Botschaften von 1,2 Millionen syrischen Kindern an EU und UNO

19. Oktober 2016 in Weltkirche


Hochrangige Geistliche bei Spitzenvertretern der EU und UN - „Ohne Bildung wächst die nächste IS-Generation heran“


Brüssel (kath.net/KIN) Vergangene Woche haben hochrangige Kirchenvertreter aus Syrien Bilder und Botschaften von 1,2 Millionen syrischen Kindern an Spitzenvertreter der Europäischen Union und der Vereinten Nationen übergeben. Darin bittet die junge Generation die Weltgemeinschaft um ein Ende des Sterbens, mehr Sicherheit und bessere Bildungschancen. Die Bilder waren bei einem landesweiten Gebets- und Aktionstag unter dem Motto „Frieden für Kinder“ entstanden, der in mehreren syrischen Städten wie Homs, Aleppo und Damaskus durchgeführt wurde. Das weltweite päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ hatte die Veranstaltung zusammen mit orthodoxen Kirchenvertretern initiiert.

Als „Botschafter der Kinder“ waren das Oberhaupt der melkitischen griechisch-katholischen Kirche, Patriarch Gregorius III. Laham, der Metropolit der griechisch-orthodoxen Kirche, George Abou-Zakhem, sowie der syrisch-orthodoxe Bischof Silvanos Petros Al-Nemeh zu Institutionen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen gereist.

In Brüssel traf die Delegation unter anderem mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zusammen. „Es wird nur dann Frieden in Syrien geben, wenn die Weltgemeinschaft sich endlich wieder an einen Tisch setzt. Nur so können Sicherheit und Stabilität wiederhergestellt werden. Aber Frieden kann nicht von außen befohlen werden, er muss in den Herzen beginnen – und das zu vermitteln, ist und bleibt die Aufgabe der Kirchen“, sagte Patriarch Gregorius beim Gespräch mit Schulz.

Dieser hob hervor, dass die EU mit großer Sorge die Situation in Syrien verfolge. „Es ist für uns wichtig, eine Innenansicht des Kriegsgeschehens und der Situation der Menschen in Syrien zu bekommen. Ihr Besuch hat bei allen Gesprächspartnern einen tiefen Eindruck hinterlassen.“ Schulz dankte den Kirchen für die humanitäre Hilfe und ihren Friedenseinsatz.

Am Sitz der Vereinten Nationen in Genf trafen die Bischöfe mit dem Hochkommissar für Menschenrechte, Prinz Zaid Al-Hussain, und dem Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, zusammen. Dabei lag der Fokus auf einer intensiveren Zusammenarbeit der Kirchen mit den UN-Institutionen vor Ort. „Die Vereinten Nationen brauchen die Kirchen als Friedensbotschafter, denn sie erreichen die Herzen der Menschen“, hob Grandi hervor.

Auf die hohe Bedeutung der Christen für die syrische Gesellschaft ging Metropolit George Abou-Zakhem ein. „Christen wird auch von den muslimischen Nachbarn großes Vertrauen entgegengebracht. Das erleben wir auch jetzt bei unseren Hilfsaktionen. Man kann sagen, dass wir der ,Kitt' der syrischen Gesellschaft sind.“ Aufgabe der Kirchen sei es, die Spaltungen der Kriegsparteien zu überwinden und so den Weg für Frieden zu bereiten. So geschehe es zum Beispiel in seiner Bischofsstadt Homs, wo man eng mit den Muslimen zusammenarbeite. Im Frühjahr und Sommer wurden Stadt und Region Homs von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ befreit. Viele Menschen kehrten jetzt in ihre Heimat zurück. Die Kirche unterstütze Christen wie Muslime gleichermaßen. „Wir erleben, wie das soziale Leben wieder zu blühen beginnt. Das muss auch für die anderen Regionen möglich werden“, sagte Abou-Zakhem.

Bischof Silvanos Petros Al-Nemeh fügte hinzu: „Die Präsenz der Christen überall im Land ist die Garantie dafür, dass die Einheit Syriens erhalten bleibt.“ Das wirksamste Mittel, den IS zu bekämpfen, sei Bildung. „Ohne Schulen wächst die nächste Generation des IS heran. Die Kirchen bauen überall im Land die Schulen wieder auf. Sie sind offen für jeden.“ Über 90 Prozent der Schüler in kirchlichen Schulen seien Muslime, „denn die Eltern schätzen die Qualität unserer Ausbildung und wollen, dass ihre Kinder gemeinsam mit Christen aufwachsen“, erklärte Al-Nemeh.

Derzeit können nach Informationen der Oxford Research Group mehr als zwei Millionen syrische Kinder aufgrund des Krieges keine Schule besuchen. „Die Kirchen sind in einigen Regionen die einzigen, die Unterricht organisieren und der notleidenden Bevölkerung effektiv helfen“, erklärte der Nahost-Experte von „Kirche in Not“, Andrzej Halemba. Auch viele Hilfsorganisationen hätten sich aus Sicherheitsbedenken aus den umkämpften Gebieten zurückgezogen. Umso wichtiger sei es deshalb, die kirchlichen Einrichtungen zu unterstützen, so Halemba. „Nur wenn wir vor Ort helfen, können wir verhindern, dass noch mehr Menschen flüchten müssen.“

„Kirche in Not“ hat seit Beginn des Syrienkriegs Hilfen in Höhe von 14,6 Millionen Euro geleistet. Damit werden unter anderem Lebensmittelpakete, Medikamente, Babynahrung und Wohnraum für kinderreiche Familien finanziert. Außerdem unterstützt das Hilfswerk den Wiederaufbau zerstörter Kirchen und Klöster sowie die Arbeit der christlichen Schulen.

Um weiter in der Kriegsregion helfen zu können, bittet das Hilfswerk um Spenden:

Kirche in Not Deutschland

Kirche in Not Österreich

Kirche in Not Schweiz

Syrien: Über eine Million Kinder unterzeichnete den Friedensappell


Foto oben: Die syrische Delegation zusammen mit Mitarbeitern von „Kirche in Not“ im Europaparlament in Brüssel. Von links: Mark von Riedemann („Kirche in Not“), Metropolit George Abou-Zakhem, Patriarch Gregorios III. Laham, Marcela Szymanski („Kirche in Not“), Silvanos Petros Al-Nemeh und Andrzej Halemba (Nahost-Experte von „Kirche in Not“) © Kirche in Not


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