Weihe für Frauen?

12. April 2016 in Kommentar


„Es wäre Zeichen eines seltsamen Klerikalismus, die Würde der Frau von ihrer Priesterweihe abhängig zu machen.“ Antwort auf Leserbrief des Innsbrucker Theologieprofessors Roman Siebenrock. Gastkommentar von Pfarrprovisor Johannes Laichner


Innsbruck (kath.net) Sehr geehrter Herr Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock!
Mit Interesse habe ich Ihre Ausführungen zur „Ämterfrage in der Kirche“ gelesen - wohl auch deshalb, weil es sich dabei ja nicht um die Privatmeinung eines „einfachen Katholiken“ handelt, sondern um die Darstellung und Vermittlung einer verbindlichen Glaubenslehre durch einen Professor für systematische Theologie.

Entsprechend dieser Einordnung haben Ihre Ausführungen besonderes Gewicht und finden entsprechende Beachtung im Volk Gottes. Ja mehr noch, Theologen, denen die Gnade und Ehre der Missio Canonica zuteil geworden ist, muss die kirchliche Tragweite ihrer Sendung bewusst sein.

Um an dieser Stelle schon vorab dem Eindruck des „Kadavergehorsams und der römischen Entmündigung universitärer Lehre“ entgegenzutreten, sei Papst Franziskus zitiert (aus seiner Ansprache anlässlich des Ad-limina Besuches der Deutschen Bischöfe im November 2015): „Die Treue zur Kirche und zum Lehramt widerspricht nicht der akademischen Freiheit!“

Sie stimmen sicher zu, dass der Gegenstand der katholischen Theologie und ihre wissenschaftlich weiter zu erforschende Wirklichkeit die Lehre der katholischen Kirche selbst ist, wie sie vom Lehramt vorgegeben und von der Hierarchie – Papst und Bischöfe – bezeugt und bewahrt wird.

Ergebnisse persönlicher Reflexion von Theologen befinden sich damit im Einklang oder sie widersprechen. Oder sie sind Sache legitimer freier Meinungsbildung – ohne wissenschaftlichen Belang.

Dieser Logik folgend sei der Versuch unternommen, Ihren im „Tiroler Sonntag“ abgedruckten Leserbrief einzuordnen. Meine Ausführungen sind als offene Antwort auf Ihren Beitrag zu verstehen.

1. Überlegungen zur „Geschichte des Amtes“

1.1. „Diakonin“ und „Apostolin“

Ihre Mahnung zur „Vorsicht mit universalgeschichtlichen Aussagen“ trifft besonders jeden Versuch einer geschichtlichen Darstellung der Ämterfrage – im aktuellen Fall auch Ihren eigenen Hinweis auf eine „Diakonin Phöbe“ , eine „Apostolin Junia“ und „Maria Magdalena“ und die dahinterstehende Intention, diese neutestamentlichen Frauen, die zweifelsohne für die ersten Hauskirchen eine bedeutende Rolle spielten, als von der Amtskirche später verschwiegene Vorläuferinnen für das dreifach gegliederte Weiheamt darzustellen. Hier gilt zu bedenken, dass von Paulus, in dessen Schriften und Briefe diese Frauen Erwähnung finden, die Gemeinde „nicht als eine wie immer verfasste, gestufte oder geschichtete Organisation gesehen wurde, sondern als ein einheitlicher, lebendiger Kosmos freier geistlicher Gaben, die einander dienen und ergänzen, deren Träger sich aber niemals übereinander erheben oder gegeneinander verschließen können.“

Allein unter dieser Voraussetzung eine „Brücke“ zu den späteren Amtsbezeichnungen für das ordinierte Amt zu schlagen, ist gewagt, vor allem, weil Paulus die staatlichen Gewalten ebenfalls „diakonos“ (vgl. Röm 13,4) nennt und in 2 Kor 11,14-15 sogar die Rede von diakonoi des Satans ist. In diesem Kontext ist die Bezeichnung bzw. Empfehlung der Phöbe als „he diakonos“ in einem sehr allgemeinen Sinn zu verstehen, nämlich als Phöbe, die „Dienerin“ der Gemeinde Kenchräa und nicht in der besonderen Funktion des „Diakons“ (Apg 6)!

