'Christus ist gekommen, um uns zu erlösen und nicht, zu unterhalten'

6. Juni 2017 in Weltkirche


Kardinal Müller und der Schriftsteller Martin Mosebach im „Tagespost“-Gespräch über Liturgie – Müller: „Die Weisungen von Benedikt XVI. gehen weiter und sind nicht aufgehoben worden.“


Rom (kath.net) „Die Weisungen von Benedikt XVI. gehen weiter und sind nicht aufgehoben worden. Die Sorge für die Liturgie ist immer ein beständiger Auftrag der Kirche. Das routinierte Feiern der Liturgie gab es zu vielen Zeiten, was immer wieder angemahnt worden ist. Deshalb bedarf auch die beständige Reform der inneren Erneuerung des Lebens aus den lebendigen Quellen.“ Darauf wies Gerhard Kardinal Müller (Archivfoto) im Interview mit der Würzburger „Tagespost“ hin. Der Präfekt der Glaubenskongregation war im Gespräch mit Martin Mosebach, der sich seit langem profiliert für die Messe in der außerordentlichen Form einsetzt.

Der Kurienkardinal sagte im Hinblick auf die aktuell darniederliegende Beichtpraxis: „Die Gewissen müssen so geschärft werden, dass klar ist, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, zur Kommunion zu gehen.

Zur Verwendung der lateinischen Sprache in der Liturgie stellte Kardinal Müller fest, dass es ihm lieb wäre, wenn „die Priesteramtskandidaten und möglichst viele Laien in der Lage wären, die lateinischen Gesänge, wie das Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei und Pater noster mitzubeten. Die Gelegenheiten sind doch sehr vielfältig, wenn die Leute in alle möglichen Länder kommen – auch nach Rom –, dass man diese Grundgebete auch in lateinischer Sprache mitbeten und mitsingen könnte.“

Viele Missverständnisse kämen „aus der Auffassung, der Liturgie bis 1962 und der Liturgie nach der Liturgiereform lägen zwei völlig inkompatible Theologien oder sogar Glaubenslehren zugrunde, so Kardinal Müller unter Hinweis auf die „Schule von Bologna“, hinter der „die häretische Vorstellung“ stehe, „dass ein Konzil eine in Glaubenslehre und sakramentaler Heilsvermittlung andere Kirche stiften könnte und sollte – mit dieser unseligen Unterscheidung zwischen vorkonziliarem und nachkonziliarem Glauben. Aber es steht keine andere Glaubenslehre dahinter, das würde auch die Kontinuität der Kirche und ihrer Tradition zerstören.“ Personen wie jene der „Schule von Bologna“ bezeichnete Müller als „verantwortlich für den Niedergang der Kirche in einigen Ländern. Sowohl in Holland und auch ganz deutlich sichtbar in Belgien haben wir Beispiele dafür, wo diese Form von Theologie, die mit dem katholischen Glauben nicht übereinstimmt, hinführt.“

Vielmehr überwinde der eine Glaube und eine Kult „die Barrieren und rechtfertigt nicht nationale Sonderwege. Das sollten sich manche merken, die meinen, die Bischofskonferenzen könnten verschiedene Glaubensbekenntnisse aufstellen und die Sakramente für angeblich pastorale Ziele verzwecken“, so Müller.

Mosebach seinerseits vertrat, dass Papst Benedikt „seine Rolle als Versöhner gesehen“ habe. Er wollte über die „Konfrontation“ zwischen den Anhängern der beiden Messformen hinwegkommen, „indem er für eine Hermeneutik der Kontinuität votierte und sagte: Alter und neuer Ordo sind derselbe Kult in zwei Formen. Für alle, die sich auf ihre Augen und Ohren verlassen, war das eine kühne These. Ich sehe darin eine diplomatische Formel, die helfen sollte, den offensichtlichen Bruch zu heilen.“

Mosebach berichtete eindrucksvoll, dass er „gerade die Familien der 21 koptischen Märtyrer, die am Strand von Libyen geköpft worden sind, in Oberägypten besucht. Darunter waren 20 Kirchensänger, manche Analphabeten. Sie haben die große koptische Liturgie, die drei Stunden dauert, auswendig beherrscht und ganz aus der Liturgie gelebt. Die Bereitschaft zum Martyrium und die Liturgie gingen so eng Hand in Hand, dass man fast geneigt ist zu vermuten, dass es hier sogar eine Ursächlichkeit gibt.“

Link zum „Tagespost“-Interview in voller Länge: „Liturgie heißt: Gott agiert“.

Papst Benedikt XVI. mit Bischof Gerhard Ludwig Müller beim Papstbesuch in Regensburg 2006


Archivfoto oben: Kardinal Müller (c) Bistum Regensburg


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