Volker Kauder kritisiert Bericht zur Lage der Religionsfreiheit

24. September 2016 in Deutschland


Deutscher Bundestag diskutierte über ein Dokument der Bundesregierung


Berlin (kath.net/idea) Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat den ersten Bericht der Bundesregierung zur Lage der weltweiten Religions- und Weltanschauungsfreiheit kritisiert. Das 72-seitige Dokument wurde am 23. September in Berlin im Deutschen Bundestag diskutiert. Es entstand unter Federführung des von Frank-Walter Steinmeier (SPD) geleiteten Außenministeriums. Dem Bericht zufolge sind Menschen weltweit in der Ausübung ihres Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit sehr eingeschränkt. Insbesondere religiöse Minderheiten seien Diskriminierungen und Gewalt ausgesetzt. Kauder bezeichnete es als „problematisch“, dass der Bericht keine Länderberichte enthalte und wichtige Informationen vergessen habe. So finde man „fast nichts“ darüber, dass weltweit mindestens 100 Millionen Christen verfolgt werden. Kein einziges Wort gebe über ihre Situation in Pakistan Auskunft. Auch die Erhebungen der christlichen Hilfsorganisation „Open Doors“ (Kelkheim bei Frankfurt am Main) zur Christenverfolgung weltweit würden nicht erwähnt. Kauder zufolge ist der Religionswechsel zunehmend Anlass für Verfolgung. Dies sei besonders in islamischen Staaten der Fall – selbst dann, wenn in deren Verfassung die Religionsfreiheit garantiert sei.

Gregor Gysi (Die Linke): Gott sei Dank wird die AfD nicht an die Macht kommen

Der Abgeordnete Gregor Gysi (Die Linke) erinnerte daran, dass Europa die christliche Religion in der Vergangenheit gewaltsam durchgesetzt habe. Aktuell komme es verstärkt zur barbarischen Verfolgung von Christen. In Europa würden zudem Muslime diskriminiert. Allerdings werde der Islam auch von Extremisten missbraucht. Dagegen müsse man entschieden vorgehen. Er wünsche sich, dass islamische Vertreter sich klar von extremistischer Gewalt distanzierten. Gysi äußerte sich auch zur AfD. Sie lehne den Islam in Deutschland ab und wolle etwa Minarette, Schleier und Muezzin sowie Spenden aus dem Ausland für den Moscheebau verbieten. Sie verletze damit Artikel 4 des Grundgesetzes, der die Religionsausübung gewährleiste. Wenn die AfD an die Macht käme, müsse sie diesen Artikel streichen oder das Bundesverfassungsgericht abschaffen, so Gysi: „Als nichtreligiöser Mensch sage ich ihnen: ‚Gott sei Dank wird die AfD diesen Einfluss nicht bekommen.‘“

Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen): Die Freiheit der Andersgläubigen ist in Gefahr

Der religionspolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, bezeichnete Religionsfreiheit als „die Freiheit der Andersgläubigen“. Sie sei weltweit in Gefahr. Jede Religion sei irgendwo auf der Welt in der Minderheit und dann darauf angewiesen, von der Mehrheit respektiert zu werden. Bei vermeintlichen Religionskonflikten handle es sich häufig um Verteilungskonflikte oder die Auseinandersetzung zwischen Völkern. Man dürfe das Thema nicht für falsche Polarisierungen nutzen. Der Wettbewerb, welche Religion am stärksten verfolgt werde, „sei zum Teil banal“ und bringe nicht weiter. Die Christen seien die größte Religion der Welt. Daher sei es nicht erstaunlich, dass sie auch die am stärksten verfolgte Gruppe seien. Man dürfe sich nicht nur um Glaubensgeschwister kümmern, sondern müsse für das generelle Prinzip der Religionsfreiheit streiten.

Frank Schwabe (SPD): Es gibt keinen Kampf zwischen Christentum und Islam

Laut dem menschenrechtspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Schwabe (SPD), sind Christen „zweifellos“ weltweit die am stärksten verfolgte Gruppe. Allerdings seien alle Religionen betroffen. Man müsse daher alle Verfolgungen in den Blick nehmen. Häufig gehe es nicht um religiöse, sondern um machtpolitisch bedingte Diskriminierungen. Es gebe keinen Kampf zwischen Christentum und Islam. Die meisten Auseinandersetzungen fänden innerhalb des Islams statt. Schwabe sprach sich dafür aus, dass in Deutschland Moscheen gebaut werden können. Ein Verbot sei mit der Religionsfreiheit nicht vereinbar. Unzulässig sei es auch, Flüchtlinge mit einer bestimmten Religionszugehörigkeit gegenüber anderen zu bevorzugen.

Erika Steinbach (CDU): Intoleranz nimmt in Deutschland zu

Nach Worten der Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach (CDU) ist die Unterdrückung von Minderheiten in den letzten Jahren gewachsen. Auch in Deutschland sei eine Zunahme der Intoleranz spürbar. In den Flüchtlingsunterkünften gebe es Antisemitismus und eine „unverhohlene Aggressivität“ gegen Jesiden und Christen. Das Konfliktpotenzial sei in Deutschland angekommen und stelle das Land vor erhebliche Herausforderungen. Es gebe „islamistische Versuche, Religion zu missbrauchen“.

Dietmar Nietan (SPD): Keine Gruppe bevorzugen

Der Parlamentarier Dietmar Nietan (SPD) bekundete, er sei als Christ besonders berührt, wenn Schwestern und Brüder verfolgt werden. Allerdings sei ihm jeder Mensch, dessen Würde mit Füßen getreten wird, gleich wichtig. Als „nicht akzeptabel“ bezeichnete Nietan Moscheen, „in denen der Hass gegen die offene Gesellschaft gepredigt wird“. Man dürfe auch nicht schweigen, wenn unter dem Vorwand der Religion die Gleichberechtigung von Mann und Frau verletzt werde. Es sei ebenso falsch, wenn sich eine Frau, die sich vor dem Essen bekreuzige, anhören müsse, dass dies mittelalterlich sei. Laut dem Abgeordneten Heribert Hirte (CDU) kommt Deutschland beim Einsatz für Religionsfreiheit eine Vorbildfunktion zu. Man kämpfe dafür, dass alle religiösen Minderheiten ihren Glauben leben können. Der interreligiöse Dialog öffne dabei Türen, die durch Drohungen und Sanktionen verschlossen blieben. Sorge bereitet Hirte das zunehmende religiöse Desinteresse im eigenen Land: „Immer mehr Menschen können auf den lieben Gott ganz gut verzichten – aber nicht auf das Internet.“

Staatsministerin Böhmer (CDU): Auf Auslandsreisen für Religionsfreiheit einsetzen

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Thomas Silberhorn (CSU), sagte, dass drei Viertel aller Menschen in Ländern leben, in denen die Religionsfreiheit eingeschränkt ist. Das Entwicklungsministerium fördere den interreligiösen Dialog, etwa auf den Philippinen, in Ägypten, im Tschad und in Jordanien. Man unterstütze zudem zahlreiche Aktivitäten von kirchlichen Hilfswerken. Laut der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Prof. Maria Böhmer (CDU), wird die Religionsfreiheit in immer mehr Staaten anerkannt. Die Wirklichkeit sehe allerdings oft dramatisch anders aus. Das Auswärtige Amt setze sich diplomatisch für Menschen ein, die aus religiösen Gründen vom Tode bedroht seien. Hilfreich sei es zudem, wenn sich Bundestagsabgeordnete auf ihren Auslandsreisen für Religionsfreiheit aussprächen. International ist das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert.


© 2016 www.kath.net