Weiters sollte die Tatsache, dass sich im Unterschied zur Jerusalemer Gemeinde (geführt vom Dreier-Gremium: Jakobus, Petrus und Zebedaide Johannes als hierarchische Spitze; Paulus nennt sie die „Angesehenen“, die „Säulen“) in den von Paulus missionierten Gebieten die Bildung einer hierarchischen Struktur nicht so rasch durchsetzte, eher zur Vorsicht mahnen. Es gab in apostolischer Zeit eben verschiedene Formen des Beistands für die Apostel, die sich neben dem Dienst des männlichen geweihten Diakons etablierten. In gewisser Weise zeigt dies auch der Clemensbrief: In 1Clem 1,3 findet sich ein entsprechender Hinweis auf eine komplexe Amts- und Verfassungsstruktur, die zeitgleich sowohl den ordinierten Presbyter (wie er sich wohl aus der presbyteralen Ordnung der Jerusalemer Gemeinde entwickelt hat) und den „hegoumenoi“, den nicht-ordinierten Gemeindeleitern (nach dem heidnisch-christlichen Modells paulinischer Missionsgemeinden) kennt. Nicht ohne Zufall wird in 1Clem 40,5 das erste Mal auch zwischen Priestern und Laien terminologisch unterschieden.

Folglich: Den neutestamentlichen Titel „Diakonin“ und „Apostolin“ ohne Differenzierung und Darstellung der komplexen Entwicklung des kirchlichen Amtes in eine direkte Linie zum späteren dreifachen gegliederten Weiheamt zu stellen, ist eine fragwürdige „universalgeschichtliche Aussage“. In diesem Zusammenhang dem „einfachen“ Leser einer kirchlichen Wochenzeitschrift eine angeblich uralte, aber später von der Amtskirche verleugnete Tradition weiblicher Diakone zu suggerieren, ist im Blick auf die vorliegenden historischen Fakten nicht korrekt!

1.2 Taufdiakonissen aus Schicklichkeitsgründen

In der Diskussion um die Ordination von Frauen wird oft verschwiegen, dass der damit im Zusammenhang gebrachte weibliche Dienst (frühkirchliche Diakonissen) für die kirchliche Gemeinschaft vor allem aus Schicklichkeitsgründen und in starker Abgrenzung zum männlichen Diakonat erwuchs. Bezüglich fundierter wissenschaftlicher Studien zu dieser Entwicklung sei u.a. auf die Forschungsergebnisse von M. Hauke verwiesen, der zum klaren Schluss kommt: „Mit dem Verschwinden der Erwachsenentaufe findet auch das Amt der Diakonissen ein Ende. Es wurde auf jeden Fall unterschieden vom männlichen Diakonat: die Frauen hatten andere Aufgaben (insbesondere durften sie weder predigen, selbst taufen oder bei der Darbringung der Eucharistie eine Rolle spielen), sie wurden (...) typologisch anders eingeordnet (nach der Didaskalie beispielsweise vertritt der Diakon Jesus Christus und die Diakonisse den Heiligen Geist). Diese Unterschiede gründen darin, dass die männlichen Diakone teilnehmen an der apostolischen Nachfolge, nicht aber die Diakoninnen.“

So verstehen wir auch, dass der Autor der oben genannten syrischen Kirchenordnung die Praxis der Taufdiakonissen als Missbrauch bekämpft und solche Frauen überhaupt auf häusliche Tätigkeiten beschränken möchte.

