Aber dort am Horizont liegt dein verheißenes Land

5. Mai 2017 in Kommentar


Es war es wert zu lernen, in den dunkelsten Tälern ganz nah an Jesus zu bleiben - BeneDicta am Freitag mit Inka Hammond


Linz (kath.net)
Die Wüste war und ist ein Teil meines Lebens. Die Phasen, wo alles hart und steinig und schwer scheint. Obwohl ich lieber an den Oasen verweilen würde und mich nicht der Einöde stellen möchte, glaube ich, dass die Wüste so wichtig für mein Herz ist. Wir müssen durch die Wüste, um unser verheißenes Land erreichen zu können. Die Befreiung aus unserem Ägypten, unserer Sklaverei, unserer Sünde ist der erste Schritt. Das erste Wunder. Dann kommt die Wüste.
In der Wüste wird unser Innerstes nach außen gestülpt. Wir sind zwar nun frei, keine Sklaven mehr – aber wir verhalten uns noch wie Sklaven. Die Kultur der Sklaverei ist noch tief in uns verankert. ‚Gott hat uns aus Ägypten herausgeholt, nun muss er Ägypten aus uns herausholen.‘ (Christine Caine)

Wir sind zu einer Sohnschaft berufen – ein Sohn ist kein Sklave. Um das zu begreifen, müssen wir durch die Wüste. Dort begegnet uns Gott und zeigt uns, was in unserem Herzen in Schieflage ist. Welche Charakterzüge durchtränkt sind mit unseren Erfahrungen in Ägypten. Neid, Missgunst, Angst. Die Wüste ist unsere Chance, alles Versklavte mit der Wurzel aus unserem Herzen herauszuziehen und wirkliche Freiheit zu erlangen.

Das Problem ist nur, dass es weh tut. Dass es ein Prozess ist, dem wir uns nicht gerne stellen. Wir werden konfrontiert mit unserer Vergangenheit, unseren Verletzungen. Gott legt seinen Finger in unsere Wunde und unser Instinkt ist, wegzulaufen. Das Handeln Gottes an uns in der Wüste ist schmerzhaft und wir müssen uns entscheiden, ob wir uns dem hingeben und schließlich das verheißene Land erreichen oder ob wir lieber Jahr um Jahr unsere Runden in der Wüste drehen, immer wieder dieselben Berg umkreisen.
Es liegt an uns ob es 11 Tage oder 40 Jahre sind. Viele sterben in der Wüste ohne je die Milch und den Honig des verheißenen Landes geschmeckt zu haben. Manche haben das verheißene Land gesehen und sind dann noch zurückgeschreckt, weil die Aufgabe, es zu erobern, zu groß erschien.

Es gibt keine Abkürzung in unser verheißenes Land. Gottes Weg führt durch die Wüste.
Mein Mann und ich haben das viele Jahre lang erlebt. Als wir uns verlobten, war unser Traum von Anfang an, gemeinsam Gott zu dienen. Wir wollten als Missionare eine Jugendarbeit aufbauen. Wir beide hatten als Teenager den Ruf erhalten, Gott vollzeitig zu dienen. Alles war geplant. Mein Verlobter hatte eine Anstellung in einer Kirchengemeinde, wir fanden eine Wohnung, wir kauften uns Möbel und planten unsere Hochzeit. Dann zerplatzte mit einem Mal unser Traum: die amerikanische Missionsgesellschaft, die uns aussenden wollte, hatte Bedenken, uns als so junges Ehepaar auf das Missionsfeld zu schicken. Uns wurde empfohlen, zwei Jahre im Heimatland meines Mannes, den USA zu leben.
Das war ein Schock für uns.

Plötzlich lagen unsere Pläne in Trümmern. Es war sehr schmerzhaft der Kirchengemeinde abzusagen, unser Vorhaben loszulassen, und in die USA zu ziehen. Unser erstes Ehejahr war geprägt von Orientierungslosigkeit und Enttäuschung. Zusagen von Seiten der Missionsgesellschaft wurden nicht eingehalten, wir waren alleine und mit der Situation überfordert. Mir ging es schließlich so schlecht, dass ich in eine Nervenklinik eingeliefert wurde. Die Entscheidung fiel, zurück nach Deutschland zu ziehen, denn zu tief saß die Enttäuschung in unseren Herzen, um nochmals als Missionare auszureisen. Wir fühlten uns übergangen, übersehen. Auch von Gott.

Anstatt als Jugendpastor zu arbeiten, ging mein Mann in die Wirtschaft. Alles lief so anders, als wir es als junge Verlobte geplant hatten. Wir bauten unsere Familie auf und lebten ein ganz normales Leben – doch immer wieder holte uns der Schmerz unserer zerbrochenen Träume ein. Wir verstanden nicht, warum Gott so gehandelt hatte, warum er all das zugelassen hatte. Wir waren Wanderer in der Wüste. In dieser Zeit wurden wir beide, mein Mann und ich, mit den Abgründen unserer Seelen konfrontiert. Mein Mann war viele Jahre abhängig von Pornographie. In unserer Wüste stellte er sich diesem Problem und Gott befreite ihn. Ich hatte mein Leben lang schon mit Ängsten zu kämpfen, mit Selbsthass und Depressionen. In unserer Wüste begann ich Therapien zu machen und arbeitete mich durch diesen dunklen Seiten meiner Selbst. Und Gott brachte Licht in unsere Finsternis und begann unsere Wunden zu heilen. Es war in der Wüste unseres Lebens, wo Gott uns Freisetzung schenkte und nach 12 Jahren fanden wir unser verheißenes Land: seit einem Jahr arbeitet mein Mann im Gebetshaus Augsburg und hat eine Initiative gegründet, die Männern helfen kann aus der Abhängigkeit zu Pornographie zu kommen.

Ich darf schreiben und Lobpreis leiten und liebe es unsere 4 Kinder groß zu ziehen – ohne Altlasten meiner Vergangenheit. Es kommt mir so vor, als hätten wir gerade erst die Grenzen zu unserem verheißenen Land überschritten. Wir schauen uns staunend um und können kaum fassen, wie schön es hier ist! Es gilt noch so viel zu entdecken, es müssen noch Riesen besiegt werden und Land muss eingenommen werden. Aber ich kann schon so viel sagen, dass unsere Wanderung durch die Wüste es wert war! Es war es wert, zu lernen, in den dunkelsten Tälern ganz nah an Jesus zu bleiben. Es war es wert, dass wir uns unserer Sünde und unseren Wunden gestellt haben, um Heilung zu empfangen. Es war es wert, dass wir nicht die Hoffnung und die Sehnsucht nach „mehr“ im Leben aufgegeben haben.
Der Weg durch die Wüste ist hart und steinig und schwer. Aber dort am Horizont liegt dein verheißenes Land. Und Gott sagt: „Sei stark und mutig! Hab keine Angst und verzweifle nicht. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst.“ Josua 1,9

Jeden Freitag kommentieren auf kath.net in der Reihe BeneDicta Gudrun Trausmuth, Inka Hammond, Isabella von Kageneck, Petra Knapp und Linda Noé wichtige Themen über Gott, die Welt und alles, was die Herzen noch so bewegt.


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