Wenn der Zulehner-Freundeskreis gegen Sebastian Kurz polemisiert

19. September 2017 in Österreich


Bekannter katholischer Journalist Hans Winkler übt in der „Presse“ Kritik am „Zulehner-Freundeskreis“, die gegen Kurz polemisieren und vom eigenen Freundeskreis darauf schließen wollen, wieviele Katholiken diesmal wohl die ÖVP und Kurz wählen wollen


Wien (kath.net)
Der bekannte katholische Journalist Hans Winkler hat in einem Kommentar in der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ die Polemik von manchen katholischen Gruppen gegen die ÖVP und gegen Sebastian Kurz thematisiert. Kurz, der offensichtlich bei vielen Katholiken auch gut ankommt und von diesen gewählt werden dürfte, ist praktizierender Katholik und versteht sein Wahlprogramm durchaus auch als christlich-sozial. Laut Winkler werde man dort nichts finden, was einem solchen Anspruch nicht genügen würde. Das gelte auch für die Reformen, die er an diversen Sozialleistungen vornehmen möchte. Winkler erinnerte aber, dass Kurz aber nicht die „Verwirklichung der katholischen Soziallehre“, die ohnedies nur schwer zu definieren sei, versprochen habe.

Zuletzt hatte laut Winkler der emeritierte Theologe Paul Zulehner (Archivfoto), der noch immer überdurchschnittlich gerne von der kathpress und vom ORF zitiert wird, behauptet, dass ein 80-jährigen Pfarrer ihm gesagt habe, er werde wohl das erste Mal in seinem Leben nicht die ÖVP wählen. Dann behauptet Zulehner, dass „viele engagierte Christen“ ihre politische Heimat in der christlich-sozialen ÖVP gehabt haben. Nun „irritiert sie die politische Praxis vieler Parteien, zumal in der Flüchtlingsfrage“. Das „viele Parteien“ werde von Zulehner laut Winkler nur als Feigenblatt gebraucht. Gemeint habe der Theologe ist die ÖVP.

Der katholische Journalist erinnert daran, dass die Rede von der „ehemals christlich-sozialen ÖVP“ es schon seit Längerem. Auch Alexander Van der Bellen habe dies verwendet, als er „noch ein Grüner und nicht Bundespräsident war“, nur um anzudeuten, dass die Grünen die „eigentlich christliche“ Partei wären.

Winkler schreibt dann: „Was Kurz in der, wie sie genannt wird, ‚Flüchtlingsfrage‘ konkret vorgeworfen wird, erfährt man nicht; ebensowenig, warum er den ‚Christinnen und Christen‘ aus dem Zulehner-Freundeskreis und aus dem Umkreis der katholischen Aktion nicht katholisch und christlich-sozial genug ist. Die beliebten Denunziationsvokabel „neoliberal“ und „rechtspopulistisch“, die in den Postings vorwurfsvoll auf Kurz gemünzt werden, sind sinnlos und haben keinen analytischen Wert.“

Winkler kritisiert dann, dass katholische Funktionäre ernsthaft behaupten, dass eine Finanztransaktionssteuer oder ein Grundkommen mit der katholischen Soziallehre vereinbar seien und erinnert dann an ein Wort des Wiener Kardinals Christoph Schönborn: „Auch von Seiten der Kirche besteht eine gewisse Gefahr, die Grundvollzüge der Wirtschaft mit dem Verdacht des Unsozialen oder Unmoralischen zu bedenken. Ohne Freiheit des Marktes, ohne eine gewisse Gewinnorientierung und ein Erfolgsinteresse kann keine Wirtschaft im Kleinen und Großen gedeihen. Nicht der Markt ist böse, nicht die freie Wirtschaft mit ihrem Spiel von Angebot und Nachfrage.“

Abschließend verweist der Journalist noch an Martin Rhonheimer, Professor für Ethik und Philosophie an der Päpstlichen Universität Santa Croce sowie Präsident des Austrian Institute of Economics and Social Philosophy in Wien, der folgendes postuliert: „Sozial handelt nicht, wer gute Absichten hat, sondern wer gesellschaftliche Probleme löst.“ Rhonheimer breche laut Winkler damit eine Lanze für das Unternehmertum, das „der blinde Fleck“ der katholischen Soziallehre sei. „Kapitalisten verwenden ihren Reichtum in eminent sozialer Weise. Denn sie verkonsumieren ihn nicht, sondern investieren den größten Teil. So schaffen sie Arbeitsplätze, zahlen Löhne, was wiederum die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen generiert, die ihrerseits neue Investitionen und unternehmerische Projekte lohnend machen.“ Dies müsse ungeheuer provozierend in den Ohren jener kirchlichen Funktionäre klingen, die eine Bedarfsdeckungswirtschaft statt „neoliberaler“ Gewinnmaximierung propagieren. Offensichtlich locke sie neben der ominösen „Option für die Armen“ auch die Option für die Armut.

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