Der Neutestamentler Klaus Berger betont ebenfalls den ausschließlichen Dienstcharakter dieses „Diakonissenamtes“, der sich auf den Akt der Salbung bei Frauentaufen begrenzte. Ihr Dienst war notwendig, „da zur Taufe erwachsener Frauen auch die Ganzkörpersalbung mit Öl gehörte. Das ist noch heute bei diversen ostkirchlichen Liturgien auch bei der Kindertaufe der Fall. Dass man diese delikate Tätigkeit Männern nicht anvertrauen konnte, liegt auf der Hand. (...) Da es heute die Ganztaufe von Frauen zumindest als Salbung nicht mehr gibt, entfällt jede Notwendigkeit.“ Berger weist auf das Faktum hin, dass nach Verblassen der Tradition der Ganzkörpersalbung und damit auch der Tradition der „Taufdiakonissen“ niemand deswegen einen Aufstand gewagt hat oder eine dieser Frauen über ihren ehemaligen Aufgabenbereich hinaus tätig werden wollte.

1.3 Diakonissen versus Kirchenväter und frühe Konzilien

Entgegen Ihrer These, dass bis zum II. Vatikanum „fast alle Dogmatiker der Kirche“ die Weihe der Frau für möglich gehalten hätten (Kategorie pauschale universalgeschichtliche Aussage?!?), sei in aller Kürze allein aus der frühen Konzilsgeschichte z.B. auf Kanon 19 des Nizänums verwiesen, der festhält, dass die Diakonissen des Bischofs von Antiochien (Paul von Samosata) Laien waren und keine Weihe mit Handauflegung empfangen hatten.

Nach Epiphanius (4. Jahrhundert) gehört der Diakon zur priesterlichen Hierarchie, nicht aber die Diakonissin. Auch wenn das Konzil von Chalzedon eine „Weihe“ (Kanon 15) andeutet, zeigt die Stellung des Kanons (nach den Vorschriften für Lektoren und Sänger), dass sie klar von jenen Ämtern unterschieden wird, die bis heute sakramental eingeordnet werden.

Fazit: Für die Einführung eines im heutigen Sinn verstandenen sakramentalen Diakonats der Frau gibt es keine Grundlagen aus der langen Tradition der Kirche. Eine klare und systematische Darstellung dieser Forschungsergebnisse hat übrigens die Internationale Theologische Kommission 2003 im Dokument „Der Diakonat: Entwicklung und Perspektiven“ vorgelegt. Hier heißt es im Abschnitt 76: Obwohl es tatsächlich ein Dienstamt der Diakonissen gegeben habe, sei klar, „dass dieses Dienstamt nicht als das einfache weibliche Äquivalent des männlichen Diakonats aufgefasst wurde.“

Entsprechend gibt es in den Texten der frühen Kirche keine ausführliche Begründung für den Ausschluss der Frauen vom dreigliedrigen Weiheamt. Alles deutet auf eine Selbstverständlichkeit und einen allgemeinen Konsens in dieser Frage hin - obwohl in den antiken Religionen und gnostischen Bewegungen jener Zeit Priesterinnen durchwegs etabliert waren (vgl. Seherinnen und weissagende Priesterinnen griechischer Heiligtümer wie Delphi und Dodona, Sibyllen, römische Vestalinnen, usw.).

1.4 Äbtissinnen und ihre „Weihe“

Auch Ihr Hinweis auf Äbtissinnen und deren Insignien (Stab, Mitra und Ring) und Jurisdiktionen kann relativiert werden. Sie bleiben dem Leser die Tatsache schuldig, dass der nicht-sakramentale Dienst der Diakonissen (besonders ihre Aufgabe als Assistenz des Bischofs bei der Salbung von weiblichen Taufwerbern und ihr Dienst, die Kircheneingänge für die Frauen zu bewachen) zwar in der orthodoxen Tradition in der „Äbtissin“ weiterlebt, aber allein schon aufgrund der Segensgebete bei der sog. „Äbtissinnenweihe“ nicht mit der Ordination der Diakone, Priester und Bischöfe ansatzweise vergleichbar ist. Dies gilt durchgehend für die „Alte Kirche“ bis ins frühe Mittelalter. Es mag sein, wie auch der Historiker Hubert Wolf in einer aktuellen Publikation erwähnt, dass später - aus welchen Gründen auch immer – die Texte für die Benediktion einer Äbtissin Anleihe an den Formularen für eine Ordination nehmen. Diese „Äbtissinnenweihen“ wurden aber nie als sakramentale Weihe gedeutet und verstanden, sondern als besondere Einsetzungsriten. Konsequenterweise wurde mit dem II. Vatikanum auch diese Fehlentwicklung in den liturgischen Texten korrigiert.

