Die Heilung des Blinden

15. Juni 2016 in Aktuelles


Franziskus: Jesus im Bedürftigen erkennen und lernen, was es bedeutet, von ihm geliebt zu sein. Das Licht der Barmherzigkeit. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß ein Blinder an der Straße und bettelte. Er hörte, dass viele Menschen vorbeigingen, und fragte: Was hat das zu bedeuten? Man sagte ihm: Jesus von Nazaret geht vorüber. Da rief er: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Die Leute, die vorausgingen, wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich herführen. Als der Mann vor ihm stand, fragte ihn Jesus: Was soll ich dir tun? Er antwortete: Herr, ich möchte wieder sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Du sollst wieder sehen. Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen. Da pries er Gott und folgte Jesus. Und alle Leute, die das gesehen hatten, lobten Gott“ (Lk 18,35-43).

Der Bericht vom Zeichen der Heilung des Blinden von Jericho stand im Mittelpunkt der Katechese von Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz vor rund 35.000 Pilgern und Besuchern.

In den Evangelien sei immer wieder zu hören, wie Jesus seine Barmherzigkeit allen schenke, denen er begegne. Christus rufe die Menschen, er sammle, heile und erleuchte sie und schaffe auf diese Weise ein neues Volk, das die Wunder seiner barmherzigen Liebe feiere.

Eben dies werde unter anderem bei der Heilung des Blinden von Jericho deutlich. Der Blinde gehöre zu den Bedürftigen und an den Rand Gedrängten, denen die Gläubigen schon nach dem Gesetz des Mose zu helfen verpflichtet seien. Doch, so merkte der Papst an, oftmals fühlten wir uns belästigt, wenn wir Menschen auf der Straße sähen, Bedürftige, Kranke, Menschen, die nichts zu essen hätten: „Wie oft ist es uns doch lästig, wenn wir vor den vielen Flüchtlingen und Vertriebenen stehen. Das ist eine Versuchung, die wir haben. Wir alle, auch ich!“. Aus diesem Grund mahne das Wort Gottes und rufe uns in Erinnerung, dass Gleichgültigkeit und Feindseligkeit „blind und taub machen“. Sie verhinderten es, die Brüder und Schwestern zu sehen und in ihnen den Herrn zu erkennen. Bisweilen würden aus dieser Gleichgültigkeit und Feindseligkeit Aggression und Beleidigung: „Jagt sie doch weg, die da! Tut sie woanders hin“. Diese Aggression komme dem gleich, was die Leute im Bericht des Evangeliums getan hätten: „Die Leute, die vorausgingen, wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen“.

Der Evangelist Lukas bringe in der Episode ein interessantes Detail. Jemand erkläre dem Blinden den Grund für den Volksauflauf. Er sage: „Jesus von Nazaret geht vorüber“. Es klinge hier der Vorübergang des Herrn im Buch Exodus an, das Pascha des Alten Bundes, das für Israel den Beginn der Befreiung bedeutet habe. Der Blinde erkenne im Glauben Jesus als den Sohn Davids, den Messias, der nach Jesaja den Blinden die Augen öffne.

Es komme zu einem zweifachen Vorübergang: zuerst hätten die Leute dem Blinden die frohe Botschaft mitgeteilt, „doch sie wollten nichts mit ihm zu tun haben“. Jetzt zwinge sie Jesus, sich bewusst zu werden, dass die frohe Botschaft es einschließe, den Ausgeschlossenen in den Mittelpunkt des eigenen Weges zu stellen. Zweitens öffne der Glaube dem Blinden den Weg des Heils.

Jesus hole also den Blinden vom Rand weg und stelle ihn in die Mitte der Aufmerksamkeit der Menschen. Der geheilte Blinde „wird zu einer Botschaft der Barmherzigkeit“, die den Menschen die Augen dafür öffne, dass sie in der Zuwendung zu den Bedürftigen Jesus finden und echte Gemeinschaft haben könnten. Sie lernten zu sehen, was es für ein Geschenk sei, von Jesus geliebt zu sein. So geschehe ein zweites Wunder. Dasselbe Licht erleuchte alle und vereine sie im Gebet und im Lobpreis.


Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich grüße ich die Brüder und Schwestern deutscher Sprache, insbesondere die Pilger aus dem Bistum Trier mit ihrem Bischof Ackermann und mit Weihbischof Brahm. Ich wünsche euch, dass euer Aufenthalt in Rom euren Glauben stärke und die Erfahrung brüderlicher Liebe vertiefe. Der Herr segne euch und eure Familien.

Video der Generalaudienz



© 2016 www.kath.net