlinge sieht der Deutsche Kinderschutzbund. Seit Jahren gebe es auch in Deutschland einen Markt mit Pädophilen, die Kinder sexuell missbrauchen. Kriminelle nützten nun gezielt die Not der allein nach Europa fliehenden Kinder aus, sagte Kinderschutz-Präsident Heinz Hilgers am Mittwoch im Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden.

Minderjährige Flüchtlinge seien nur wirksam vor Missbrauch geschützt, wenn sie in Obhut eines Jugendamtes genommen oder mit ihren Familien zusammengebracht würden. Vor diesem Hintergrund kritisierte Hilgers die angekündigten Verschärfungen für den Familiennachzug scharf. «Vielen Frauen und Kindern jetzt die Familienzusammenführung zu verweigern, ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte.»

Als Folge der deutschen Gesetzesverschärfung würden noch mehr Kinder alleine über das Mittelmeer zu fliehen versuchen. Hilgers verwies zugleich auf den Schutz von Ehe und Familie durch das Grundgesetz. Dieser gelte nicht nur für die «deutsche Familie und die deutsche Ehe».

Der Kinderschutzbund-Präsident warnte auch vor Missbrauch in großen Flüchtlingsunterkünften. «Da können wir weder Kinder noch Frauen wirksam schützen.» Auch die Präventionsstrategien gegen sexuelle Gewalt seien in den Auffanglagern «zusammengebrochen», so Hilgers: «Wir sind nicht mehr in der Lage, den Helfern ordentliche Führungszeugnisse, erweiterte Führungszeugnisse, wie im Bundeskinderschutzgesetz vorgeschrieben, auszustellen.»

Nach einem Bericht der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung» waren fast 5.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Anfang des Jahres zumindest zeitweise verschwunden. Eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA) sagte dem Blatt, dass am 1. Januar 2016 genau 4.749 unbegleitete Flüchtlinge im Kindes- und Jugendlichen-Alter als vermisst galten. 431 davon waren demnach jünger als 13 Jahre, 4.287 zwischen 14 und 17 Jahren und 31 über 18.

Die Sprecherin unterstrich, dass dies jeweils «Momentaufnahmen» seien. Oft tauchten Vermisste nach kurzer Zeit wieder auf, und oft gebe es Mehrfachregistrierungen. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass ein Teil der zu Jahresbeginn verschwundenen minderjährigen Flüchtlinge Kriminellen in die Hände gefallen sein könnten. Genaue Erkenntnisse habe das BKA dazu bislang nicht, erklärte die Sprecherin.

Zuvor hatte die europäische Polizeibehörde Europol mitgeteilt, dass in den vergangenen 24 Monaten mindestens 10.000 allein reisende Flüchtlingskinder nach ihrer Ankunft in Europa spurlos verschwunden und womöglich in die Hände von Kriminellen gelangt seien. «Dies bedeutet nicht, dass allen etwas passiert ist», erklärte ein Sprecher. «Ein Teil der Kinder könnte sich tatsächlich mittlerweile bei Verwandten aufhalten. Aber es bedeutet, dass diese Kinder zumindest potenziell gefährdet sind.»

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