Der Gott des Unmöglichen

21. Oktober 2016 in Kommentar


BeneDicta am Freitag: Von verzweifelten Freiheitskämpfen der „Bad Moms“ und echter Befreiung durch Gott. Erfahrungen mit dem Heilungsgebet. Von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net)
„Willst du die Wahrheit wissen?“ Von der Leinwand lächelt eine durchgestylte Business Lady herunter auf uns Kinobesucher. Popcorn knacken, Mäntel werden verstaut. Mit dem Film „Bad Moms“ will ich die nächsten beiden Stunden über meinen bescheidenen Alltag lachen, abschalten, mich nicht mit realen Erziehungsdingen, Home Management und Projekten herumschlagen.

Und jetzt fragt mich meine Freundin, wie ich es denn geschafft habe. Dass mein Kind sein „Problem“ los sei. Ich starre sie an. Das Gemurmel im Saal wird leiser, gefühlte dreißig Sekunden bleiben mir noch. „Willst du die Wahrheit wissen?“, raune ich ihr zu. „Ich war bei einer Frau, die ein Seminar hielt, sie ist Christin, aus Südafrika, und sie hat die Gabe der Heilung, und die hat für mein Kind gebetet, und seither ist es weg. Also eigentlich ist mein Kind geheilt worden. “

Super Mom Amy wirft ihren Kids ein bezauberndes Lächeln zu, ehe sie wieder ins Auto steigt und von der Schule zur Arbeit rast. Just relax. Ich schenke meiner Freundin einen schiefen Grinser, und wir lehnen uns beide zurück. Noch Fragen?

Es ist einer dieser Momente. Ich habe keine Ahnung, was ich da tue. Außer dass ich wieder einmal jemandem von einer unglaublichen Sache erzähle, die mir passiert ist. Ich begreife es ja selbst nicht so richtig. Ich bin skeptisch an diesem Abend, als wir mit unserem Kind zu Lindy-Ann Hopley fahren, einer jungen Missionarin aus Kapstadt, die die Gabe der Heilung hat.
Nach zwei Stunden Gebet und Vortrag betet sie um Heilung. Es dauert nicht lange und ist nicht spektakulär. „Be healed, in the name of Jesus!“ Wir machen uns auf den Heimweg. Zwei Tage später bin ich wieder dort, und diesmal bin ich unter den Ersten, die vorne stehen, als Lindy-Ann fragt, ob hier jemand sei, der zusehen wolle, wie eine körperliche Heilung passiert.

Und weil ich schon vorne bin, kriege ich von der sprühenden schönen Lady im langen Kleid gleich einen Crash-Kurs im Heilungsgebet und ich darf selber für jemanden beten. Neben mir verlängern sich Beine während des Gebetes. Ich sehe es, und kann es nicht so recht glauben. Ich kann die Begeisterung manch anderer nicht teilen. Es irritiert mich. Innerlich sperrt sich alles in mir gegen so ein Ding. Es. Ist. Unmöglich.

Drei Wochen später schickt eine Freundin eine Nachricht aus. Sie war auch dabei, mindestens so skeptisch wie ich, und eine der ersten da vorne. Ihr Bein hatte sich während des Gebetes verlängert, aber der Zweifel blieb. Wochenlang. Bis sie ein ärztliches Gutachten einholt: Die Beine – seit Kindheit nachweislich ungleich lang, sodass sie Einlagen brauchte – sind jetzt gleich lang.
„Gott ist groß und herrlich“, bekennt sie. Ja. Das finde ich auch. Denn auch ich bin dankbar für die Heilung meines Kindes, und die Skepsis ist längst gewichen und hat einem Staunen Platz gemacht. „Ich will dir danken Herr, aus ganzem Herzen, verkünden will ich all deine Wunder“, heißt es in Psalm 9. Ja, Gott heilt auch heute noch. Er will es, hier und jetzt, durch mich, durch dich, durch alle, die an ihn glauben.
Er heilte Menschen, das ist eines der ersten Dinge, die ich von Jesus erfahre, als er öffentlich zu wirken begann, und offenbar ist es das, was alle schwer beeindruckt hat. Matthäus schreibt: Er „heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden… Man brachte Kranke mit den verschiedensten Gebrechen und Leiden zu ihm, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie alle.“ Kranke Schwiegermütter und Geisteskranke, ja, sogar Tote weckte er auf.
Glaube ich dem Evangelium, war es völlig normal, dass Jesus Menschen heilen wollte. Eine körperliche Heilung ist ein großartiges Zeichen: Erstens wird klar, wer Jesus wirklich ist: Er ist eine historische Figur, er ist unser Freund, er ist ein Friedensstifter - ja. Aber vor alledem ist er der Sohn des Allmächtigen, dem der Vater alle Macht der Erde verliehen hat. Eine körperliche Heilung ist etwas, das für alle sichtbar ist und Menschen erstmals verstummen lässt. Dagegen lässt sich schwer argumentieren.

