Der treue Hirt und seine Gewissheit, dass der Herr ihm zur Seite steht

18. Oktober 2016 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: ein guter Hirt folgt allein Jesus, nicht seinem Verlangen nach Macht, Geld und Seilschaften. Die Gewissheit, dass der Herr auch in tiefster Betrübnis zur Seite steht. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die erste Lesung vom Tag aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus (2 Tim 4,10-17b), Fest des heiligen Evangelisten Lukas, stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Papst Franziskus in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“.

Der Papst beschäftigte sich mit dem „Ende der Apostel“, die wie Paulus am Ende ihres Lebens in die Erfahrung kämen, wie einsam sie in den schwierigen Situationen seien. Sie seien nackt, Opfer von verschiedenen Grausamkeiten, verlassen und bäten wie Bettler um etwas für sich:

„Allein, bettelnd, Opfer von Erbitterung, verlassen. Doch es ist der große Paulus, jener Paulus, der die Stimme des Herrn, den Ruf des Herrn vernommen hat! Jener Mann, der von da nach dort gegangen ist, der so viel und so viele Prüfungen ob der Verkündigung des Evangeliums erlitten hat, der die Apostel verstehen lassen hat, dass der Herr will, dass auch die Heiden in die Kirche eintreten, der große Paulus, der im Gebet bis zum Siebten Himmel hinaufgestiegen ist und Dinge gehört hatte, die nie zuvor jemand vernommen hatte: der große Paulus, dort, in jenem kleinen Zimmer in einem Haus in Rom, während er darauf wartet, dass dieser Kampf im Innern der Kirche zwischen den Parteien ein Ende nimmt, zwischen der Starrheit derer, die sich nach dem Judentum ausrichteten, und der ihm treuen Jünger. Und so endet das Leben des großen Paulus, in der tiefen Betrübnis: nicht im Groll und in der Verbitterung, sondern in der inneren Betrübnis“.

Dies sei auch Petrus und Johannes dem Täufer geschehen, der als Gefangener und voller Angst seine Jünger ausschicke, um Jesus zu fragen, ob er der Messias sei. Er sterbe dann enthauptet, dies aufgrund der Laune einer Tänzerin und der Rachsucht einer Ehebrecherin. Auch Maximilian Kolbe, der eine weltweite apostolische Bewegung und viel Großes geschaffen habe, habe dieses Schicksal erlitten und sei in der Zelle eines Konzentrationslagers gestorben. „Wenn der Apostel treu ist“, so Franziskus, „dann erwartet er sich kein anderes Ende als das, das Jesus zuteil wurde“. Der Herr aber bleibe nahe, „er verlässt ihn nicht und bei ihm findet er seine Kraft“. So sterbe Paulus: „das ist das Gesetz des Evangeliums: wenn das Weizenkorn nicht stirbt, dann trägt es keine Frucht“. Dann komme es zur Auferstehung. Ein Theologe der ersten Jahrhunderte habe gesagt, dass das Blut der Märtyrer der Same der Christen sei:

„Auf diese Weise als Märtyrer sterben, als Zeugen Jesu: das ist der Same, der stirbt und Frucht trägt und die Erde mit neuen Christen füllt. Wenn der Hirt so lebt, dann ist er nicht verbittert: vielleicht ist er trostlos und betrübt, doch er hat die Gewissheit, dass der Herr bei ihm ist. Wenn der Hirt sich in seinem Leben um andere Dinge als die Gläubigen gekümmert hat – wenn er zum Beispiel an der Macht hängt, am Geld, an den Seilschaften, an vielen anderen Dingen –, dann wird er am Ende nicht allein sein, vielleicht werden die Neffen da sein, die darauf warten, dass er stirbt, um zu sehen, was sie an sich nehmen können“.

Der Papst beschloss seine Betrachtungen:

„Wenn ich ein Heim für alte Priester besuche, dann finde ich da viele von diesen Tüchtigen, die ihr Leben für die Gläubigen hingegeben haben. Und jetzt sind sie dort, krank, gelähmt, auf dem Rollstuhl, doch sofort sieht man jenes Lächeln. ‚Es ist gut, Herr. Es ist gut’. Denn sie spüren den Herrn, der ganz nahe bei ihnen ist. Und dann sind da jene leuchtenden Augen, die sie haben und die fragen: ‚Wie steht es um die Kirche? Wie steht es um das Bistum? Wie steht es um die Berufungen?’. Bis zum Ende, weil sie Väter sind, weil sie ihr Leben für die anderen hingegeben haben.

Kehren wir zu Paulus zurück. Allein ist er, bettelnd, Opfer von Grausamkeiten, von allen verlassen, nur nicht von Jesus, dem Herrn: ‚Allein der Herr stand mir zur Seite!’. Und der gute Hirt, der Hirt muss diese Gewissheit haben: wenn er auf dem Weg Jesu geht, dann wird ihm der Herr bis zum Ende zur Seite stehen. Wir wollen für die Hirten beten, die vor dem Ende ihres Lebens stehen und warten, dass der Herr sie zu sich nehme. Und wir wollen beten, dass der Herr die Kraft, den Trost und die Gewissheit schenke, dass er – obwohl sie sich krank und auch einsam fühlen – bei ihnen ist, ihnen zur Seite steht. Der Herr schenke ihnen die Kraft“.

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