Papst: Zu 'Amoris laetitita' auch das Exposé von Schönborn lesen

16. April 2016 in Weltkirche


Franziskus äußert sich in "fliegender Pressekonferenz" außer über "Amoris laetitiae" auch über die im Airbus mit ihm mitgereisten syrischen Flüchtlingsfamilien, die Abschottung Europas und das Treffen mit Bernie Sanders


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat an Journalisten appelliert, bei Berichten über sein jüngstes Apostolisches Schreiben "Amoris laetitita" auch das Exposé zu lesen, das Kardinal Christoph Schönborn bei der Pressekonferenz im Vatikan gegeben hatte. Auf die Frage eines Journalisten bei der "fliegenden Pressekonferenz" auf dem Flug von Lesbos nach Rom am Samstagnachmittag, ob das Dokument zum Thema Ehe und Familie "neue Möglichkeiten für wiederverheiratete Geschiedene" eröffnete, sagte der Papst "Ich könnte schon sagen: Ja. Aber das wäre eine zu kurze Antwort. Wenn Sie die Einführung von Kardinal Schönborn, der ein großer Theologe ist, zu dem Text lesen, dann haben Sie die Antwort", so Franziskus laut Radio Vatikan.

Außer über "Amoris laetitiae" ging es in dem Journalistengespräch um die im Airbus mitreisenden Flüchtlinge - drei syrische Familien -, die Abschottung Europas und das Treffen mit Bernie Sanders. Der Papst war dabei noch spürbar unter dem Eindruck seines Besuchs im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos: Er hätte "weinen können" über die dort erlebten Begegnungen.

Franziskus zeigte den Reportern Bilder, die Kinder gemalt und ihm überreicht hatten: "Was wollen die Kinder? Frieden. Denn sie leiden." Auf einem der Bilder ist eine weinende Sonne zu sehen: "Wenn sogar die Sonne schon imstande ist, zu weinen", kommentierte Franziskus, "dann steht uns selbst eine Träne ebenfalls gut an. Ich würde die Waffenhändler dazu einladen, einen Tag dort im Lager zu verbringen". Das wäre für sie "heilsam".

Auf die zwölf mitreisenden syrischen Flüchtlinge, die Muslime sind, angesprochen, versicherte der Papst, das sei "eine rein humanitäre Sache", damit verbinde sich "keinerlei politische Spekulation". Die Idee dazu sei vor einer Woche unter einigen seiner Mitarbeiter im Vatikan aufgekommen, "und ich habe sie sofort akzeptiert". Er habe "gesehen, dass es der Heilige Geist war, der da sprach". Die Aktion sei mit den griechischen und italienischen Behörden abgesprochen.

Franziskus zitiert Mutter Teresa

Franziskus zitierte Mutter Teresa: "Mag sein, dass das nur ein Tropfen ins Meer ist. Aber das Meer ist nach diesem Tropfen nicht mehr dasselbe."

Bei der Auswahl der Flüchtlinge, die mit nach Rom durften, habe er "nicht eine Wahl zwischen Christen und Muslimen getroffen", berichtete Franziskus. "Diese drei Familien hatten ihre Papiere in Ordnung und konnten darum kommen. Auf der Liste standen auch zwei christliche Familien, aber deren Papiere waren nicht in Ordnung. Kein Privileg also." Die zwölf Flüchtlinge, um die sich der Vatikan kümmern will, seien "alle Kinder Gottes".

Zur europäischen Flüchtlingspolitik sagte der Papst: "Ich verstehe die Völker, die eine gewisse Angst spüren. Ich verstehe das. Wir müssen bei der Aufnahme eine große Verantwortung zeigen, und einer der Aspekte besteht darin, wie man diese Menschen integrieren kann." Er wiederholte aber auch, dass er Mauern für "keine Lösung" halte und Brücken weiterführten. "Wir müssen Brücken bauen, aber auf intelligente Weise, mit Dialog und Integration." Europa müsse "dringend eine Politik der Aufnahme, Integration, des Wachstums, der Arbeitsplätze und der Wirtschaftsreformen angehen". All diese Punkte seien "Brücken", die in die Zukunft reichten.

"Europa muss heute wieder die Fähigkeit zur Integration zurückfinden, die es immer hatte." Dass einige "in Europa geborene und aufgewachsene Menschen", "Söhne oder Enkel von Migranten", die Terroranschläge von Paris und Brüssel verübt hätten, zeige aus seiner Sicht, "dass es keine Politik der Integration gegeben hat".

Zum Treffen mit dem demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders sagte Franziskus, dass er am Morgen, als er die Residenz Santa Marta verlassen habe, Sanders getroffen und begrüßt habe. Dieser sei zum Kongress über die Sozialenzyklika "Centesimus annus" nach Rom gekommen.

"Es war eine einfache Begrüßung, es war nicht mehr. Das nennt man Umgangsformen, nicht Einmischung in Politik. Wenn jemand denkt, dass Begrüßen dasselbe ist wie Einmischen in Politik, dann empfehle ich ihm einen Psychiater", sagte Franziskus wörtlich.

Ein weiterer Journalist stellte eine Frage zu "Amoris laetitia", nämlich warum Franziskus das Thema Sakramentenempfang für wiederverheiratete Geschiedene denn in einer Fußnote versteckt habe? Der Papst erläuterte, das habe er getan, "weil es schon in Evangelii Gaudium", also dem programmatischen Apostolischen Schreiben von 2013, gestanden habe. "Einer der letzten Päpste" - gemeint war Benedikt XVI. - "hat, als er vom Konzil sprach, einmal gesagt, es habe eigentlich zwei davon gegeben, das Zweite Vatikanische Konzil und das Konzil der Medien", so Franziskus über die völlig verschiedenen Gewichtungen gewisser Themen.

So werde überhaupt nicht registriert, "dass das mit der Kommunion gar nicht das Hauptproblem von Familie und Kirche" sei. "Wir haben einen Geburtenrückgang, über den man nur weinen kann, Mangel an Arbeitsplätzen und Gehältern, so dass Mama und Papa beide arbeiten müssen, und die Kinder wachsen alleine auf. Das sind die großen Probleme", sagte Franziskus.

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