Drei Bezugspunkte: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

27. Jänner 2017 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: die Sünde des Kleinmuts, der alles retten will und Angst vor Veränderungen hat. Erinnerung – Mut und Geduld – Hoffnung. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die erste Lesung aus dem Hebräerbrief (Hebr 10,32-39) stand im Mittelpunkt der Betrachtungen von Papst Franziskus bei der heiligen Messe am Freitag der 3. Woche im Jahreskreis in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“. Paulus mahne, ein christliches Leben mit drei Bezugspunkten zu leben. Diese seien: die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Vor allem lade uns der Völkerapostel ein, Erinnerung zu haben: „Erinnert euch an die früheren Tage...“ (V. 32). Das christliche Leben „beginnt nicht heute. Es geht heute weiter“. Erinnerung zu haben bedeute, sich an alles zu erinnern: an das Gute und an das weniger guten Gute. Es bedeute, seine Geschichte vor Gott zu bringen, ohne sie zu bedecken oder zu verbergen:

„‚Brüder! Erinnert euch an die früheren Tage’: an die Tage der Begeisterung, im Glauben vorwärts zu gehen, als man begonnen hat, den Glauben zu leben, an die erlittenen Prüfungen... Das christliche Leben, auch das geistliche Leben, ist ohne Erinnerung nicht zu verstehen. Die Erinnerung an das Heil Gottes in meinem Leben, die Erinnerung an die Schwierigkeiten in meinem Leben. Doch wie hat mich der Herr aus diesen Schwierigkeiten gerettet? Die Erinnerung ist eine Gnade: eine Gnade, um die es zu bitten gilt. ‚Herr, lass mich deinen Schritt in meinem Leben nicht vergessen, lass mich die guten Augenblicke nicht vergessen, und auch nicht die hässlichen. Die Freuden und die Kreuze’. Der Christ ist ein Mensch der Erinnerung“.-

Dann lasse uns Paulus verstehen, dass wir „in der Erwartung von etwas unterwegs sind“, in der Erwartung, zu einem Punkt zu gelangen: zu einer Begegnung, zur Begegnung mit dem Herrn. Und er ermahne uns, aus dem Glauben heraus zu leben:

„Die Hoffnung: auf die Zukunft blicken. Wie man kein christliches Leben ohne die Erinnerung an die zurückgelegten Schritte leben kann, so kann man kein christliches Leben ohne den Blick auf die Zukunft mit der Hoffnung auf die Begegnung mit dem Herrn leben. Und er sagt einen schönen Satz: ‚Nur noch eine kurze Zeit....’ (V. 37). Ja, das Leben vergeht wie ein Hauch, nicht wahr? Es vergeht. Wenn man jung ist, dann denkt man, dass man viel Zeit vor sich hat. Dann aber lehrt uns das Leben, dass jenes Wort, das wir alle sagen, bald kommt: ‚Wie die Zeit doch vergeht. Diesen da habe ich gekannt, als er ein Kind war, und jetzt heiratet er! Wie doch die Zeit vergeht!’. Doch die Hoffnung, ihm zu begegnen, bedeutet ein Leben in Spannung: zwischen Erinnerung und Hoffnung, zwischen Vergangenheit und Zukunft“.

Zum Dritten lade die Lesung ein, die Gegenwart zu leben, die oftmals schmerzhaft und traurig sei, dies voll Mut und Geduld, also aufrecht, ohne sich zu schämen, und dabei die Dinge aller Tage zu ertragen. „Wir sind Sünder“, so Franziskus, „wir alle sind es. Der eine früher, der andere später... wenn ihr wollt, können wir nachher eine Liste aufstellen, doch wir alle sind Sünder. Aber wir gehen mutig und geduldig weiter. Wir bleiben nicht dort, wir stehen nicht still, denn das lässt uns nicht wachsen“.

Schließlich mahne der Apostel, nicht die Sünde zu begehen, die es einem nicht gestatte, Erinnerung, Hoffnung, Mut und Geduld zu haben: die Sünde des Kleinmuts und der mangelnden Zuversicht: „Werft also eure Zuversicht nicht weg“ (V. 35). Der Kleinmut sei eine Sünde, die einen aus Angst nicht vorangehen lasse, während Jesus sage: „Fürchtet euch nicht!“. Kleinmütig seien jene, die immer nach rückwärts gingen, „die zu sehr sich selbst bewahren, die Angst vor allem haben:

„Nichts riskieren, bitte nein... die Vorsicht ...’. Alle Gebote, alle... Ja, das ist richtig, aber das lähmt dich auch, es lässt dich die empfangenen Gnaden vergessen, es nimmt dir die Erinnerung, es nimmt dir die Hoffnung, weil es dich nicht gehen lässt. Und die Gegenwart eines Christen, einer Christin ist, als sei einer unterwegs und dann kommt ein unerwarteter Regenschauer, und als sei das Gewand nicht so gut und als werde der Stoff enger... Verengte Seelen... das ist der Kleinmut: das ist die Sünde gegen die Erinnerung, den Mut, die Geduld und die Hoffnung. Der Herr lasse uns in der Erinnerung wachsen, er lasse uns in der Hoffnung wachsen, er schenke uns alle Tage Mut und Geduld und er befreie uns von dem, was der Kleinmut ist, davon, Angst vor allem zu haben... verengte Seele, um sich zu retten. Und Jesus sagt: 'Wer sein Leben retten will, wird es verlieren’ (Mt 16,25)“.

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