Schipka: Kirche bei Terror- und Gewaltprävention sehr engagiert

8. September 2016 in Interview


Generalsekretär der Bischofskonferenz warnt davor, nach Anschlägen durch islamische Terroristen Religionskrieg heraufzubeschwören - Priestermord war eine neue Botschaft: "auch in Europa kann Christ-Sein, Priester-Sein lebensgefährlich sein"


Wien (kath.net/KAP) "Das wirksamste Mittel gegen Terroranschläge sind menschliche Beziehungen, Freundschaften, ein offenes, verständnisvolles Miteinander. Und dazu gehört auch die Akzeptanz von Religion in der Öffentlichkeit." Das hat Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, im "Kathpress"-Interview betont. Er äußerte sich im Anschluss an eine Podiumsdiskussion zum Thema "Interreligiöser Dialog", zu der das Innenministerium am Dienstagnachmittag geladen hatte. Dabei hob der Generalsekretär hervor, auf wie vielfältige Weise die Kirche hinsichtlich der Terror- und Gewaltprävention engagiert ist.

Die Terroranschläge der vergangenen Monate hätten ihn sehr betroffen gemacht, so Schipka. Ein besondere Note habe dabei die Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel gehabt. Schipka: "Das war für viele noch einmal eine neue Botschaft, die lautet: auch in Europa, kann Christ-Sein, Priester-Sein lebensgefährlich sein, nicht nur im Irak, in Syrien, in Ägypten oder in Pakistan."

Beeindruckend sei aber die Reaktion der Kirche auf diesen Mord gewesen. Allen voran hätten Papst Franziskus oder auch Kardinal Christoph Schönborn betont, dass Hass und Fanatismus nicht durch noch mehr Hass und Fanatismus besiegt werden könnten, "sondern mit der christlichen Botschaft der Barmherzigkeit, der Vergebung, der Liebe". Nachsatz: "Auch, wenn es manchmal schwerfällt." Und das gelte auch für die Kriminellen, die das Leben des Priesters auf dem Gewissen haben.

Kein Religionskrieg

Eindringlich warnte Schipka davor, einen "Religionskrieg" heraufzubeschwören. Dem habe schon Papst Franziskus eine klare Absage erteilt. "Es handelt sich um Kriminelle, vielleicht sogar um eine Art Krieg. Aber wer meint, dass es ein Religionskrieg sei, der macht sich ungewollt zu Handlangern der Kriminellen. Denn genau das wollten sie erreichen."

An der in dieser Form erstmals stattgefundenen, nicht presseöffentlichen Veranstaltung im Innenministerium nahmen neben Schipka auch der lutherische Bischof Michael Bünker, Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ibrahim Olgun, Riza Sari von der Alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und Salem Hassan, Präsident der Islamisch-Schiitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, teil. Eröffnet wurde die Veranstaltung, hinter der maßgeblich das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung stand, von Innenminister Wolfgang Sobotka.

Der Gewalt den Boden entziehen

Schipka legte gegenüber "Kathpress" eine Reihe von Initiativen bzw. Beispielen dar, mit denen sich die Kirche bemühe, den Dialog der Religionen zu fördern und präventiv gegen jede Form von religiös motivierter Gewalt zu wirken. So bilde beispielsweise die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien-Krems nicht nur seit vielen Jahren katholische, evangelische und orthodoxe Religionslehrer in gemeinsamer Verantwortung aus, sondern sie werde in Zukunft auch islamische und jüdische Religionslehrer ausbilden. Das sei ein "Leuchtturmprojekt gelungener Kooperation".

Als ein "ganz entscheidendes Element der Prävention" nannte Schipka den verpflichtenden konfessionellen Religionsunterricht. Hier lernten Religionsangehörige schon als Kinder, "dass sie in ihrer Religion vom Staat respektiert sind, dass der Staat Religion nicht als Bedrohung sieht, sondern ganz im Gegenteil: dass Religion ein zentraler Teil des Menschen ist". Der Staat zeige durch die Ermöglichung des Religionsunterrichts, dass er ein Interesse daran habe, "dass Menschen ihre Religion kennen und damit auch gegen Verführer, die Religion missbrauchen wollen, gewappnet sind".

Weiters hob der Generalsekretär der Bischofskonferenz die Basisarbeit für und mit Flüchtlingen in den rund 3.000 katholischen Pfarrgemeinden in Österreich hervor. "Es entstehen Freundschaften den Zugewanderten gegenüber. Deutschkurse werden organisiert und gehalten, Ausflüge veranstaltet und Freizeit miteinander verbracht. Unsere Pfarrgemeinden, die unzähligen freiwilligen Katholiken, geben den Menschen das Gefühl, dass sie hier willkommen sind, dass sie als Menschen geachtet werden."

Ein weiteres gelungenes Beispiel der Kooperation von Religion und Staat: Die Theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten. Diese Fakultäten seien Orte des freien interdisziplinären Gesprächs über zentrale Fragen des Zusammenlebens. Durch ihre Verankerung in der jeweiligen Kirche bzw. Religionsgesellschaft erhalte die dort praktizierte Lehre und Forschung eine hohe Verbindlichkeit im öffentlichen Diskurs, so Schipka: "Wo sich Vernunft und Glauben verbinden, wird der Gewalt der Boden entzogen."

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