1.5 Blandina und ihr „Dienst der Stärkung“

Zu Ihrem sog. „Hauptargument“ (Vergegenwärtigung Christi im christlichen Martyrium – Blandina) sei angemerkt, dass sich der Dienst des ordinierten Amtsträgers nicht auf die Stärkung der Brüder begrenzt. Dies ist wohl allen getauften Christen zur Aufgabe gegeben.

Ich suche daher vergeblich in Ihrem Hinweis auf Blandina das schlagende Argument für die Weihe der Frau. Eusebius ging es bei der Wiedergabe der Akten aus Lyon wohl nur um die anschauliche Darstellung des Martyriums und die Fortführung der Blutslinie von den Aposteln über die vielen Märtyrer der Kirche – um nicht weniger, aber auch nicht viel mehr. Eine durchaus legendenhafte Christusvision dieser Märtyrerin aus dem 2. Jh. n. Chr., die uns noch dazu nur aus zweiter Hand über ein Jahrhundert später als Lebensbeschreibung des Eusebius überliefert ist, kann seriöser Weise nicht auf dem Hintergrund von Lk 22,32 gedeutet werden.

Es klingt im Zusammenhang dieses Diskurses ironisch, aber Johannes Paul II. sieht gerade in der treuen Befolgung der kirchlichen Lehre von der Unmöglichkeit der Frauenordination auch einen „Dienst der Stärkung“ der Brüder.

1.6 Ratzinger und die Weihe der Frau

Bezüglich Ihres Verweises auf Ratzinger sei mit dem allgemein anerkannten Kriterium der empirischen Wissenschaften für das Gewicht und die „Autorität“ eines Beweises – „hast du eins, hast du keines; hast du 100, hast du eins“ – geantwortet. Einen „Mozart der Theologie“ nur auf einen Aufsatz aus dem Jahr 1979 (nebenbei bemerkt: Zitat und Beleg bleiben Sie uns leider schuldig) zu reduzieren und die Weiterentwicklung des theologischen Denkens in der Frage der Frauenordination zu ignorieren (siehe jene Texte und Aussagen Ratzingers, die er nach 1979 zur Frage der Frauenordination publiziert hat), kommt einer unredlichen und einseitigen Vereinnahmung gleich.

2. Überlegungen zu „Bibel und Frauenordination“
2.1 Paulus und Gal 3

Den Apostel Paulus (Gal 3,28) zum Kronzeugen einer sog. „Gleichmacherei in Sachen Weihe“ zu wählen, hat wenig mit einer fundierten Exegese zu tun. Entgegen Ihrer irreführenden kontextuellen Einordnung dieser Bibelstelle und der damit verbundenen Behauptung, dass der biblische Befund zur Frage der Unmöglichkeit einer Frauenordination nicht so eindeutig sei, erkennen namhafte Exegeten in Gal 3,26-28 eine gänzlich andere Intention: Paulus versucht hier die Ursachen von Streit und Unfrieden aufzuheben. Trotz der Unterschiede, die uns Rang und Geschlecht zuordnen, ist der Zugang zu Gott für alle gleich, ob Sklave oder Freie, ob Juden oder Griechen, ob Männer oder Frauen. Entgegen Ihrer selektiven „Steinbruchexegese“, die Kontext und Intention dieser paulinischen Stelle verdunkelt und zu falschen Schlüssen verleitet, zeigen Experten auf, dass der Völkerapostel auf das unsichtbare Merkmal der Taufe hinweist, in der wir „Christus angezogen haben“ und trotz äußerlicher Unterschiede und verschiedener Lebenssituationen alle in derselben Nähe zu Christus stehen. Gal 3,26-28 zeigt die Ähnlichkeit und den Frieden im Entscheidenden, in der Zugehörigkeit zu Christus, nicht aber „Gleichmacherei“.

