Bischof: Aleppo ist 'Ikone der Wiedergeburt' Syriens

21. September 2017 in Weltkirche


Apostolischer Vikar für Aleppo, Bischof Abou Khazen: "Große Herausforderungen, aber auch überwältigender Lebenswille" - Gemeinsame Synode aller in nordsyrischer Metropole vertretenen katholischen Gemeinschaften angekündigt


Rom-Damaskus-Wien (kath.net/KAP) "Es gibt große Herausforderungen, aber es gibt bei uns einen überwältigenden Lebenswillen": Mit diesen Worten hat der Apostolische Vikar für die Katholiken des lateinischen Ritus in Aleppo, Bischof Georges Abou Khazen, die Situation in Syrien beschrieben. Er äußerte sich bei einem Besuch in dem norditalienischen Städtchen Lugo di Romaga in der Provinz Ravenna, wie die Stiftung "Pro Oriente" berichtete. "Überwindung der Spaltungen" und "gegenseitige Vergebung", das sei der richtige Weg zur Wiedergeburt Syriens, sagte der Bischof. Das Leben in Aleppo sei gekennzeichnet "von Hoffnung, Herausforderungen und immer noch Leiden", aber zugleich sei die Stadt zur "Ikone der Wiedergeburt des Landes" geworden.

Die Vertreibung der islamistischen Milizionäre habe nicht nur in Aleppo, sondern in ganz Syrien Hoffnung geweckt. Die Hoffnung auf Ausschaltung aller terroristischen Gruppierungen habe die Angst vor einer Aufteilung Syriens überwunden und die Möglichkeit der Schaffung eines modernen Staates eröffnet, in dem "Angehörige verschiedener religiöser und ethnischer Gruppen in Frieden und Harmonie zusammenleben".

Von entscheidender Bedeutung sei die "gegenseitige Vergebung", betonte der Apostolische Vikar: "Ohne Vergebung gibt es keine Nächstenliebe, keine Kultur, keine Zukunft. Es gibt nur den Tod. Davon müssen wir Christen Zeugnis geben. Manche halten uns für 'Ungläubige', aber es gibt auch viele Muslime, die wie wir denken".

Bischof Abou Khazen bezeichnete es als Hoffnungszeichen, dass Flüchtlinge zurückzukehren beginnen. Nach Schätzungen seien in letzter Zeit 500.000 Flüchtlinge nach Syrien zurückgekehrt.

"Wollen nicht Verfolgte, sondern Weltkirche sein"

Der Apostolische Vikar kündigte an, dass es bald eine gemeinsame Synode aller in Aleppo vertretenen katholischen Gemeinschaften (des lateinischen, byzantinischen, maronitischen, syrischen, chaldäischen und armenischen Ritus) geben werde. Die Kriegsjahre hätten das Leben der Gemeinschaften gezeichnet, das Gesicht der Kirche sei verändert: "Sie wird nicht mehr so werden wie früher". Das Bild für die Synode seien die Emmaus-Jünger, "die niedergeschlagen und trostlos auf dem Weg sind, aber dann Christus begegnen".

Trotz der Leiden, des Krieges und des Terrors hätten die Christen die Aufgabe, das Gute in den Menschen zu entdecken, so Abou Khazen: "Wir haben den für unmöglich gehaltenen Dialog mit dem Islam nicht am Schreibtisch diskutiert, wir haben ihn gelebt. Wir haben auch bei den Muslimen viele schöne Dinge entdeckt".

Für die Christen in Aleppo sei nicht nur die materielle Wiederaufbau-Hilfe sehr wichtig, es gehe auch darum, weltweit Geschwister zu entdecken, "die mit uns fühlen, die zu uns stehen, die uns unterstützen", sagte der Bischof: "Dann werden wir uns nicht mehr als verfolgte Minderheit fühlen, sondern als Angehörige einer großen Familie, der Weltkirche".

In diesem Zusammenhang dankte Abou Khazen den Katholiken von Lugo di Romagna für ihre beispielhafte Aktion. Der Pfarrer von Lugo, Don Leonardo Poli, hatte 2016 eine Solidaritätsaktion für Aleppo gestartet, die italienweit Aufmerksamkeit auslöste. Er hatte Familien seiner Gemeinde eingeladen, per Dauerauftrag 20 Euro pro Monat für Aleppo zu spenden, binnen kurzem kamen 75.000 Euro zusammen, mit denen der Bischof Lebensmittel, Medikamente und Schulsachen kaufen und Mieten finanzieren konnte.

Assad bei syrisch-orthodoxem Jugendfestival

In Damaskus fand unterdessen in der Vorwoche auf Einladung des syrisch-orthodoxen Patriarchen Mar Ignatius Aphrem II. ein großes christliches Jugendfestival statt. Dabei traf u.a. eine Delegation der Jugendlichen unter Führung des Patriarchen in der "Damascus Hall" in der syrischen Hauptstadt mit Präsident Bashar al-Assad zusammen. Assad betonte dabei die Bedeutung des Dialogs als einziger Weg zur "Entwicklung der Nation" - "im Gegensatz zum religiösen und gesellschaftlichen Fanatismus".

Die Fragen der Jugendlichen betrafen vor allem die Bedeutung der Existenz der Christen in Syrien, die syrisch-orthodoxen Christen fühlten sich als "echter Bestandteil der syrischen Gesellschaft". Assad unterstrich seinerseits, dass die Christen in Syrien "weder Gäste noch zufällige Zugvögel" seien: "Sie sind ein Teil der Anfänge des Landes, und ohne sie wäre Syrien nicht so vielfältig, wie wir es heute kennen". Der Versuch der "Extremisten", die Christen aus dem Land zu vertreiben, sei "gescheitert". Dieser Versuch sei Teil eines umfassenden Plans gewesen, Syrien in kleine Einzelstaaten aufzuspalten.

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