Syrien: 'Menschen haben Angst, dass IS zurückkommt'

13. April 2016 in Weltkirche


Nach Rückeroberung von Karjatain bleiben viele Christen skeptisch


Karjetan-München (kath.net/KIN)Nach der Vertreibung des IS aus der syrischen Stadt Karjatain ist ein Mitglied der dort ansässigen Ordensgemeinschaft, Pater Jihad Youssef, skeptisch, dass die Christen schnell in ihre Heimat zurückkehren werden. „Die geflohenen Bewohner – Christen wie Muslime – haben Angst, dass die Terrormiliz zurückkommt. Sie fürchten sich sehr“, erklärte Youssef gegenüber dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“. Noch sei zudem offen, wann das Stadtgebiet wieder von den Bewohnern betreten werden dürfe – es sei nach wie vor militärisches Sperrgebiet. Zudem sei die gesamte Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung komplett zerstört. „Und viele ehemalige Mitbürger leben ja gar nicht mehr in Syrien, sondern sind ins Ausland geflohen“, so Youssef.

Der Pater ist Mitglied der Ordensgemeinschaft, die das Kloster Mar Elian betreut, eines der wichtigsten Wallfahrtzentren Syriens. Als der IS im August 2015 Karjatain eroberte, wurden über 200 christliche Einwohner und Ordensbrüder in Geiselhaft genommen – unter ihnen auch sein Mitbruder Pater Jacques Mourad. Dessen Schicksal hatte auch im Westen eine große Anteilnahme ausgelöst. Mourad gelang im Oktober 2015 die Flucht, mindestens acht Geiseln wurden vom IS getötet.

Die Miliz zerstörte auch den Großteil der Klostergebäude, die zum Teil bis auf das 3. Jahrhundert zurückgehen. Der Zustand sei dramatisch, erklärte Pater Jihad: „Vom archäologischen Teil ist fast nichts mehr da. Von der Kirche stehen nur noch die Mauern. Die islamistischen Milizen haben den Altar zerstört und den Sarkophag des heiligen Elian zertrümmert.“ Eines sei jedoch ein großer Trost für ihn und seine Mitbrüder: „Die Gebeine des Heiligen wurden nicht zerstört oder entwendet, sie sind noch da.“ Nun wolle man ihnen wieder einen würdigen Ort geben. Auch sei die Gemeinschaft fest entschlossen, das Kloster nach und nach wieder aufzubauen – auch wenn dies voraussichtlich viele Jahre dauern werde. „Natürlich hängen wir an dem Kloster. Wir haben viel Arbeit hineingesteckt, um es zu einem Ort des Gebetes zu machen. ,Kirche in Not‘ hat uns dabei entscheidend unterstützt“, sagte Youssef.

Der Wiederaufbau sei auch ein wichtiger Beitrag zum christlich-islamischen Dialog, denn nicht nur Christen, auch viele Muslime seien vor der Eroberung nach Mar Elian gepilgert. Die geistliche Erneuerung sei die eigentliche Triebfeder für ihn und seine Mitbrüder, erklärt Pater Jihad: „Wir hängen nicht an den Steinen. Unser Jerusalem ist im Himmel. Viel entscheidender als der Wiederaufbau des Klosters ist es, die Herzen wieder zu versöhnen.“

„Kirche in Not“ leistet seit Beginn des Syrienkriegs im Jahr 2011 Nothilfe, um das Überleben der Bevölkerung zu sichern. Das Hilfswerk unterstützt Diözesen und Gemeinden zum Beispiel bei der Bereitstellung von Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten oder – wo dies möglich ist – bei der Anmietung von Wohnraum, damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben können. Darüber hinaus unterstützt das Hilfswerk die pastorale Arbeit von Priestern, Ordensleuten und Laien, um die bedrängten christlichen Gemeinden zu stärken.

Um weiter helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden:
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Die zerstörte Klosterkirche von Mar Elian


Foto: Die zerstörte Klosterkirche von Mar Elian (c) KIRCHE IN NOT


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