Unermüdlicher Mahner Christi

16. März 2017 in Chronik


Vor 75 Jahren büßte Pfarrer Heinrich Feurstein (Erzbistum Freiburg) seine Anklage gegen Unrecht der Nationalsozialisten mit dem Tod. Er widersprach u.a. Euthanasieprogrammen - Nazis sahen ihn als „Hassprediger“ - Gastbeitrag von Marie-Thérèse Knöbl


Freiburg (kath.net) Tun durch Unterlassen – dieses von der Moralphilosophie des 20. Jahrhunderts erst spät entdeckte Problem der praktischen Philosophie stand für den hochbegabten Donaueschinger Priester, promovierten Volkswirt und Kunsthistoriker Heinrich Feurstein im Zentrum seiner Motivation für christliches Handeln. „Nicht diejenigen sind die Heiligsten, welche die wenigsten Fehler begehen“ so Feurstein, „sondern jene, welche mehr Mut, mehr Großmut, mehr Liebe besitzen. Sonst müsste der phlegmatische Mensch, der nicht aus der Ruhe zu bringen ist, schon zu Lebzeiten heiliggesprochen werden.“

Feurstein hingegen war aus der Ruhe zu bringen und er wehrte sich vehement gegen das Unrecht seiner Zeit, benannte es öffentlich und stand ein für den christlichen Wert der Menschenliebe. Seine Predigten waren scharfe Anklagen gegen die Ideologie des Nationalsozialismus. Eine Beflaggung der Stadtpfarrkirche von Donaueschingen lehnte er 1933 vehement ab. In Folgejahren kritisierte er unverblümt den Hitler-Stalin-Pakt und die Einschmelzung von Kirchenglocken für Kriegszwecke.

In seiner Neujahrspredigt am 1. Januar 1942 benannte Feurstein dann ganz explizit die im Namen der Neuen Weltordnung begangenen Gräuel, insbesondere die bereits weite Kreise ziehenden und viele unschuldige Menschen ermordenden Euthanasie-Programme, die systematische Verfolgung von Priestern und Ordensleuten und die vom Unrechtsstaat verordneten Restriktionen gegen ein gemeindekirchliches christliches Miteinander.

Diese Neujahrspredigt vom 1. Januar 1942 sollte Heinrich Feurstein zum Verhängnis werden. Am 7. Januar 1942 wurde er von der Gestapo in Donaueschingen verhaftet und abgeführt. Der willkürlichen Gefangenschaft im Konstanz folgte dann am 15. Juni desselben Jahres der Abtransport des 65 jährigen Priesters in das Konzentrationslager Dachau, wo er noch im Sommer 1942 starb. Seine Benennung der Gräueltaten der Regierung und sein Einspruch gegen die Ermordung unschuldiger Menschen hatte ihn selbst das Leben gekostet.

Feurstein war der hochbegabte Sohn eines Goldschmiedes gewesen. Das Abitur bestand er in Freiburg im Breisgau mit Bestnoten, bereits mit 22 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Er war ein großer Kenner er der Kunstschätze des Hauses Fürstenberg wie auch der Werke Matthias Grünewalds. Zeitlebens hatte er sich für die Beibehaltung der lateinischen Sprache in der hl. Messe und gegen die von den Nationalsozialisten vorangetriebene Eindeutschung und Profanisierung wesentlicher Bestandteile des Messritus eingesetzt. Bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem 26. Dezember 1941, hatte er über die wie Kriminelle weggesperrten Priester und Ordensleute in den Gefängnissen und Konzentrationslagern des sogenannten Dritten Reiches gepredigt.

Den Machthabern des Dritten Reiches galt er wegen der Offenlegung des unbeschreiblichen Unrechts und der Gräueltaten des Nationalsozialismus fortan als „Hass-Prediger“, weshalb man beschloss, seinen negativen Einfluss auf die öffentliche Meinung durch Beseitigung seiner Person zu beenden. Auch die in Donaueschingen beheimatete katholische Zeitung „Donaubote“ wurde von führenden NSDAP-Politikern als Gefahr für die Gleichschaltung der öffentlichen Meinung angesehen und war deshalb bereits am 22. April 1933 wegen ihrer angeblich „gehässigen volksverhetzenden Einstellung“ vorübergehend verboten worden.

Heinrich Feurstein wird im Bistum Freiburg hoch verehrt und im Martyrologium der Katholischen Kirche als Märtyrer des 20. Jahrhunderts geführt.

Foto Feurstein (c) Wikipedia/Gemeinfrei


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