Qual der Wahl. Oder: Wie viele Christen in die Irre geführt werden!

21. Mai 2016 in Kommentar


Einer soll Bundespräsident werden – aber wie entscheidet ein Christ, wer der richtige ist? Oder ist das eh egal? Gastkommentar von Dominik Lechner


Wien (kath.net)
Österreich steht vor der Stichwahl zum Amt des Bundespräsidenten und plötzlich bricht ein Graben auf im Land. Selbst innerhalb von Familien wird wild diskutiert und gestritten, wer denn wählbar sei und wer nicht und warum überhaupt?

Manche behaupten außerdem, das Amt des Bundespräsidenten wäre sowieso unwichtig, denn der Präsident hätte kaum Macht. Aber plötzlich liest man die Verfassung und – was früher nie hinterfragt wurde, denn bislang saßen immer brave Systemerhalter auf diesem Sessel – erkennt man, er hat doch mehr Macht als angenommen. Und das System beginnt sich zu fürchten. Denn da könnte einer gewählt werden, der sich nicht an die ungeschriebenen Regeln hält, sondern an die geschriebene Verfassung und das wäre ja wohl unerhört.

Manche meinen, ein Christ könnte wohl jeden der beiden Kandidaten wählen und der Wiener Kardinal befeuert das auch noch, mit leichter Tendenz nach Links. Er reagiert damit nicht auf die klare Wahlempfehlung einiger seiner katholischen Laienbewegungen, sondern maßregelt implizit seinen Bischofskollegen Andreas Laun, der auf Basis der katholischen Lehre nur einen der beiden Kandidaten als wählbar benannt hat.

Was also soll ein Katholik tun, der versucht nach der Lehre der Kirche zu leben? Sind beide gleich wählbar? Ist es egal, wer Präsident wird? Soll man weiß oder ungültig wählen?

Wenn man ungültig/weiß wählt, dann ist die Stimme wertlos. Dann haben unsere Vorfahren umsonst für unser allgemeines Wahlrecht gekämpft. Dann überlassen wir den radikalen Minderheiten den Platz und die Entscheidung. Dann ist unser demokratisches Recht nichts mehr wert. Dann sind wir zu feige, Farbe zu bekennen und zu unseren Überzeugungen zu stehen oder überhaupt noch Überzeugungen zu haben!

Nein, es ist auch nicht möglich jeden Kandidaten zu wählen, denn das offizielle Lehramt der Kirche sagt in einem lehramtlichen Schreiben der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2002: "In diesem Zusammenhang muss hinzugefügt werden, dass das gut gebildete christliche Gewissen niemandem gestattet, mit der eigenen Stimme die Umsetzung eines politischen Programms zu unterstützen, in dem die grundlegenden Inhalte des Glaubens und der Moral durch alternative oder diesen Inhalten widersprechende Vorschläge umgestoßen werden. Weil der Glaube eine untrennbare Einheit bildet, ist es nicht möglich, auch nur einen seiner Inhalte herauszulösen, ohne der ganzen katholischen Lehre zu schaden. Der politische Einsatz für einen isolierten Aspekt der Soziallehre der Kirche würde der Verantwortung für das Gemeinwohl nicht gerecht. Auch darf der Katholik nicht meinen, anderen die christliche Verpflichtung überlassen zu können, die ihm durch das Evangelium Jesu Christi zukommt, damit die Wahrheit über den Menschen und die Welt verkündet und verwirklicht werde." (Quelle siehe: Homepage des Vatikans).

Auch Kardinäle sind durch lehramtliche Aussagen gebunden – nicht nur Weihbischöfe und insofern argumentiert Bischof Laun klarer und faktenbasiert!