Fazit: Aus dieser Stelle kann nach den Regeln der historisch-kritischen Exegese niemals die liturgische Gleichheit von Mann und Frau hergeleitet werden. Es geht einzig um den Zugang zu Gott - nicht um „kirchliche Rechte“, etwas tun zu dürfen oder einfordern zu können. Paulus hebt die Rivalität der Geschlechter im Bezug auf ihre Gottesbeziehung („eins sein mit Christus“) auf, nicht aber ihre ethischen, sozialen und gesellschaftlichen Unterschiede.

2.2. Ruf Jesu in die Nachfolge

Biblisch gesehen darf für den Ruf Jesu in die spezielle Nachfolge seiner Jüngerschaft wohl Folgendes festgehalten werden: Die Evangelien zeigen uns: „Jesus ruft nicht alle in seine Nachfolge." Er ruft alle zur Umkehr: „Kehrt um und glaubt an die frohe Botschaft" (Mk 1,15), nicht alle ruft er in die direkte Nachfolge. „Es gibt neben den Jüngern ein breites Spektrum von Menschen, die sich dem Evangelium Jesu öffnen und seinen Umkehrruf ernst nehmen, aber nicht in seine unmittelbare Nachfolge treten. So ergeben sich wie von selbst drei Gruppen: der Kreis der Zwölf, der in den Evangelien bereits mit den ‚Aposteln‘ gleichgesetzt wird – der Kreis der Jünger, der bedeutend größer ist, aber ebenfalls in der unmittelbaren Jesusnachfolge steht – und schließlich das Volk, insoweit es die Botschaft Jesu positiv aufnimmt."

Fazit: Wir können nicht die Tatsache ignorieren, dass Jesus explizit nur Männer in den Zwölferkreis berufen hat und dass nur diese bei der Einsetzung des Priesteramtes beim letzten Abendmahl anwesend waren. Nicht einmal seine Mutter war dabei, als er in Mt 18,18 den Aposteln die Binde- und Lösegewalt übergibt. Der biblische Befund ist unbestreitbar. „Jesus (...) rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben.“ (Mk 3,13-15) Alle diese biblischen Stellen haben großes Gewicht und müssen in der Diskussion beachtet werden.

3. Nein zur Frauenordination – frauenverachtend und eine Verletzung der Menschenrechte?

Mit Ihrem Vorwurf, die Begründung lehramtlicher Äußerungen zum Ausschluss der Frau vom ordinierten Amt seien heute als frauenverachtend einzuschätzen, stehen Sie argumentativ in der Nähe jener, die darin auch die Verletzung des Menschenrechtes auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung verstehen.

Wir dürfen grundsätzlich den katholischen Gleichheitsbegriff nicht mit dem weltlichen verwechseln, der ja in der Tradition europäischen Menschenrechtsdenkens steht. Natürlich wäre aus der rechtsstaatlichen Sicht die Haltung der Kirche in Sachen Frauenordination wohl ein Verstoß gegen die „Würdegleichheit“ der Menschen.

Nicht in der Kirche, da in ihr Würde und Berechtigung entkoppelt sind. Für sie gibt es eine Gleichwürdigkeit trotz Rechtsungleichheit. Diese Tatsache spiegelt sich auch in den Formulierung des Konzilstextes wider (vgl. LG 32): Für das Konzil ist die Kirche kraft göttlicher Einrichtung eine Einheit von Gliedern mit unterschiedlichen Funktionen. Trotzdem bleibt die „wahre“ Gleichheit hinsichtlich der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit beim Aufbau des Leibes Christi gegeben (Gemeinsamkeit von Mann und Frau, von Kleriker und Laie vor allem in der Würde, der Gnade der Gotteskindschaft und der Berufung zur Vollkommenheit).

