Kardinal Müller: Amt als Glaubenspräfekt endete ohne Begründung

20. Juli 2017 in Weltkirche


Müller: "Habe, nachdem 40 bis 50 Jahre nach den Untaten nichts geschehen war, 2010 unmittelbar nach ersten Meldungen über Übergriffe Aufarbeitungsprozess eingeleitet"


Rom (kath.net/KAP) Laut Kurienkardinal Gerhard Müller wurden ihm keine Gründe für die Nichtverlängerung seiner Amtszeit als Leiter der römischen Glaubenskongregation genannt. "Je nach der ideologischen Ausrichtung werden dann irgendwelche Erklärungen zusammenfantasiert, oft auch nur um Ressentiments abzureagieren", sagte er am Mittwoch "Kathpress" gegenüber. Er äußerte sich auch zum Bericht über Gewalt und Missbrauch bei den Regenburger Domspatzen. Regensburg war Müllers Bischofssitz vor seiner Berufung durch Benedikt XVI. nach Rom. Der Vatikan hatte Anfang Juli ohne offizielle Angabe von Gründen über die Ablösung Müllers als Glaubens informiert. Infolgedessen gab es Spekulationen über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kardinal und Papst Franziskus.

Mit Blick auf zahlreiche Spekulationen über die Ursachen der unerwarteten Nichtverlängerung nach fünf Jahren an der Spitze der Vatikanbehörde sagte der Kardinal: "Unser Leben ist in Gottes Hand, und er führt uns über Höhen und Täler zum Ziel. Darauf ist unser Blick gerichtet. Ich habe als Kardinal in Rom noch verschiedene Aufgaben."

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen sehe er keinen Anlass, um Entschuldigung zu bitten, so Müller. Er habe, nachdem 40 bis 50 Jahre nach den Untaten "nichts geschehen war", 2010 unmittelbar nach den ersten Meldungen über Übergriffe den Aufarbeitungsprozess eingeleitet. Der Missbrauchsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte am Dienstag nach der Veröffentlichung des Domspatzen-Abschlussberichts gesagt, er hoffe nun, dass sich auch der frühere Regensburger Bischof Müller bei den Opfern entschuldigen werde. Dies wäre für die Betroffenen ein wichtiges Zeichen.

"Strategische, organisatorische und kommunikative Schwächen"

Müller wies darauf hin, dass die Domspatzen keine Stiftung kirchlichen Rechts seien. "Somit war dies ein Angebot, die zuständigen Personen und finanziellen Mittel der Diözese Regensburg für diese in ihren Dimensionen noch unabsehbare Arbeit zur Verfügung zu stellen. Im Abschlussbericht wurde mir ausdrücklich dafür gedankt."

Laut dem Abschlussbericht des Rechtsanwalts Ulrich Weber wurden 547 Regensburger Domspatzen seit 1945 "mit hoher Plausibilität" Opfer von Übergriffen. Zu Müller hält Webers Bericht fest, dass der damalige Bischof 2010 den Aufarbeitungsprozess initiierte. Er trage jedoch die Verantwortung für "strategische, organisatorische und kommunikative Schwächen". Diese seien erst später unter seinem Nachfolger Rudolf Voderholzer behoben worden.

In einer eigenen Pressekonferenz hatte der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs Versäumnisse eingeräumt. Dies sehe auch Kardinal Müller heute so, hatte Fuchs am Dienstag betont.

Müller sagte auf Nachfrage dazu, er wisse nicht, ob von Versäumnissen die Rede gewesen sei. "Jedenfalls wurde vonseiten der Diözesanleitung alles getan, was nach dem jeweiligen Erkenntnisstand erforderlich war." Im Abschlussbericht sei lediglich von Schwächen in der noch ganz unübersichtlichen Anfangsphase die Rede. "Im übrigen kann nicht der Bischof in eigener Person die operative und kommunikative Seite des Gesamtprozesses verantworten, die in die Zuständigkeit der dazu Beauftragen fällt", so Müller.

Archivfoto Kardinal Müller


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Foto oben: Kardinal Müller (c) Markus Gehling/kath.net


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