Keine Antwort – Wenn ein Papst auf 'ignore' schaltet

27. Juni 2017 in Kommentar


Die vier Kardinäle bekommen keine Reaktion auf ihre Fragen („dubia“). Solche Dubia sind eigentlich ein ganz normaler Vorgang im Zusammenhang mit Diskussionen um die Lehrentwicklung der Kirche. Kommentar von Peter Winnemöller


Köln (kath.net/Blog „Katholon“/pw) Sie bekommen keine Antwort auf ihre Fragen.

Sie bekommen keine Reaktion auf die Veröffentlichung der Fragen.

Sie bekommen keine Audienz beim Papst.

Sie bekommen nicht einmal eine Antwort auf ein Ersuchen um eine Audienz.

Und wenn das so weiter geht, dann werden sie auch keine Antwort auf die Veröffentlichung dieses Ersuchens bekommen.

Die Rede ist von den vier Herren Kardinälen Walter Brandmüller, Raymond L. Burke, Joachim Meisner und Carlo Caffarra. Sie hatten im vergangenen Jahr dem Heiligen Vater und der Glaubenskongregation fünf Dubia zum Nachsynodalen Schreiben „Amoris laetitia“ vorgelegt.

Dubia (=lat. für Fragen/ Zweifel) sind nun nicht etwa, wie versucht wird in einigen (auch katholischen) Medien darzustellen, ein Ausdruck von Unverschämtheit dem Papst gegenüber. Vielmehr sind solche Dubia ein ganz normaler Vorgang im Zusammenhang mit Diskussionen um die Lehrentwicklung der Kirche. Das wohl berühmteste Dubium ist wohl jenes, auf welches hin der damalige Präfekt der Glaubenskongregation Josef Card. Ratzinger feststellte, dass Inhalt von Ordinatio sacerdotalis – insbesondere das den Männern vorbehaltene Weiheamt der Kirche – de fide ist. Auch da gab es Zweifel, die zu klären waren.

In der Regel ist also davon auszugehen, dass ein Dubium, welches man dem Heiligen Stuhl vorlegt, durchaus beantwortet wird.

Hier herrscht das ganz große Schweigen. Dieses Schweigen ist umso dramatischer, da es inzwischen wirklich zu Spaltungen gekommen ist. Nationale Bischofskonferenzen haben in dieser inzwischen durchaus lehrmäßig brisanten Frage voneinander erheblich abweichende Entscheidungen getroffen.

Wenn es nun zu einer unterschiedlichen Interpretation der Lehre kommt, dann ist es die Pflicht des Heiligen Stuhles als Garant der Einheit im Glauben, hier für die nötigen Korrekturen zu sorgen.

Bei aller Sorge um die nun entstandenen Entzweiungen sollte man allerdings auch ein Mindestmaß an Geduld aufbringen. Es kann sein, dass es in der Tat im Laufe des gegenwärtigen Pontifikats nicht mehr zu einer Klärung kommen wird. Der Papst scheint entschlossen, seit Jahrhunderten fest etablierte kirchliche Verfahren schlicht zu ignorieren. Der Papst ist der Papst, der darf das. Gefallen muss einem das nicht. Auch die vier Kardinäle mit ihren Dubia werden sich unter Umständen damit abfinden müssen, auf absehbare Zeit keine Antwort zu bekommen. Gefallen muss auch denen das nicht.

Mehr noch, sie zeigen ihr Missfallen nur zu deutlich, indem sie die bestehenden Differenzen öffentlich machen. Auch der Papst wird wohl in einem seiner kommenden Interviews wieder indirekt bekunden, dass ihm die Dubia nicht behagen. Mit Interviews führt man aber nicht die Kirche. Über Veröffentlichungen kommuniziert man nicht mit dem Heiligen Vater. Da hat sich eine Kommunikationskultur entwickelt, die einen dazu veranlassen sollten, selber mal ein Dubium zu formulieren:

Ist es inzwischen nicht mehr üblich, auf den etablierten Wegen über eine Veröffentlichung der Glaubenskongregation auf lehrmäßige Anfragen zu antworten?

Findet die Kommunikation des Heiligen Vaters und einiger Kardinäle miteinander – oder muss man sagen gegeneinander – nur noch über die Medien statt?

Bis es zu einer endgültigen Klärung gekommen ist, was ja durchaus jetzt mal ein Jahrhundert dauern kann, ist es in jedem Falle anzuraten, sich exakt an die Regelungen in Familiaris consortio zu halten. Damit geht man kein Risiko ein. Es ist, auch wenn man ehrlich zu sich selber ist, kein Problem des katholischen Laien, der den Glauben der Kirche aktiv lebt und sich intensiv geistlich damit auseinander setzt. Vielmehr ist diese Frage ein Problem der Seelsorger, die durch problematische Entscheidungen der nationalen Bischofskonferenz in Gewissensnöte kommen.

An diesen Aspekt sei der Hl. Vater, der ja nicht müde wird, zu betonen, dass der Bischof ein Vater seiner Priester ist, hier mal erinnert. Gegenüber seinen Kardinälen, für die er Vater sein sollte, benimmt er sich gerade eher wie ein Stiefvater. Die Bischöfe in ihrer weltweiten Uneinigkeit in der angesprochenen Frage drohen sich auseinander zu entwickeln, weil der Papst nicht mehr den Auftrag, die Einheit im Glauben zu erhalten wahrnehmen will. Es besteht Grund zur Sorge. Und es besteht Anlass, dieser Sorge Ausdruck zu geben. Der Papst kann nicht einfach die Sorgen der Gläubigen ignorieren. Bei aller Anerkennung für das Engagement einer Kirche, die an die Ränder geht, muss man feststellen, dass der innere Kern gerade sehr geschwächt wird. Das kann nicht im Sinne des Papstes sein. Könnte ihm das mal jemand morgen früh beim Frühstück in S. Marta stecken? Achja, die Kardinäle sollten dem Papst ihre Dubia vielleicht auch am Frühstücksbuffet mitteilen. Vielleicht ist er da ja zugänglicher.


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