Ein Burka-Verbot schränkt die Religionsfreiheit nicht ein

22. August 2016 in Kommentar


Im Koran wird eine Vollverschleierung nicht gefordert. Millionen muslimischer Frauen tragen keine Burka, obwohl sie sich dem Islam eng verbunden wisse. idea-Kommentar von Elisabeth Motschmann


Berlin (kath.net/idea) Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und seine Unionskollegen aus den Ländern haben am 19. August in Berlin einen gemeinsamen Forderungskatalog zur inneren Sicherheit vorgelegt. Von Plänen, muslimischen Frauen die Vollverschleierung (Burka) zu verbieten, rückten sie in ihrer „Berliner Erklärung“ allerdings ab. Dazu ein Kommentar von Elisabeth Motschmann.

Ist der Verfassungsgrundsatz der Religionsfreiheit durch ein Verbot der Burka berührt? Nein, das ist er nicht. Denn das wäre nur dann der Fall, wenn die Vollverschleierung für Frauen unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung des muslimischen Glaubens wäre. Im Koran wird eine Vollverschleierung aber gar nicht gefordert. Im Koran steht nur, eine gläubige Frau solle „ihre Blicke niederschlagen“ und „ihren Schleier über ihren Busen schlagen“. Die entscheidende Stelle findet man in Sure 24.

Millionen muslimischer Frauen tragen keine Burka

Die Verfechter der Burka behaupten, die Vollverschleierung der Frau sei ein Gebot der Scharia. Die Scharia ist aber kein Buch wie der Koran. Sie ist die Überlieferung bestimmter Pflichten und Verbote, die das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft prägen. Das reicht vom Familienund Erbrecht über Speisegebote bis hin zum Straf- und Kriegsrecht. Die Scharia enthält Texte aus dem Koran, Überlieferungen über Mohammed (Hadithen) und Texte großer islamischer Lehrer. Um Glaubensfragen im engeren Sinne kümmert sich die Scharia allerdings nicht. In der islamischen Welt ist die Verbindlichkeit dieser Aussagen zudem umstritten. Das sieht man in der Praxis auch daran, dass Millionen muslimischer Frauen keine Burka tragen und sich trotzdem dem Islam eng verbunden wissen.

Die Vollverschleierung verletzt die Rechte der Frauen

Die Burka ist also in erster Linie Ausdruck einer gesellschaftspolitischen Überzeugung und nicht einer religiösen. Sie ist gerichtet gegen westliche Werte. Und gegen eine offene, freiheitliche Gesellschaft. Sie verletzt dabei demokratische Prinzipien und die Rechte der Frauen. Wer behauptet, das Verbot der Vollverschleierung diene vor allem unserer Sicherheit, argumentiert allerdings am eigentlichen Problem vorbei. Zwar mag das subjektive Sicherheitsempfinden vieler Menschen größer sein, wenn sie keinen vollverschleierten Frauen begegnen. Tatsächlich aber ist unsere Sicherheit von Burka-Trägerinnen natürlich nicht mehr gefährdet als sonst.

... und schafft eine Barriere zur Außenwelt

Das eigentliche Problem ist ein anderes. Die Burka schafft eine Barriere zur Außenwelt. Sie schränkt die Berufswahl und Berufsausübung von Frauen ein. Dadurch erweist sie sich als Integrationsbremse und schafft eine Parallelgesellschaft, die niemand will. Frankreich, Belgien und die Niederlande haben das Tragen der Burka schon vor einigen Jahren gesetzlich verboten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Verbot im Jahr 2014 noch einmal bestätigt. Denn die Vollverschleierung ist mit den Mindestanforderungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht vereinbar.

Warum ein Burka-Verbot muslimische Migranten integrieren würde
Das finden übrigens auch Muslime selbst. Der Islam-Wissenschaftler Professor Bassam Tibi meint: „Ich befürworte als europäischer Muslim ein Verbot der Burka mit dem Argument, dass diese Maßnahme nicht im Widerspruch zum Respekt für einen offenen, demokratischen Islam steht.“ Genau wie Bassam Tibi glaube ich: Ein Burka-Verbot im öffentlichen Leben, insbesondere in Behörden und Schulen, ist eine kluge politische Maßnahme gegen Abschottung und Parallelgesellschaften. Es integriert muslimische Migranten im Sinne einer Inklusion und grenzt sie nicht schon optisch aus.

Die Autorin, Elisabeth Motschmann, ist Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU in Bremen.


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