Kräutler: Viele Basisgemeinden entstanden durch den Rosenkranz

17. Dezember 2016 in Weltkirche


Amazonas-Bischof seit Kindesalter Mitglied des "Rosenkranz-Sühnekreuzzuges" - Brasiliens Basisgemeinden pflegen Marien-Gebet bis heute.


Wien (kath.net/ KAP)
Bischof Erwin Kräutler pflegt seit Kindesalter an eine sehr enge Beziehung zum Rosenkranz-Gebet und sieht es als wichtiges Zeichen der Hoffnung: Das legt der aus Vorarlberg stammende emeritierte Leiter der Amazonas-Diözese Xingu in einem Beitrag für das Pfarrblatt des Wiener Stephansdoms (Dezember-Ausgabe) dar. Für Österreichs Unabhängigkeit, jedoch auch für das Entstehen von katholischen Basisgemeinden in Brasilien, habe der Rosenkranz eine zentrale Bedeutung gehabt, berichtete Kräutler über seine Erfahrungen mit dem Marien-Gebet.

An vielen Orten im Amazonas sei der Rosenkranz "der Anfang des Gemeindelebens in kirchlichen Basisgemeinden" und für viele Gläubige lange Zeit auch "die einzige Form von 'Gottesdienst'" gewesen, schreibt Kräutler. In den 1970er-Jahren hätten sich in seiner Diözese infolge des Baus der Transamazonica-Straße viele entwurzelte Menschen angesiedelt - eine Situation, die ihn als junger Priester gemeinsam mit seinen wenigen Kollegen "völlig überfordert" habe. Einzelne Familien hätten dann begonnen, Nachbarn zum abendlichen Rosenkranz-Gebet und anschließendem Kaffee einzuladen. Daraus erst hätten sich die Basisgemeinden entwickelt.

Angesichts dieser Ursprünge verstehe er bis heute nicht, "warum manche kirchliche Instanzen in Europa diesen Gemeinden so viel Misstrauen entgegengebracht haben", erklärt Kräutler. Hinter der Skepsis, bei der Basisgemeinden in Zusammenhang mit Marxismus, Kommunismus und der Vorbereitung einer blutigen Revolution gebracht wurden, vermute er viel "Unkenntnis und Voreingenommenheit". Bis heute habe aber der Rosenkranz in den Basisgemeinden, deren "neue Weise, Kirche zu sein" sich am Modell der christlichen Urkirche orientiere, seinen Stellenwert nicht verloren.

Kletterseil zum Himmel

Auch sein eigenes Leben als Christ, Priester und Bischof habe der Rosenkranz immer begleitet und auch geprägt, berichtet Kräutler. Stets habe er ihn am liebsten alleine - etwa auf seinen ständigen Wegstrecken zu entlegenen Dörfern oder im öffentlichen Verkehr - gebetet. "Ich fand ihn immer als eine besondere Form der Meditation. Das Gebet des Herrn und die zehn Ave Maria sind sozusagen die Begleit- oder Hintergrundmusik für die Kontemplation der verschiedenen Stationen des Lebens Jesu, seines Leidens und Todes und seiner Auferstehung, verwoben mit unserer persönlichen Geschichte", so der Bischof.

Den Rosenkranz beschreibt Kräutler als eine "geheimnisvolle Kette", die Erde und Himmel verbinde - "oder anschaulicher: das Kletterseil, das uns hilft, die in der Sonne Gottes gleißenden Zinnen und Gipfel der ewigen Liebe zu erklimmen". Wer ihn bete, sei "nie im Alleingang, sondern in einer Seilschaft zusammen mit unzähligen Schwestern und Brüdern". Der Rosenkranz gehöre zudem auch zur Identität eines jeden Priesters bis zu seinem Lebensende. Seine eigene hölzerne Gebetskette erstand Kräutler 1965 als junger Missionar vor der ersten Abreise nach Brasilien in Maria Einsiedeln bei einer Ordensfrau erstanden. Sie sie seither immer dabei und war dies auch 1987 beim Mordattentat, das er nur knapp überlebte.

Gebet für die Freiheit Österreichs

Zu dem Gebet gefunden hat Kräutler bereits als Kind in seiner Familie, wo der Rosenkranz zur Tradition gehörte: Teil seiner frühesten Kindheitserinnerungen war, dass seine Mutter zu Kriegszeiten den Rosenkranz in den Händen hielt. "Das erste Gebet, das Mama uns Kinder lehrte, war das 'Gegrüßet seist du, Maria'. Erst nachdem wir dieses Gebet konnten, lernten wir das Vaterunser".

Als Elfjähriger trat Kräutler dann 1950 der vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek geleiteten Gebetsgemeinschaft des Rosenkranz-Sühnekreuzzuges (RSK) bei und verpflichtete sich somit per Unterschrift, jeden Tag wenigstens ein Gesetz des Rosenkranzes zu beten. Unter der französischen Besatzung, in der man "bis ins kleinste Detail spürte, dass Österreich nicht frei war", habe er den Aufruf des Sühnekreuzzugs zum Gebet für die "Freiheit Österreichs" immer mehr verstanden. "Wir wollten unser Österreich ohne fremde Soldaten."

Symbol der Hoffnung

Als dann im September 1953 die Medien von 50.000 betenden Teilnehmern an der Maria-Namen-Prozession auf der Wiener Ringstraße berichteten, unter ihnen Bundeskanzler Julius Raab und Außenminister Leopold Figl, sei der Rosenkranz zum "Symbol der nie aufgegebenen Hoffnung" geworden. Politisch sei "kein Licht am Ende des Tunnels" sichtbar gewesen, erst recht als das russische "Njet" zur Unabhängigkeit Österreichs bei der Außenministerkonferenz im Februar 1954 den Traum von Freiheit wieder zerschlagen habe.

Die Hoffnung sei jedoch geblieben, so Kräutler. "Aber es musste ein Wunder geschehen. Und es geschah viel schneller, als der kühnste Optimist sich vorstellen konnte." Eingetreten sei dies am 15. Mai 1955 mit der Zustimmung Russlands, dem Staatsvertrag und Figls Ausspruch "Österreich ist frei!", nach dem wieder die rot-weiß-rote Fahne gehisst werden durfte. "Bundeskanzler Julius Raab war dann auch überzeugt: 'Wenn nicht so viel gebetet worden wäre, so viele Hände in Österreich sich zum Gebet gefaltet hätten, so hätten wir es wohl nicht geschafft'", erinnert Kräutler.

Weitere Informationen zur Gebetsgemeinschaft "Rosenkranz-Sühnekreuzzug" (RSK), die derzeit mit einem Festjahr ihr 70-jähriges Bestehen feiert, gibt es unter www.rsk-ma.at.

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