Was spricht gegen Alexander Van der Bellen: Er ist Freimaurer, weil er nie ausgetreten ist und Freimaurer sind eo ipso exkommuniziert! Es ist dafür nicht relevant, ob er vorher Katholik war oder jetzt im Fernsehen erzählt, er will wieder in die Kirche (welche eigentlich?) eintreten, denn durch die Tat selber, nicht erst durch eine magistrale Erklärung, zieht er sich die unüberbrückbare Trennung von der katholischen Kirche zu. Dasselbe gilt für sein Eintreten für die Abtreibung. Das sind zwei fundamentale Trennungsgründe zwischen einem gläubigen Katholiken und Dr. Van der Bellen. Weiters tritt er für das Gendermainstreaming und für die absolute Gleichstellung der Homo-„Ehe“ ein. Er spricht sogar in der letzten TV Diskussion teilweise in gegenderter Form. Papst Franziskus bezeichnet das Genderthema als Ideologie und als „dämonisch“. Der Papst sagt außerdem, dass eine Homopartnerschaft nicht mit der Ehe gleichgestellt werden kann.

Kardinal Schönborn meint dazu, "Eine gute Wahlentscheidung kann sich nicht nur auf Aussagen der Kandidaten zu Kernanliegen der Kirche wie dem Lebensschutz beziehen…“ Nun gibt es allerdings bei Van der Bellen noch viele andere Problemthemen! Er fordert immer wieder den EU Zentralstaat und will damit den Föderalismus noch weiter abschaffen (er ist z.B. gegen das Einstimmigkeitsprinzip in wirtschaftlichen Fragen, das allerdings die Verhandlungspartner zu einem Konsens zwingt und somit verhindert, dass die Kleinen von den Großen überstimmt werden). Er spricht sich für eine verstärkte Umverteilung und damit für weitere Steuererhöhungen aus und untergräbt somit die individuelle Freiheit, die allerdings ein Grundpfeiler der katholischen Soziallehre ist. Van der Bellen will den politischen Konsens, der uns in die derzeitige wirtschaftliche und soziale Misere gebracht hat, weiterhin nicht hinterfragen, obwohl vom Rechnungshof abwärts alle meinen, wir brauchen eine Föderalismus-und Verwaltungsreform. Er ist ein bekennender Linker und steht damit in einer Reihe mit linken Regimen von Venezuela, über Kuba, China und Nordkorea etc. Hat man hier jemals eine Distanzierung von ihm gehört oder eine Verurteilung der, auf der linken Ideologie fußenden massiven Verletzung von Menschenrechten? Van der Bellen hat in seinem vielzitierten Buch geschrieben und kürzlich in einem Fernsehinterview mit Armin Wolff wiederholt, dass man als Politiker durchaus auch manchmal lügen muss und er distanziert sich, trotz Nachfragen des Journalisten, auch nicht vom Aufruf zu kriminellen Aktionen gegen seinen Mitbewerber Norbert Hofer, durch die Sprecherin seines Proponentenkommittees etc. etc.

Was spricht gegen Norbert Hofer? Er ist ein Freiheitlicher. Dieser Partei wird seit Jahren unterstellt, immer wieder mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus zu liebäugeln. Bei manchen Vertretern mag das auch tatsächlich so sein. Aber waren es nicht ÖVP-Mitglieder, die aufgrund einer Fernsehaufnahme in ihrem Partykeller, mit einschlägigen Utensilien, aus der ÖVP ausgeschlossen wurden? War es nicht ein SPÖ-Kanzler Kreisky, der eine Regierung mit ehemaligen SS-Offizieren gründete und waren es nicht hochrangige SPÖ-Politiker, denen eine Nazi-Vergangenheit nachgewiesen wurde und war es nicht dieser SPÖ-Kanzler Kreisky, dem unterstellt wurde, nach dem Motto gelebt zu haben - wer ein Nazi ist, bestimme ich?

