'Ich mache mir manchmal Sorgen, wenn ich Sätze höre wie…'

6. Oktober 2016 in Weltkirche


Leseprobe 3 aus der Neuerscheinung: Kardinal Müller, „Die Botschaft der Hoffnung“


Vatikan (kath.net) Der hl. Augustinus von Hippo hat die Lehre über die Hoffnung folgendermaßen zusammengefasst: „Ein Leben ohne Hoffnung ist traurig; noch trauriger ist es allerdings, mit einer Hoffnung ohne Fundament zu leben“. Was ist das Fundament der christlichen Hoffnung?

Die Hoffnung gibt uns nicht nur ein neues, hehres Ziel, damit wir kämpfen, um es zu erreichen. Das war die Logik der Stoiker. Sie vertraten eine Art von „Buße“, die in einer „Selbst-Beschuldigung“ wegen mangelnder Vollkommenheit bestand und daher im Aufruf zu ständig neuen Herausforderungen und Mühen. De facto war es die Idee eines einsamen und im vollen Wortsinn „gnadenlosen“ Menschen, der ständig kämpfen musste, um seine Vollkommenheit zu erlangen.

Die christliche Auffassung von Hoffnung geht von der Überzeugung aus, dass wir mit göttlicher Unterstützung rechnen können, um unser Ziel zu erreichen. Obwohl wir das nicht verdienen. Obwohl wir zerbrechlich sind und es verdient hätten, mit dieser Hilfe nicht rechnen zu dürfen. „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe“ (Joh 21,17): Diese Aussage des hl. Petrus, als er sich vom Herrn barmherzig betrachtet weiß, ist eine Zusammenfassung seines ganzes Lebens und ebenfalls der Ausdruck seines Vertrauens in den, der sein Leben für ihn hingegeben hat.

Gott offenbart sich nicht nur als Ziel des Weges, sondern auch als Weg. Er lädt uns ein, zu Ihm zu kommen, nicht weil wir dies auf uns allein gestellt und mit unseren eigenen Kräften erreichen könnten, sondern weil Er uns seine Unterstützung auf diesem Weg anbietet. Christus, wie der hl. Augustinus sagte, ist zugleich die Heimat und der Weg dorthin: „Hoch liegt das Vaterland, niedrig ist der Weg dahin. Das Vaterland ist das Leben Christi, der Weg ist der Tod Christi. Das Vaterland ist die bleibende Wohnung Christi, der Weg ist das Leiden Christi. Wer den Weg verschmäht, was sucht der das Vaterland?“ (In Ioan. 28,5 BKV).

Christus ist das Fundament der christlichen Hoffnung. Durch die Menschwerdung hat Christus alles Menschliche auf sich genommen und es verwandelt. Seine auferstandene Menschlichkeit hat unsere ganze Hoffnung begründet: Von ihr können wir leben; an ihr können wir schon jetzt Anteil haben; aus ihr keimt die Möglichkeit unserer vollständigen Verwandlung in Ihn, während wir noch auf Erden pilgern.

Meiner Ansicht nach laufen wir im Dialog mit unserer weitgehend säkularisierten Welt Gefahr, das Christentum nur als Wertesystem darzustellen und das Wesentliche zu verbergen: die Hoffnung in den, der Schmerz, Sünde und Tod überwunden hat. Ich mache mir manchmal Sorgen, wenn ich Sätze höre wie „Ein Christ hofft immer“ oder „Ein Christ glaubt immer“. Ich denke, dass wir diese großen Worte nicht aus ihrer Verankerung in der Person, in ihrem Fundament, lösen dürfen. Wir sollten eher sagen: „Ein Christ hat stets die Hoffnung Christi“ bzw. „Ein Christ hat stets den Glauben an Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist“. Ohne die konkrete Person Jesu reduziert sich das Christentum auf eine Philosophie, auf eine Weltanschauung wie viele andere, die das ausschlaggebende Ereignis der Menschheit in eine simple soziologische Angabe einschließt. Aber nur eine Person kann zum Menschen als Person passen: Christus ist unsere Hoffnung; Er ist der einzige Vermittler zwischen dem einen Gott und der Vielzahl der Menschen. Nur durch ihre Verankerung in Christus werden die Stützen, die wir zur Verwirklichung unserer Hoffnung brauchen, wirklich standfest sein.

kath.net-Buchtipp
Die Botschaft der Hoffnung
Gedanken über den Kern der christlichen Botschaft
Von Gerhard L. Müller
Sonstiger Urheber Carlos Granados; Übersetzt von Franziska Dörr
Hardcover, 288 Seiten
2016 Herder, Freiburg
ISBN 978-3-451-38888-0
Preis 25.70 EUR

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