Kurienerzbischof: Papst verharmlost Abtreibung nicht

25. November 2016 in Weltkirche


Präsident der päpstlichen Akademie für das Leben, Paglia: Exkommunikation "latae sententiae", das heißt mit Begehen der Tat und ohne förmliche Erklärung, bleibt aufrecht


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Kurienerzbischof Vincenzo Paglia ist Darstellungen entgegengetreten, Papst Franziskus werte Abtreibungen nicht mehr als schwere Sünde. "Es gibt keine Veränderung an der Auffassung von der Schwere der Sünde, keine Milderung", sagte Paglia dem Sender Radio Vatikan. Die im Kirchenrecht verankerte automatische Exkommunikation bleibe unverändert gültig, erklärte der Präsident der päpstlichen Akademie für das Leben. Sie erfolge auch weiterhin "latae sententiae". Das heißt sie tritt mit Begehen der Tat ein und bedarf keiner förmlichen Erklärung.

In seinem am Montag veröffentlichten Schreiben "Misercordia et misera" hatte Franziskus allen Priestern die Vollmacht erteilt, Frauen in der Beichte von der Sünde einer Abtreibung loszusprechen. In den meisten Ländern war bislang eine sakramentale Lossprechung und die Aufhebung der Exkommunikation nur durch bestimmte Beichtväter möglich.

Paglia betonte, dass der Papst Abtreibungen nicht verharmlose. "Genau das Gegenteil ist richtig. Denn gerade Vergebung zu gewähren, bedeutet einen Dialog, ein Bewusstsein, eine Entscheidung, nicht mehr das zu wiederholen, was man getan hat", so der italienische Erzbischof. Franziskus wolle mit seinem Schreiben vielmehr deutlich machen, dass dem Reuigen von Gott auch diese äußerst schwere Sünde vergeben werde. Damit trage der Papst auch der "Schwäche oder den Dramen vieler Frauen" Rechnung, die auf sich allein gestellt seien und für die es schwer sei, aus ihrer Situation zu entkommen. Franziskus wolle, dass sich diese Frauen unterstützt fühlten angesichts des Dramas, das jede Abtreibung auch im Inneren der Frauen verursache.

Franziskus habe die Vollmacht, von der Sünder der Abtreibung loszusprechen, auf alle Priester ausgeweitet, damit jene, die diese "schreckliche Tat" begangen hätten, nun mehr Gelegenheiten die Schwere ihres Tuns einzusehen und ihr Leben zu ändern. Wer in Gefahr sei, rückfällig zu werden, habe nun leichteren Zugang zu einer "wirksamen Medizin" dagegen. Der Papst habe damit "den besten Weg" anbieten wollen, um zu verhindern, dass sich Abtreibungen wiederholen. Paglia betonte, dass gerade weil es sich um eine äußerst schwerwiegende Tat handele, sei auch eine außerordentliche Gewährung von Barmherzigkeit nötig.

Das Kernanliegen des Dokuments sei es, der Barmherzigkeit die Kraft zur Veränderung zurückzugeben. Barmherzigkeit sollte nicht nur ein abstraktes Wort sein, sondern die Kraft Gottes, die die Geschichte der Menschen ändere.

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