Türkei: Wieder kein Urteil gegen mutmaßliche Christenmörder

30. Juni 2016 in Weltkirche


Witwe des ermordeten deutschen Theologen: Sie wäre überrascht, wenn es nach neun Jahren noch zu einem fairen Urteil kommen würde - „Ich glaube nur noch an Gottes gerechtes Urteil“


Malatya (kath.net/idea) Im Prozess gegen mutmaßliche Christenmörder in der Türkei ist erneut kein Urteil gesprochen worden. Am 18. April 2007 hatten muslimische Extremisten den deutschen Theologen Tilmann Geske sowie die einheimischen Christen Ugur Yüksel und Necati Aydin in der osttürkischen Stadt Malatya umgebracht. Alle drei arbeiteten im christlichen Zirve-Verlag. Die Täter hatten sie gefoltert und ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Die Polizei nahm fünf mutmaßliche Mörder noch am Tatort fest. Angeklagt sind auch weitere Tatverdächtige, denen Unterstützung und Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird. Das Verwaltungsgericht in Malatya hatte im Vorfeld angekündigt, dass beim 114. Verhandlungstag am 28. Juni ein Urteil gesprochen werden sollte. Stattdessen wurde nun als neuer Termin für die Verkündung der 28. September genannt. Laut einem Bericht des Informationsdienstes „Bonner Querschnitte“ sagte die Witwe Tilmann Geskes, Susanne Geske, dass sie nicht mehr an Gerechtigkeit in der Türkei glaube. Sie wäre überrascht, wenn es nach neun Jahren zu einem fairen Urteil kommen würde: „Ich glaube nur noch an Gottes gerechtes Urteil.“

„Bonner Querschnitte“: Christen in der Türkei sind ernüchtert

Der Anwalt Ali Koç meinte, dass viel zu wenig unternommen worden sei, um mögliche Anstifter zu finden: „Die neun Jahre der Gerichtsverhandlung sind aus der Sicht von Wahrheitsfindung und Gerechtigkeit eine große Null.“ Wie der Informationsdienst unter Berufung auf Gespräche mit Protestanten in Istanbul ferner mitteilte, sind in der Türkei lebende Christen enttäuscht über den Verlauf des Prozesses. Man müsse annehmen, dass die wirklichen Hintermänner offenbar nicht herausgefunden und zur Rechenschaft gezogen werden sollten.

Laut der Tageszeitung „Die Welt“ (Berlin) zeigt der „so lange ungesühnte Mord“, wie es um die Religionsfreiheit in der Türkei allzu oft bestellt sei. Denn trotz klarer Beweislage gebe es bis heute kein Urteil.

Die Türkei hat rund 75 Millionen Einwohner, von denen 95 Prozent Muslime sind. Die Zahl der Christen liegt bei 120.000. Von den 3.000 bis 5.000 evangelischen Christen hat die Mehrheit einen muslimischen Hintergrund.


© 2016 www.kath.net