Eine Schale Getreide verändert die Welt - Leseprobe 6

5. August 2017 in Buchtipp


Rosenkranz - Leseprobe 6 aus dem Buch "Eine Schale Getreide verändert die Welt" von Magnus MacFarlane-Barrow


Linz (kath.net)
Mogadischu war der entsetz lichste Ort, den ich je besucht hatte. An meinem ersten Abend packten wir gerade in unserer Behelfsunterkunft unsere Sachen aus, als mich eine laute Explosion ganz in der Nähe zu Tode erschreckte. Einer unserer höflichen somalischen Gastgeber, ein junger Mann, der gut Englisch sprach, drehte sich zu mir und sagte, als würde er einem verängstigten Kind gut zureden: „Keine Angst. Das war nur eine Bombe.“

Einige Tage lang war ich umgeben von Mitarbeitern, die sich beim ersten Tageslicht auf ihren Gebetsmatten gen Mekka verneigten, während ich auf meinem Bett saß und meinen morgendlichen Rosenkranz betete, und trotz der angespannten Situation, in der wir uns alle befanden, gab es etwas an dieser interreligiösen Mission, den Hungernden Nahrung zu bringen, das ich nie vergessen werde.

Währenddessen trafen wir in Malawi immer wieder Kin der, die dank Mary’s Meals noch am Leben waren. Eines Tages besuchten Ruth und ich zusammen mit Peter Nkata eine Mzedi- Schule am Stadtrand von Blantyre. Die Schule lag an einem felsigen Hang, zwischen kleinen Flecken bebauter Erde, die bereit waren bepflanzt zu werden und geduldig die Regenfälle erwarteten. „Der kleine Peter! Er lebt!“, rief Peter Nkata, als er einen Jungen in der Kinderschar entdeckte, die uns umgab, nachdem wir unser Auto auf dem Schulhof eingeparkt hatten.

„Ich war davon überzeugt, dass dieses Kind tot ist“, sagte er, als wir aus dem Auto stiegen. Er zog den kleinen, vielleicht vi
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er Jahre alten Jungen an sich und umarmte ihn. Dann hielt er ihn auf Armlänge von sich und musterte ihn glücklich. Ein älterer Junge stand neben dem Kleinen, mit Augen, die in seinem erns ten Gesicht zu groß wirkten, und mit zu dünnen Beinen für seinen Körper. „Dein Bruder sieht gut aus, Lazaro“, sagte Peter zu ihm. Der Junge nickte und lächelte. Dann erzählte uns Peter die Geschichte der beiden. Einige Monate zuvor hatten die Lehrer in Mzedi festgestellt, dass Lazaro, der bisher immer pünktlich gekommen war, jeden Morgen ohne Erklärung erst spät auftauchte.

Sie forschten nach und erfuhren, dass die Mutter der Familie gestorben war und Lazaro und den kleinen Peter allein zurückgelassen hatte. Einige entfernte Verwandte kamen hin und wieder vorbei, waren aber kaum eine Hilfe. Lazaro, der aussah wie acht, aber tatsächlich zwölf Jahre alt war, wurde das Familienoberhaupt und versuchte, sich um seinen kleinen Bruder zu kümmern. Sie hatten zu Hause aber nicht genug zu essen, und Lazaro war fast vollständig von der Mahlzeit abhängig, die er täglich in der Schule bekam.

Der kleine Peter dagegen wurde krank. Als er immer schwächer wurde, beschloss Lazaro, das Ganze buchstäblich selbst in die Hand zu nehmen. Er wusste, dass Mary’s Meals nicht nur seine Schule mit Essen versorgte, sondern auch eine Vorschule, ein Zentrum für unter Sechsjährige, das eine halbe Meile entfernt von ihrer Wohnung lag. Er fing also an, Peter jeden Morgen dorthin zu tragen, und erst wenn er ihn dort wohlbehalten abgesetzt hatte und wusste, dass er zu essen bekam und dass man sich um ihn kümmerte, ging er selbst in die Schule, wo er zu spät und erschöpft eintraf. Als Peter Nkata vor einigen Wochen einen Besuch gemacht hatte, musste er erfahren, dass die Betreuer des U6-Zentrums den kleinen Peter ins Krankenhaus gebracht und dass sie kaum Hoffnung hatten, dass er überleben würde. Die Wochen ohne Essen hatten ihren Tribut gefordert.

Doch hier, direkt vor uns, stand ein strahlend lächelnder kleiner Peter, und hinter ihm, die Hand auf seiner dünnen Schulter, sein Bruder, der ihn gerettet hatte.

kath.net Buchtipp
Eine Schale Getreide verändert die Welt
Von Magnus MacFarlane-Barrow
2017 Tyrolia Verlag
364 Seiten
ISBN: 978-3-7022-3589-5
Preis: Euro 22,95

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