'Gnade', 'Segen', 'Vorsehung' etc. - Wer weiß denn sowas?

24. Februar 2017 in Kommentar


Die Sprache des Glaubens ist verkümmert. Viele Begriffe sind verschwunden. Andere sind als Worthülsen stehen geblieben. Gedanken eines Nichttheologen. Gastkommentar von Stefan Fleischer


Grenchen (kath.net) Es gibt Prediger, die stellen gerne zu Beginn eine rhetorische Frage, und manchmal sogar eine ganz konkrete, auf welche er aus der Versammlung Antworten erwarten. Da habe ich mich jüngst gefragt, wie eine solche wohl aussehen würden, wenn er fragen würde: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch. Mit dieser Formel haben wir den Gottesdienst eröffnet. Aber, was heißt das eigentlich: Gnade?“ Ehrlich gesagt, auch ich hätte Mühe eine saubere Antwort zu geben.

„Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.“ So oder ähnlich hören wir es jeden Sonntag am Ende der Heiligen Messe. Was würden wir auf die Frage antworten: „Was heißt eigentlich Segen?“ Hier kommt mir meine Jugend in den Sinn. „An Gottes Segen ist alles gelegen!“ sagten unsere Eltern oft und sehr bewusst. Dahinter stand der unerschütterliche Glaube, dass wir alle, ja die ganze Welt, von Gott abhängig sind, dass wir „einen in der Geschichte handelnder Gott“ haben, wie es die Theologie umschreibt. Meine Eltern redeten in diesem Zusammenhang auch von gerne Vorsehung. „Was heißt das eigentlich: Vorsehung?“ Auch das wäre eine solche Frage an uns Christen von heute. Und wenn ich es weiß, glaube ich wirklich daran, verlasse ich mich darauf?

In einer Diskussion kürzlich musste ich die Frage stellen: „Verwechselst Du hier nicht Ablass mit Absolution?“ Mein Gesprächspartner reagierte gar nicht darauf. Ich nehme an, er kannte weder die genaue Definition des einen noch des anderen Begriffes. In einem anderen Gespräch fiel das Wort: Ergebung. Die ratlosen Gesichter ringsum sagten alles.

Von einer neuen Sprache, welche die Kirche für die Zeit von heute finden müsse, war nach dem Konzil oft die Rede. Nach meinen Beobachtungen hat sie eine solche bis heute nicht gefunden. Aber etwas anderes ist geschehen. Die Sprache des Glaubens ist verkümmert. Viele Begriffe sind verschwunden. Andere sind als Worthülsen stehen geblieben. Wäre es nicht höchste Zeit, dass Sprachkurse in „Christlich-Deutsch mit Schwerpunkt „Katholisch-Deutsch“ geschaffen würden, für uns Laien, und vielleicht sogar für unsere Theologen? Damit könnten viele Missverständnisse und Streitereien vermieden und ein großer Schritt in Richtung Einheit getan werden.

Und wenn ich einmal provokativ sein will; wie wäre es, wenn wir dem Latein wieder einen größeren Stellenwert als liturgische und als Kirchensprache geben würden? Sind in dieser „toten“ Sprache die Begriffe nicht viel weniger wandelbar, den Modetrends der Zeit und den Unterschieden der Kulturen unterworfen?

kath.net-Buchtipp:
Gottesbeziehung heute
Gedanken und Erfahrungen
Von Stefan Fleischer
Taschenbuch, 184 Seiten
2015 BoD
ISBN 978-3-7392-0045-3
Preis 15.50 EUR

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