Ist Norbert Hofer also ein Freund des Nationalsozialismus? Er hat sich medial immer wieder klar davon distanziert. Aber er trug einmal eine Kornblume am Revers. Diese war tatsächlich das Symbol der antisemitischen Schönererbewegung im 19. Jh. Ritter von Schönerer wurde von Kaiser Franz Joseph sogar degradiert und aus dem Adelsstand ausgestoßen. Außerdem gilt sie als „Preussische Blume“ und als Symbol der nationalen 1848er Revolution in Deutschland und im 20. Jh. war sie angeblich 4 Jahre lang das Symbol der illegalen Nazis in Österreich. Hofer allerdings bezieht sie immer auf die 1848er Revolutionsjahre. Dieses Symbol ist ganz sicher eine Dummheit und in jedem Zusammenhang abzulehnen.

Allerdings sonst findet man nichts, was mit dem christlichen Glauben bei Hofer im Widerspruch wäre und ihn somit von seinem Gegenüber negativ abheben würde. Ja, er ist geschieden und wiederverheiratet – aber Van der Bellen hat erst knapp vor der Wahl überhaupt geheiratet, nach jahrelanger wilder Ehe und ist ebenfalls bereits einmal geschieden. Hofer unterstreicht überall, dass er an Gott glaubt und ihm sein evangelischer Glaube auch sehr wichtig ist. Van der Bellen sagt, er glaube an keinen Gott. Hofer ist, im Gegensatz zu seinem Gegenüber, gegen die Abtreibung und die Euthanasie, er ist gegen die Genderideologie und gegen die Gleichstellung von Homopartnerschaften mit der Ehe.

Er ist für ein föderales Europa der Vaterländer und will die direkte Demokratie durch mehr Volksbefragungen stärken. Er spricht klar gegen einen Austritt aus der EU aber für eine positive Weiterentwicklung, auf Basis des Gedankens der Subsidiarität, der aus der katholischen Soziallehre stammt. Damit entspricht er auch dem paneuropäischen Gründungsgedanken der europäischen Union.

Hofer spricht sich für Steuersenkungen und eine Reform des österreichischen Föderalismus aus, aber gleichzeitig für die Beibehaltung der Bundesländer, der Landtage und der Landesregierungen. Auch das stärkt die individuelle Freiheit und die subsidiäre Mitbestimmung in unserem Land und in Europa.

Man unterstellt Hofer, er würde gegen Ausländer hetzen aber man findet nur Aussagen wo er meint, sie müssten sich an die Gesetze unseres Landes halten und er sei nur für die Aufnahme von wirklichen Kriegsflüchtlingen. Wirtschaftsflüchtlinge hätten jederzeit die Möglichkeit über die legale Migration nach Österreich einzuwandern. Eine Linie, die übrigens in vielen Ländern der EU aber auch in den USA, Kanada, Australien, etc. in viel rigoroserer Form bereits gelebt wird.

Man könnte endlos fortsetzen, aber ich denke das Bild wird klar: Hier wird von linker Seite, die sich immer auf die Fahne schreibt, eigentlich friedensbewegt das Land einen zu wollen, die angeblich gegen die „Spalter“ und „Polarisierer“ auftritt, ein Feindbild geschaffen und mit großer medialer Unterstützung auch in alle Welt transportiert. Wir hatten das schon einmal unter Waldheim. Auch damals gab es keine Belege für all diese wilden Vorwürfe aber sie wurden so lange in die Hirne der Bevölkerung eingehämmert, bis alle verrückt wurden – nach dem Motto „wenn man mit viel Dreck schmeißt, dann wird schon etwas hängen bleiben!“

Nein, es ist nicht irrelevant, wen man als Katholik wählt und nein, man darf auch, nach kirchlicher Lehre, nicht jedem seine Stimme geben. Man muss vielmehr eine Abwägung treffen, wer den Werten der katholischen Lehre entspricht und wer ihr, in fundamentalen Fragen widerspricht. Ich denke, das ist diesmal gar nicht so schwer.

Beide Präsidentschaftskandidaten erläuterten gegenüber kath.net bereits ihre Positionen: WAHL 2016 in Österreich - Hofer gegen Van der Bellen.






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