Warum die Deutschen so wenig Kinder bekommen

21. Oktober 2016 in Familie


Bürger sehen als Hauptgründe die Kosten sowie Streben nach Freiheit und Karriere


Hamburg (kath.net/idea) In Deutschland bekommt jede Frau im gebärfähigen Alter statistisch gesehen 1,47 Kinder. Die Bundesrepublik liegt damit im EU-Vergleich nur auf Platz 17 – deutlich hinter Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Schweden. Nach Meinung der Deutschen sind die Hauptgründe dafür, dass die Kosten zu hoch sind, Nachwuchs der eigenen Freiheit im Wege steht oder die Karriere wichtiger ist. Das ergab eine Untersuchung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen (Hamburg), für die über 2.000 Personen repräsentativ in persönlichen Interviews befragt wurden. Demnach sind 63 Prozent der Befragten der Auffassung, dass Kinder „(zu viel) Geld“ kosten. Zum Vergleich: Vor fünf Jahre sagten dies noch 55 Prozent.

Laut der jetzigen Studie sind 61 Prozent der Ansicht, dass Deutsche deshalb keine Familie gründen, weil sie lieber frei und unabhängig sein wollen (2011: 60 Prozent). 55 Prozent nennen den Vorrang der Karriere (2011: 51 Prozent) und 51 Prozent meinen, dass der berufliche Erfolg schlecht mit der Familie vereinbar sei (2011: 48 Prozent). Letzteres sagen mehr Frauen (53 Prozent) als Männer (48 Prozent).

Als weitere Gründe für den Verzicht auf Kinder werden die unsichere Zukunft (46 Prozent), fehlende staatliche Voraussetzungen (z.B. Kitaplätze/41 Prozent) und der fehlende richtige Partner (40 Prozent) genannt.

Am Ende stehen die Angst vor Scheidung und Alleinerziehung (25 Prozent) sowie die Überzeugung, dass Kinder kein erfüllender Lebensinhalt (23 Prozent) seien.

Leiter der Studie: „German Angst“ zeigt sich auch beim Thema Nachwuchs

Der Wissenschaftliche Leiter der Studie, Prof. Ulrich Reinhardt, erklärte: „Die oft zitierte German Angst zeigt sich auch beim Thema Nachwuchs.“ Im Vergleich zur Befragung vor fünf Jahren würden die zunehmenden Sorgen deutlich. Um sie abzubauen, seien sowohl Politik und Wirtschaft als auch die Bürger selbst gefordert. Die Politik müsse weiter konsequent die Rahmenbedingungen für Familiengründungen verbessern. Unternehmen sollten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur theoretisch anbieten, sondern auch praktisch leben, etwa durch mehr Teilzeitstellen oder weniger „Karrierestopps“ durch Elternzeit.

Reinhardt: „Letztendlich aber muss jeder Bürger für sich selber entscheiden, ob bei allen Ängsten und Sorgen, Einschränkungen und Kompromissen, Kinder nicht dennoch zu deutlich mehr Lebensqualität und persönlichem Glück beitragen als Geld, Freiheit oder eine Karriere.“

Es scheine, dass zunehmend mehr Bundesbürger dies genauso sähen: 2015 seien 737.575 Kinder geboren worden – und damit rund zehn Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Zwei von zehn der im vergangenen Jahr geborenen Babys hatten eine Mutter mit ausländischer Staatsangehörigkeit.


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