Wie wird man Gotteskind?

20. April 2016 in Spirituelles


Bibelwissenschaftler de la Potterie SJ (+2003): Übersieht man die entscheidenden Einschränkungen der allgemeinen Gotteskindschaft ‚in verschiedenen Abstufungen‘ und ‚gewissermaßen‘, dann verlässt man die Wahrheiten des katholischen Glaubens.


Rom (kath.net) Wie wird man Gotteskind? Mit dieser Frage beschäftigte sich der im Jahr 2003 verstorbene Jesuit Ignace de la Potterie SJ. Der belgische Theologe hatte als Professor am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom gelehrt und war Konsultor der Glaubenskongregation gewesen. Der Beitrag „Man kommt nicht als Kind Gottes auf die Welt. Man wird es erst“ war von „30Giorni“ 2010 erneut aufgegriffen worden. De la Potterie erläuterte einleitend: „Nach einer weit verbreiteten theologischen Meinung lasse sich aus der Menschwerdung des Sohnes schließen, dass jeder Mensch automatisch als Kind Gottes geboren werde. Jeder Mensch lebe demnach von Anfang an bereits radikal in Christus, ob er es nun weiß oder nicht, ob er es will oder nicht.“ Diese Vorstellung berufe sich sogar auf den hl. Thomas von Aquin, „das Zweite Vatikanische Konzil hat diesen Gedanken in seiner Pastoralkonstitution Gaudium et spes“ (Nr. 22) aufgegriffen, Zitat: „Denn er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt.“ Der Theologe wies dann allerdings darauf hin: „Übersieht man aber in der Aussage der Summa theologiae und in Gaudium et spes die entscheidenden Einschränkungen ‚in verschiedenen Abstufungen‘ und ‚gewissermaßen‘, dann verlässt man die Wahrheiten des katholischen Glaubens.“ Das Zweite Vatikanische Konzil, so erläuterte der Jesuit, „unterscheidet selbst in seiner dogmatischen Konstitution Lumen gentium (Nr. 13) deutlich zwischen der Berufung aller Menschen zum Heil und der tatsächlichen Zugehörigkeit der Gläubigen zur Gemeinschaft Jesu Christi, und folgt damit der Überlieferung der Kirche und der gesamten biblischen Offenbarung“.

Denn „wäre mit der Menschwerdung des Wortes jeder Mensch schon unmittelbar Kind Gottes, spielten die Wahl oder Erwählung und somit der Glaube, die Taufe und die Kirche für das Heil letztlich keine entscheidende Rolle mehr“, so de la Potterie. Vielmehr bestünde die Sendung der Kirche in der Welt „nur darin, allen Menschen das Heil bewusst zu machen, das eigentlich im tiefsten Innersten eines jeden Menschen bereits gegenwärtig sei. Demnach erwerbe jeder Mensch kraft der Menschwerdung des Wortes praktisch automatisch, wenn auch vielleicht unbewusst, das ‚Leben in Christus‘ und erhalte somit kraft seiner Transzendenz als menschliche Person die Heilsfrüchte der von Jesus Christus gewirkten Erlösung. Daher sei er ein sogenannter ‚anonymer Christ‘. Dem widersprach der Theologe im Rückgriff auf einige Theologen und auf deutliche Aussagen im Neuen Testament.

Link zum Artikel in voller Länge: „Man kommt nicht als Kind Gottes auf die Welt. Man wird es erst“.



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