Was wird eigentlich an evangelikalen Ausbildungsstätten gelehrt?

30. November 2016 in Chronik


Parzany: Christen müssen die theologischen Einstellungen der Dozenten kennen - „Vielleicht regt uns das Reformationsgedenken 2017 ja an, die damals beliebte Form der Disputation wieder zu praktizieren.“


Kassel (kath.net/idea) Der Vorsitzende des „Netzwerks Bibel und Bekenntnis“, Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), hat evangelikale Christen aufgefordert, sich über die theologischen Einstellungen von Dozenten an evangelikalen Ausbildungsstätten beispielsweise zum Thema Homosexualität zu informieren. Anlass für Parzanys Aufruf auf der Internetseite des Netzwerks sind von ihm positiv bewertete Aussagen von Pfarrer Werner Neuer (Schallbach bei Lörrach) – Dozent am Theologischen Seminar St. Chrischona. Neuer hatte bei einer öffentlichen Diskussion am 18. November in Freiburg die badische Landessynode aufgefordert, ihren Beschluss, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften kirchlich zu trauen, zurückzunehmen. Er begründete dies mit sechs Thesen. Die Bibel als das Fundament und die Norm aller kirchlichen Lehre lehne ausgelebte Homosexualität eindeutig ab, sagte Neuer: „Es gibt keine einzige Bibelstelle, die praktizierte Homosexualität bejaht.“

Über unterschiedliche Auffassungen sollten Evangelikale öffentlich diskutieren

Laut Parzany ist die Stellungnahme von Neuer von besonderer Bedeutung, weil sich damit ein prominenter theologischer Lehrer einer evangelikalen Ausbildungsstätte öffentlich positioniere. Er hoffe, dass Neuer mit seiner Einstellung am Theologischen Seminar St. Chrischona nicht allein stehe: „Gemeinden und Gemeinschaften müssen ein großes Interesse daran haben zu wissen, was an den Ausbildungsstätten über die aktuell umstrittenen Themen gelehrt wird.“ Denn von dort kämen ihre zukünftigen hauptamtlichen Mitarbeiter: „Man hört, es würden an Ausbildungsstätten, die zum evangelikalen Spektrum gezählt werden, auch andere Positionen vertreten.“

Parzany rief dazu auf, abweichende theologische Standpunkte beim Thema Homosexualität auch öffentlich zu vertreten: „Das sollte transparent werden. Privat, vertraulich und geheim können solche Meinungen ja nicht sein, weil sie regelmäßig in Lehrveranstaltungen den Studenten vermittelt und damit später in die Gemeinden transportiert werden.“

Die Thesen von Neuer seien möglicherweise ein geeigneter Anlass, die unterschiedlichen Auffassungen zu diskutieren. Parzany: „Vielleicht regt uns das Reformationsgedenken 2017 ja an, die damals beliebte Form der Disputation wieder zu praktizieren.“ Das „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“ hat gut 1.000 Mitglieder.

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