Wie könnte ansonsten ein Gleichheitssatz in einer Kirche aussehen, die nach göttlichem Willen als eine sichtbare Gemeinschaft von Ungleichen gestiftet wurde? Warum das Weiheamt immer nur unter dem Aspekt der Macht und des Einflusses deuten und auf den ihm wesentlich innewohnenden Dienstcharakter vergessen? Warum anachronistisch das religiöse Suchen und Denken der Frau auf den klerikalen Bereich zu fixieren und den unschätzbaren Verdienst des Zweiten Vatikanums, die gleiche Würde aller Christgläubigen herauszustellen verdunkeln. Die kirchliche Hierarchie ist keine Karriereleiter, sondern dienendes Amt.

Gerade Sie haben, wie ich mich an Vorlesungen erinnere, die allgemeine Berufung zur Heiligkeit und das Apostolat der Laien betont und mir als damaligen Studenten anschaulich aufgezeigt. Warum bleibt in Ihren Ausführungen das spezifische katholische Verständnis von Gleichheit als „wahre Gleichheit“ unbeachtet? Seit der Taufe besteht unter allen Gläubigen natürlich eine Gleichheit hinsichtlich ihrer Würde und ihrer Tätigkeit. Daraus kann man aber nicht folgern, dass alle Rechte in der Kirche Frauen und Männern gleichermaßen zukämen. Nach kirchlicher Lehre zeigt sich die gleiche Würde aller gerade darin, dass „Mann und Frau von Beginn der Schöpfung an unterschieden“ sind und „es in alle Ewigkeit bleiben“. Der Ausschluss von der Priesterweihe hindert Frauen in keiner Weise daran (...), zur Herzmitte des christlichen Lebens zu gelangen. Ganz im Gegenteil, so das Lehramt, sie erreichen ihr Ziel auf einem frauenspezifischen Weg, auf dem die Priesterweihe nicht als Wegstation vorgesehen ist.

4. Kirchenrecht und „Rede gegen und für die Frauenordination“

Mag sein, dass es sich bei der Lehre von der Unmöglichkeit einer Weihe der Frau nach derzeitigem lehramtlichen Erkenntnisstand nicht um eine Offenbahrungswahrheit handelt. Trotzdem sollte zur Kenntnis genommen werden, dass sie im Urteil des Lehramtes zur unversehrten Bewahrung und zur getreuen Darlegung des Glaubensgutes erforderlich ist. Wir alle sind diesem „ius divinum positivum“ gegenüber verpflichtet, da es Normen enthält, die in einem notwendigen Zusammenhang mit der Offenbarung stehen. Als göttliches Recht gehört es zur Identität der Kirche und folglich kann es nicht einmal der Papst als höchste Autorität aufheben oder ändern.

Die kirchliche Lehre, nach der die Kirche nicht die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, fordert von allen Gläubigen eine endgültige Zustimmung.

Die Feststellung von Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ (22.5.1994), die Kirche habe nicht die Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden, ist nicht bloß eine disziplinäre, sondern eine definitive, d.h. eine unwiderrufliche Entscheidung.

Auch wenn der damalige Papst nicht ex cathedra gelehrt hat, steht sein Schreiben unter dem Siegel der Endgültigkeit. Glaubens- und Sittenlehren gelten auch dann als definitiv und nach lehramtlichen Verständnis als unfehlbar, wenn die über den Erdkreis verstreuten Bischöfe, unter Wahrung der Gemeinschaft untereinander und mit dem Papst, verbindlich lehrend in Glaubens- oder Sittenfragen zusammen mit dem Papst zu ein und demselben, als definitiv verpflichtenden Urteil gelangen. Auch wenn dies vielleicht nicht so wahrgenommen wurde, haben bezüglich dieses apostolischen Schreibens die Bischöfe ihren Konsens entweder ausdrücklich oder durch den Verzicht auf Widerspruch bestätigt.