Und zweitens erleben Menschen, dass Gott sich wirklich für sie interessiert: Gott hat die Haare auf deinem Kopf gezählt. Er kennt jeden einzelnen Schmerzpunkt deines Lebens, sogar die, die dir selber nicht bewusst sind. Nichts ist ihm zu unwichtig. Kein Detail deines Lebens ist belanglos. Seine Geschenke für dich sind maßgeschneidert.

Natürlich: Das vollkommene Heil gibt es erst in der Ewigkeit. Die Welt ist so zerbrochen, und wir Menschen sind gebrochen. Es ist ein großer Wert und unabdingbar für jeden, Leiden anzunehmen, auszuhalten und durchzutragen. Und es gibt Unheil, das wir zum Kreuz bringen dürfen, schreiend, klagend, ohne Worte. Jesus hält es.

Aber wir haben uns so an das Unheile gewöhnt. Wir leben damit. Und rechnen irgendwie nicht mehr damit, dass Gott auch heute noch wirken will. Während die „Super Moms“ sich sukzessive in „Bad Moms“ verwandeln, fällt mir plötzlich L. ein, für die ich schon vor über einem Jahr gebetet habe. Am Telefon, für ihre damals sehr schwierige Familiensituation.
Monate später erzählt sie mir, dass dieser Tag ein Wendepunkt war, und seither ein Weg der Heilung begonnen hat. Bis heute spricht sie immer wieder dieses kurze Gebet an und ist dankbar dafür. Was war mein geringer Einsatz? Mut zur Blamage, zwei Minuten Zeit, und Demut, die Macht Gottes ins Spiel zu bringen. Aber was für ein Gewinn!

Es ist die Sehnsucht Gottes, dass wir ihn endlich heranlassen an uns und uns nicht wie Bettler verhalten, die sich mit den Resten des Festes begnügen. Gott will seinen Reichtum mit dir teilen – nimmst du ihn an? Beten wir füreinander – um Heilung, um Befreiung! Im Namen Jesu, des Allmächtigen, denn alles ist uns möglich, wenn wir wissen, wer wir sind – und wer Gott ist.

Die smarte Amy trägt jetzt Vans statt High Heels und ihre Kids machen sich das Frühstück selber. Im Mülleimer neben dem Saalausgang stapeln sich leere Popcorntüten. Zigarettenqualm und ein kühler Wind vor dem Kino. Die durchgeknallten Frauenfiguren in dem US-Streifen haben mich eher genervt, und das Irreale ist so offensichtlich, dass ich mir keine großen Theorien zu dem Film überlege.

Es drängt mich nach Hause, zu meinen gelösten und ungelösten Problemen, in die hundertprozentige Realität. Die wilden Befreiungskämpfe der „Bad Moms“ erscheinen mir so verzweifelt und so hoffnungslos. Ich denke an den, der ewig ist. Der in zwei Sekunden etwas gut machen kann, wenn ich ihn darum bitte. Ich bleibe beim Gott des Unmöglichen. Ich brauche ihn. Er ist es, den du brauchst. Er ist es, von dessen Wundern ich weiter erzählen will.

Jeden Freitag kommentieren auf kath.net in der Reihe BeneDicta Gudrun Trausmuth, Inka Hammond, Isabella von Kageneck, Petra Knapp und Linda Noé wichtige Themen über Gott, die Welt und alles, was die Herzen noch so bewegt.

Gespräch mit Lindy - Ann Hopley




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