Verwirrung um Päpstliche Kommission zu Humanae vitae

21. Juni 2017 in Weltkirche


Hat Papst Franziskus eine Kommission eingesetzt, um die Enzyklika ‚Humanae vitae’ neu zu interpretieren?


Rom (kath.net/CNA/LSN/jg)
Gilfredo Marengo, Professor am Päpstlichen Institut Johannes Paul II. für die Studien zu Ehe und Familie, wird Vorsitzender einer von Papst Franziskus eingesetzten Kommission, welche die Enzyklika „Humanae vitae“ von Papst Paul VI. im Licht des nachsynodalen apostolischen Rundschreibens „Amoris laetitia“ neu interpretieren soll. Das schreibt der Historiker und Publizist Roberto de Mattei in einem Kommentar für die Corrispondenza Romana.

Weitere Mitglieder der Kommission seien Pierangelo Sequeri, Direktor des Päpstlichen Instituts Johannes Paul II., Philippe Chenaux,Professor für Kirchengeschichte an der Lateranuniversität und Angelo Maffeis, Präsident des Institutes Paul VI. in Brescia.

Die Kommission habe die Aufgabe, die Dokumentation zu den Vorarbeiten für „Humanae vitae“ aus den Archiven des Vatikans zu beschaffen. Die erste Studiengruppe zur Frage der Geburtenregulierung war noch im März 1963 von Papst Johannes XXIII. eingesetzt worden. Unter Papst Paul VI. wuchs sie auf 75 Mitglieder an. 1966 empfahlen die Experten in einer abschließenden Erklärung dem Papst die Zulassung künstlicher Verhütungsmittel.

Dieses Dokument war 1967 gleichzeitig in der französischen Zeitung Le Monde, im The Tablet) in Großbritannien und im National Catholic Reporter in den USA. Offenbar soll die „Neuinterpretation“ von Humanae vitae auf Grundlage dieser Erklärung geschehen, schreibt de Mattei.

Papst Paul VI. ist in seiner 1968 veröffentlichten Enzyklika den Ergebnissen der Studiengruppe nicht gefolgt. Er hat die bis dahin geltende Position der Kirche bestätigt, der zufolge die künstliche Beschränkung der Fruchtbarkeit nicht zulässig ist. Humanae vitae hat einen bis dahin beispiellosen Widerstand bei Theologen, Priestern und Bischöfen ausgelöst.

Andere Theologen wie Marcelino Zalba, John Ford und Gerald Kelly, Philosophen wie Arnaldo Xavier da Silveira und Germain Grisez sind er Ansicht, die Aussagen von Humanae vitae zu künstlichen Verhütungsmitteln seien unfehlbar, weil sie die Lehre bestätigen würden, welche die Kirche seit jeher vertreten habe. Sie könnten daher auch nicht geändert werden, schreibt de Mattei.

Gilfredo Marengo gehöre hingegen zu den Theologen die der Ansicht seien, sie könnten „das Unvereinbare vereinbar machen“, fährt de Mattei wörtlich fort. Er zitiert zwei Artikel, die Marengo in der Zeitschrift Vatican Insider veröffentlicht hat.

Im September 2015 habe Marengo vorgeschlagen, die Auffassung eines „lehramtlichen Erbes im Sinne eines geschlossenen Systems“ aufzugeben, das für Fragen und Herausforderungen des hier und jetzt nicht zugänglich sei.

Im März 2017 erschien ein Artikel mit der Überschrift „Humanae vitae und Amoris laetitia“. Marengo kritisierte die Alternativen „Pille ja – Pille nein“ und „Kommunion für Geschiedene ja – Kommunion für Geschiedene – nein“ wörtlich als „polemisches Spiel“, das ein Zeichen für „Unbehagen und Spannungen“ sei. Immer, wenn die Christenheit einen Fehler mache und Modelle für das Leben aus zu abstrakten und künstlich errichteten theologischen Idealen ableite, verstehe sie das pastorale Handeln als schematische Anwendung eines lehramtlichen Paradigmas, schrieb Marengo.

Erbischof Vincenzo Paglia, der Großkanzler des Institutes Johannes Paul II., dementierte umgehend. Er könne bestätigen, dass es keine päpstliche Kommission gebe, welche die Aufgabe hätte, Humanae vitae neu zu lesen oder neu zu interpretieren. Alle „Initiativen, wie jene von Professor Marengo vom Institut Johannes Paul II.“, welche Humanae vitae studieren und vertiefen wollen, sollten positiv gesehen werden, ergänzte Paglia.

Marengo bezeichnete den Bericht, er stehe einer Kommission vor, die Humanae vitae neu lesen solle, gegenüber CNA wörtlich als „fantasievoll“.

Zur Zeit wachse das Interesse an Humanae vitae, da das 50-jährige Jubiläum der Veröffentlichung der Enzyklika 2018 bevor stehe. Eine Quelle an der Lateranuniversität bestätigte gegenüber CNA, dass in den Archiven der Universität über die Entstehung des päpstlichen Schreibens geforscht werde. Möglicherweise sei die „päpstliche Kommission“ also nichts anderes als eine der vielen Studiengruppen zu Humanae vitae, schreibt Andrea Gagliarducci von CNA.


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