CDU-Chefin Merkel: Kopftuch und Kreuz unterschiedlich behandeln

4. Oktober 2003 in Deutschland


Hessische Kultusministerin Wolff sieht Widerspruch zum Kruzifix-Urteil: Zweierlei Maß


Bonn / Darmstadt (www.kath.net / idea) Die CDU-Vorsitzende Angela Merkelist enttäuscht über das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. DieKarlsruher Richter hatten am 24. September mit fünf gegen drei Stimmenentschieden, dass das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Gründen in derSchule zum Grundrecht auf Glaubensfreiheit gehöre. Solange es keinspezielles Landesgesetz gebe, das dieses verbietet, müsseBaden-Württemberg einer muslimischen Lehrerin das Kopftuch in der Schuleerlauben. Kultusministerin Annette Schavan (CDU) will die Entscheidung, obes zu einem solchen Gesetz kommt, dem Landtag in Stuttgart überlassen.Andere unionsgeführte Regierungen, etwa Bayern, Hessen und Niedersachsen,wollen das Kopftuchtragen per Gesetz untersagen. Hingegen duldet diesozialliberale Regierung von Rheinland-Pfalz diese Praxis.

Die CDU-Chefin sagte jetzt der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" (Bonn),aus der Betonung der Religionsneutralität durch dasBundesverfassungsgericht könne gefolgert werden, daß alle christlichenInsignien ähnlich behandelt werden müßten wie islamischen. Das muslimischeKopftuch sei aber kein Symbol wie ein kleines Kreuz an einer Halskette; esstehe vielmehr "für ein Menschenbild, das mit der individuellen Würde undunserem christlich-jüdischen Erbe sowie der Aufklärung schwer zuvereinbaren" sei. Frau Merkel: "Ich möchte nicht, daß ein Lehrer mit einemKreuz an einer Kette genauso behandelt wird wie eine Frau mit einemKopftuch."

Hessen, Bayern und Niedersachsen gegen Kopftuch

Die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU) verwies auf das"Kruzifix-Urteil" von 1995 und warf dem Bundesverfassungsgericht vor, mitzweierlei Maß zu messen. Damals hatten die Karlsruher Richter das Abhängender christlichen Symbole damit begründet, daß die Schüler von Staats wegenund ohne Ausweichmöglichkeit gezwungen seien, "unter dem Kreuz" zu lernen."Was, bitteschön, unterscheidet das Kopftuch nach dieser Argumentation vomKruzifix?" fragt Frau Wolff, die der Synode der Evangelischen Kirche inHessen und Nassau angehört. Ablehnend zum Kopftuch äußerten sich auch dieKultusminister von Niedersachsen und Bayern, Bernd Busemann (CDU) undMonika Hohlmeier (CSU). Sie wollen sich dafür einsetzen, daß es keineLehrkräfte mit Kopftuch geben wird.

Interkultureller Rat:Kopftuchgegner diskriminieren Muslime

"Billigen Populismus" und eine "vorsätzliche Diskriminierung von Muslimen"warf daraufhin der Vorsitzende des Interkulturellen Rats in Deutschland,Pfarrer Jürgen Micksch (Darmstadt), der bayerischen Kultusministerin vor.Der frühere interkulturelle Beauftragte der hessen-nassauischen Kirche:"Wen Frau Hohlmeier in seltener Einmütigkeit mit Alice Schwarzer in demKopftuch ein zweifelsfrei politisches Symbol des islamistischenFundamentalismus und Extremismus erkennt, liegt der Verdacht nahe, daßgängige anti-islamische Vorurteile und nicht hinterfragte negativeStereotype ihr politisches Handeln bestimmen." Gegen das Tragen desmuslimischen Kopftuchs an Schulen hat sich unter anderem auch diehannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann ausgesprochen, die darin einSymbol der Unterdrückung der Frau sieht.


© 2003 www.kath.net