Sollte das Bewusstsein der Kirche künftig dazu kommen, die Lehre von der Unmöglichkeit der Frauenordination sogar als von Gott geoffenbart zu definieren, wie die Kongregation für die Glaubenslehre 1998 in einer lehrmäßigen Note vermutet, käme jede hartnäckige Leugnung bzw. Infragestellung dieser Lehre in den Verdacht einer Häresie, die auch die Tatstrafe der Häresie nach sich ziehen würde. In Anbetracht dieser Aussichten und der erstaunlich klaren Haltung des aktuellen Papstes zu dieser Frage wird der Hoffnung auf baldige Änderung der Lehre auch aus kirchenrechtlicher Sicht jede vernünftige Grundlage entzogen.

5. Fazit und Ausblick

Ihr Hinweis auf LG 8 und dem damit verbundenen Appell der ständigen Erneuerung und Reform der Kirche in Sachen Ausgestaltung des Weiheamtes ist in der Frage der Frauenordination ohne Belang und kann mit LG 25 (Unfehlbarkeit des Bischofskollegiums mit und unter dem Papst) entgegnet werden: Johannes Paul II. hat 1994 zu Recht eine definitive Entscheidung getroffen. Seiner Feststellung der Unmöglichkeit der Frauenordination gingen langwierige Studien vieler Theologen und Experten voraus, die später im Apostolischen Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ zusammengefasst wurden.

Dieser endgültigen kirchlichen Entscheidung liegen folgende Überlegungen zugrunde: In der langen Geschichte der Kirche hat es nie eine sakramental-gültige Weihe einer Frau gegeben. Kein Text aus der Anfangszeit unserer Kirche erlaubt, Frauen in der Dreiheit von Bischof-Priester-Diakon unterzubringen. Dies schlägt sich in sämtlichen kirchlichen Dokumenten und Lehräußerungen durch alle Jahrhunderte hindurch nieder. Es gibt keinen schlagenden historischen Beweis für eine kirchliche Tradition der Weihe einer Frau. Weder die „Taufdiakonissen“ der syrischen Gemeinden noch die späteren „Äbtissinenweihen“ können angeführt werden. Auch biblisch fehlen überzeugende Argumente (Gal 3,28 schon gar nicht!!), eine Frauenordination theologisch zu rechtfertigen.

Ihre Überlegungen zur „Ämterfrage in der Kirche“ sind in der vorliegenden Form für den klassischen Leser der Kirchenzeitung irreführend. Komplexe kirchengeschichtliche Entwicklungen werden in einem falschen Zusammenhang gestellt und sogar neutestamentliche Bibelstellen (vgl. Gal 3) unsachgemäß ausgelegt. Insgesamt stellen Sie die kirchliche Lehre zur Frauenordination als überholt und theologisch fragwürdig dar, reichlich garniert mit aus dem Zusammenhang gerissenen Konzilstextstellen und vereinnahmenden Zitaten großer Theologen (Newman, Ratzinger).

Hingegen können natürlich aufgrund biblischer Texte und kirchengeschichtlicher Zeugnisse die Charismen des Dienstes und der Prophetie besonders heiligen Frauen zugeordnet werden, ein Denkanstoß, der für ein nicht-sakramentales Dienstamt der Frau spricht und ein möglicher Weg aus dieser „Krise“ sein könnte (der ja durch die Etablierung von Pastoralassistentinnen, Pfarrkuratorinnen und Pfarrkoordinatorinnen in unserer Diözese schon entsprechend beschritten wird!). Der unverzichtbare und wertvolle weibliche Dienst in der Kirche hat seine eigene Würde, die sich nicht von einem hierarchischen Amt abzuleiten braucht. Es wäre Zeichen eines seltsamen Klerikalismus, die Würde der Frau von ihrer Priesterweihe abhängig zu machen.

Warum nicht in Phöbe (Röm 16,1) und Lydia (Apg 17,15.40) als dominierende Figuren der Hauskirche ein urkirchliches Amt ohne Weihe neuentdecken? Warum nicht vermehrt betonen, dass für die Frau in der Urkirche zwei Substitut-Ämter (Gemeinde-Witwe bzw. Jungfrau) reserviert waren, da ihnen das dreifach gegliederte Weiheamt verschlossen war?

