Wider die Versuchung einer ‚Spiritualität des Spiegels’

7. Juni 2016 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Die Batterie des Christen, um Licht zu machen, ist das Gebet. Licht und Salz sind nicht für sich selbst da, sondern um den anderen gegeben zu werden. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Licht und Salz – das Tagesevangelium stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Papst Franziskus in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Dienstag der zehnten Woche:

„Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Mt 5,13-16).

Jesus, so der Papst, spreche immer mit einfachen Worten, mit einfachen Vergleichen, um es allen zu ermöglichen, die Botschaft zu begreifen. Aus diesem Grund erkläre der Herr, dass der Christ Licht und Salz sein müsse. Keines dieser beiden Dinge sei für sich selbst: „Das Licht dient dazu, einen anderen zu erleuchten, das Salz dazu, dem anderen Geschmack zu verleihen, es zu bewahren“.

„Wie aber kann es dem Christen gelingen, dass weder Salz noch Licht fehlen“, fragte sich Franziskus. „Wie kann es gelingen, dass das Öl nicht fehlt, um die Lampen anzuzünden?“:

„Was ist die Batterie des Christen, um Licht zu machen? Einfach: das Gebet. Du kannst so vieles tun, so viele Werke, auch Werke der Barmherzigkeit, du kannst viel Großes für die Kirche tun und schaffen – eine katholische Universität, ein Kolleg, ein Krankenhaus... –, und vielleicht werden sie dir als Wohltäter der Kirche ein Denkmal setzen. Doch wenn du nicht betest, dann wird das alles etwas finster oder dunkel sein. Wie viele Werke werden doch dunkel aufgrund mangelnden Lichts, aufgrund des mangelnden Gebets! Das, was aufrechterhält, was dem christlichen Licht Leben verleiht, das, was erleuchtet ist – das Gebet“.

Das Gebet müsse ernsthaft sein, „das Gebet der Anbetung des Vaters, des Lobpreises der Dreifaltigkeit, das Dankgebet, auch jenes Gebet, beim dem man den Herrn um etwas bittet. Aber: das Gebet muss aus dem Herzen kommen“.

So sei das Gebet das Öl, „es ist die Batterie, die dem Licht Leben schenkt“. Auch das Salz würze nicht sich selbst:

„Das Salz wird Salz, wenn man es gibt. Und das ist eine weitere Haltung des Christen: das sich Geben. Dem Leben der anderen Geschmack geben, vielen Dingen mit der Botschaft des Evangeliums Geschmack geben. Sich geben. Nicht sich selbst bewahren. Das Salz ist nicht für den Christen, es dient dazu, gegeben zu werden. Der Christ hat es, um es zu geben, er ist Salz, um sich zu geben, aber er ist nicht für sich selbst. Beides – und das ist bedenkenswert – Licht und Salz sind für die anderen. Das Licht erleuchtet nicht sich selbst. Das Salz würzt nicht sich selbst“.

Gewiss könne man sich die Frage stellen, wie lange das Salz und das Licht halten würden, wenn wir sie beständig und ohne Unterlass gäben. An diesem Punkt komme die Kraft Gottes ins Spiel, denn: „Dem Christen wird das Salz von Gott in der Taufe geschenkt. Es ist so etwas, das dir zum Geschenk gemacht wurde und dir weiterhin geschenkt werden wird, wenn du es gibst, wenn du erleuchtest und gibst. Und es geht nie aus“.

Der Papst verwies darauf, dass genau dies in der ersten Lesung aus dem ersten Buch der Könige zu sehen sei (1 Kön 17,7-16). Der Witwe von Sarepta, die dem Propheten Elija vertraue, mangle es nicht an Mehl und Öl: „Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet“ (V. 14).

Abschließend widmete Franziskus seinen Blick dem Leben des Christen von heute und warnte:

„Erleuchte mit deinem Licht, aber hüte dich vor der Versuchung, dich selbst zu erleuchten. Das ist etwas Hässliches, das ist ein wenig so wie die ‚Spiritualität des Spiegels’: ich erleuchte mich selbst. Hüte dich vor der Versuchung, dich um dich selbst zu kümmern. Sei Licht, um zu erleuchten, sei Salz, um Geschmack zu geben und zu bewahren“.

Salz und Licht also „sind nicht für sich selbst da, sie sind dazu da, den anderen in guten Werken gegeben zu werden“:

„So leuchte euer Licht vor den Menschen. Warum? Damit sie eure guten Werke sehen und unseren Vater im Himmel preisen. Das heißt: zu dem zurückkehren, der dir das Licht geschenkt und das Salz gegeben hat. Der Herr helfe uns dabei, immer für das Licht Sorge zu tragen, es nicht zu verbergen, es in der Wirklichkeit umzusetzen. Und die rechte Quantität Salz geben, das, was notwendig ist, aber: es geben. Denn so vermehrt es sich. Das sind die guten Werke des Christen“.

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Bild: © L’Osservatore Romano



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