Irak: Patriarch Sako bittet Papst um Besuch der letzten Christen!

20. April 2016 in Weltkirche


Chaldäer-Oberhaupt: Visite wäre für die schwer traumatisierten letzten Christen im Land dringend notwendiges Zeichen der Ermutigung - Unmissverständlich klare Aussagen zu IS, Islam, zur laschen Haltung des Westens zum "Völkermord" an Christen


Wien-Bagdad (kath.net/KAP) Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Sako (Foto) hat seinen Appell an Papst Franziskus bekräftigt, in den Irak zu reisen. Das wäre für die schwer traumatisierten letzten Christen im Land ein so dringend notwendiges Zeichen der Ermutigung, um die Heimat nicht zu verlassen. Zugleich fordert der Patriarch die westliche Staatengemeinschaft mit den USA an der Spitze einmal mehr auf, endlich entschieden militärisch gegen den IS vorzugehen.

In seinem soeben auf Deutsch erschienenen neuen Buch "Marschiert endlich ein!" lässt es der Patriarch nicht an deutlichen Worten missen. "Der sogenannte 'Islamische Staat' ist ein gottloses Ungeheuer, eine Krake, die weiter wächst und längst ihre Fangarme auch in die demokratisch-zivilisierte Welt ausgestreckt hat", schreibt der Patriarch wörtlich und weiter: "Diese Bestien, die solche Verbrechen verüben, haben kein menschliches Bewusstsein mehr und die Würde ihres Daseins verloren. Die Todesmaschinerie der Dschihadisten übertrifft die schlimmsten Albträume."

Es sei empörend, so Sako, dass die Welt weiterhin zu den Morden des IS an Christen, Jesiden und anderen religiösen Minderheiten mehr oder weniger schweigt. "Ein Verbrechen ungeahnten Ausmaßes gegen die Menschlichkeit, ein Völkermord, spielt sich gerade bei uns ab."

Scharfe Kritik übt der Patriarch an den USA, die durch ihren Einmarsch im Irak 2003 und ihre folgende Politik das Land zerstört hätten. Die USA sollten sich zu ihrer "moralischen Pflicht bekennen, sind sie doch für die Entstehung des Chaos in meinem Land eindeutig mitverantwortlich". Wenn man wirklich wollte, könnte man den IS binnen weniger Wochen militärisch besiegen, zeigt sich das chaldäische Kirchenoberhaupt überzeugt. Doch die Stimmen aus den USA, die von einem bis zu 20-jährigen Kampf sprechen, ließen die Interessenslagen unmissverständlich erkennen: Der Fortbestand des IS werde geduldet. Sako: "Die Wahrung gewisser Interessen ist wichtiger als das Überleben der Christen. Ist unsere Auslöschung also schon beschlossene Sache?"

Es gehe um das Überleben der Christen in ihrer Urheimat, so Sako. Er spreche den vor dem IS geflohenen Christen aus Mosul und der Ninive-Ebene ständig Mut zu, dass sie bald wieder in ihre Städte und Dörfer zurückkehren können. "Mit diesem Funken Hoffnung versuche ich meine Gemeinde von der Auswanderung abzuhalten."

Patriarch fordert UNO-Schutztruppe

Neben der Vernichtung des IS brauche es in Folge aber auch eine nachrückende UNO-Schutztruppe, die die Sicherheit der Christen in Mosul und der Ninive-Ebene garantiert, fordert der Patriarch. Nötig sei weiters internationale humanitäre Hilfe, um das verwüstete Land wieder aufzubauen. "Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Wasser- und Stromversorgung, also die gesamte Infrastruktur, werden in einem erbärmlichen Zustand sein", so Sako, mit einem Appell an den Westen: "Lasst uns nicht im Stich! Wir schaffen es nicht alleine."

Auch gegenüber den Muslimen scheut der Patriarch in seinem Buch nicht klare Worte. Er zitiert aus einem eigenen Schreiben, dass er im Sommer 2014 - der IS überrannte damals Mosul und die Ninive-Ebene - an die Muslime des Irak gerichtet hatte: "Wir Christen sind fassungslos und empört, dass kaum jemand von Euch bei der gewaltsamen Vereinnahmung Mosuls und vieler christlicher Ortschaften massiv seine Stimme erhoben hat, um die inhumanen Taten von Daesh (IS, Anm.) im Namen des Islam aufs Schärfste zu verurteilen. Das wäre auch in Eurem ureigensten Interesse! Euer Schweigen führt dazu, dass der Islam zunehmend als Bedrohung des Weltfriedens empfunden wird."

Er wolle fairerweise aber auch betonen, so Sako, dass die schweigende Mehrheit der Muslime gottlob keine kriegerischen Absichten habe sondern einfach ein leben in Ruhe und Sicherheit führen wolle. Nach der IS- Machtübernahme hätten auch Muslime Seite an Seite mit Christen in Bagdad demonstriert, so Sako: "Ein kleines Zeichen der mutigen Solidarität mit ihren verfolgten Nachbarn." Man könne daher wohl von moderaten Muslimen sprechen, nicht aber von einem moderaten Islam.

Kein Verständnis zeigt der chaldäische Patriarch dafür, dass die christlichen Flüchtlinge im Westen keinen privilegierten Status bekommen. So schreibt er wörtlich: "Sehr nachdenklich stimmt mich die Tatsache, dass ausgerechnet in vielen Ländern Europas die Christen gegenüber den Muslimen nicht bevorzugt werden." Die Christen seien aus ihrer Heimat geflohen, wo sie nur als Bürger zweiter Klasse gelten; sie seien von Muslimen vertrieben worden und müssten nun die bittere Erfahrung machen, "dass selbst die Kirche peinlich auf political correctness bedacht ist, die bei den Muslimen nun wirklich keinen Stellenwert hat."

Und der Patriarch fragt weiter: "Hat sich der abendländische Kontinent schon gänzlich vom Christentum verabschiedet? Haben wir nicht mehr den Mut, zu unseren christlichen Wurzeln zu stehen - etwa aus voreilendem Gehorsam in Verbindung mit Angst vor Racheakten?" Dies sei eine "besorgniserregende Schwäche" und werde von Muslimen auch unmittelbar als solche gedeutet, warnt der Patriarch.

kath.net-Buchtipp
Marschiert endlich ein!
Stoppt die Ermordung der Christen im Nahen Osten - Ein Aufschrei aus Bagdad
Von Pia de Simony; Louis Raphaël I. Sako
Taschenbuch, 112 Seiten
2016 Herder, Freiburg
ISBN 978-3-451-34940-9
Preis 15.40 EUR

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Der irakische Patriarch Louis Raphael I. Sako


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