Gerade Ihr Hinweis auf weibliche Märtyrergestalten der Urkirche (Blandina), die meist auch gottgeweihte Personen waren, würde den seit apostolischer Zeit geachteten Stand der „virgo consecrata“ wieder in Erinnerung rufen. In der Berufung gottgeweihter Jungfrauen, der Kirche zu dienen und die Sorge des Bischofs mitzutragen, finden wir starke Parallelen zum apostolischen Dienst des Beistandes für die Apostel, den die in den paulinischen Texten genannten Frauen (Phöbe, Junia, ..) ausübten.

Sie haben selbst in Auseinandersetzung mit dem „Memorandum von 237 Theologen aus dem dt. Sprachraum“ (2011 – Kommentar im „theolog. Leseraum – Homepage Theol. Fak. Innsbruck) mit Recht auf die vom Konzil eingeführte klare Unterscheidung vom dreifach gegliederten Weiheamt und dem Apostolat der Laien zur Teilnahme an der Heilssendung der Kirche hingewiesen: Warum nicht die Befähigung (...), von der Hierarchie zu gewissen kirchlichen Ämtern herangezogen zu werden“ (LG 33), betonen und das weite und anspruchsvolle Feld für alle getauften Gläubigen fördern und kultivieren? Warum nicht kreativ diese Möglichkeiten „ausschöpfen“, anstatt sich gleichsam wie Tantalos in der griechischen Mythologie nach jenen „Früchten und Wassern auszustrecken, die letztendlich unerreichbar bleiben“?

Noch unter dem bildhaften Eindruck des sich quälenden Tantalos stellt sich mir abschließend die Frage, warum Sie als Dogmatiker trotz klarer und auf fundierten theologischen Forschungen basierenden lehramtlichen Entscheidung immer noch die Hoffnung nähren, Frauen könnten in ferner Zukunft zur Priesterweihe zugelassen werden.

Diese Haltung verhindert die Erlangung einer kirchlichen Gesinnung, verunmöglicht ein „sentire cum ecclesia“. Wer seine Kirche liebt, der bedrängt sie nicht durch derartige aussichtslose und unberechtigte Forderungen. Im tiefsten Inneren sind die Regeln des „sentire cum ecclesia“ immer Regeln der Liebe. Es erinnert an das, was übrigens auch John Henry Newman den „Glaubenssinn“ genannt hat – einen Instinkt, der „im Innern des mystischen Leibes Christi wohnt.“

Mit diesem Instinkt hat Johannes Paul II. die Frage der Frauenordination ein für alle Mal entschieden. Eine unfehlbare kirchliche Lehre bleibt aus Prinzip nicht der „eigenen Verantwortung vor den Fragen unserer Zeit“ überlassen. Hier liegt ein grundlegendes Missverständnis vor! Newmans Bekehrung lag doch in der Überwindung der subjektiv-evangelikalen Position zugunsten einer auf der Objektivität des Dogmas gegründeten Auffassung des Christentums. „Wahres Christentum erweist sich im Gehorsam und nicht durch einen Bewusstseinszustand.“ Ist nicht gerade in der Auseinandersetzung mit dem Liberalismus Newman ein Zeuge für Bibel- und Traditionstreue und verbindet die Gewissensentscheidung mit der göttlichen Wahrheit?

Warum Energien unnötig mit einer agitatorischen Form des Nachdenkens über das von Jesus nicht eingesetzte Frauenpriestertum vergeuden, zumal auch aufgrund gegenteiliger biblischer und kirchenhistorischer Fakten eine theologische Begründung dafür fehlt?

Vielmehr sind Theologen in ihrer Forschung gefordert, dieser unverrückbaren Wahrheit der fehlenden Vollmacht zur Frauenweihe in ihrer Begründung immer intensiver nachzugehen.

Ich grüße höflich, Johannes Laichner
Pfarrprovisor der Pfarren Roppen, Karres, Karrösten und Mils

Roppen, am Dienstag der Osteroktav 2016


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